Josef Sonner, Jahrgang 1928, galt als Selfmade-Unternehmer im allerbesten Wortsinn. Schon ab 1950 beschäftigte er sich mit Rahmenschäden an Unfallwägen und im Besonderen auch an denen von Wehrmachts-Fahrzeugen. Sein verlässlicher Geschäftssinn sagte ihm bereits damals, dass die wenigen aus dem 2. Weltkrieg noch verbliebenen KdF-Wagen, Schwimmkübel und andere Kfz in Sammlerkreisen an Wert gewinnen würden.
Kurzes Gastspiel bei BMW
Der ursprünglich aus Königsdorf bei Wolfratshausen in Oberbayern stammende "Bauernbub", wie er gerne selbst von sich sagte, hatte nach dem Krieg nichts außer seinem handwerklichen Geschick, das er immer mehr zur Perfektion trieb. 1948 legte er die Gesellenprüfung als Huf- und Wagenschmied, Spengler und Installateur mit der Note 1 ab, 1951 auch die Gesellenprüfung zum Karosseriebauer. 1955 bewirbt er sich erfolgreich bei BMW und bekommt auch direkt einen Job in der Versuchs- und Entwicklungsabteilung. Für die heute legendäre Isetta hatte er nach kurzer Zeit einen Optimierungsvorschlag für die Fronttür entworfen, über die man bekanntermaßen einstieg.
Nach Sonner‘s Vorstellung sollte die bayerische "Knutschkugel" ein Armaturenbrett mit Radio-Einbaufach und Blumenvase erhalten, wie sie schon vom VW Käfer her bekannt war. BMW allerdings lehnte den Vorschlag aus Kostengründen ab. Den Tüftler Sonner wurmte das so sehr, dass er sich gleich 1956 in München mit einer eigenen Kfz-Werkstatt selbstständig machte. Das Armaturenbrett mit Vase verbaute er schließlich in seine eigene Isetta, die er sich zwischenzeitlich gekauft hatte. Der von BMW abgelehnte Verbesserungsvorschlag wurde für ihn am Ende aber doch noch zum "Schlager", denn jeder Isetta-Besitzer, der diese Sonderanfertigung bei ihm einmal gesehen hatte, wollte sie auch genauso haben.
Steile Karriere mit Rahmenschäden
Trotz all dieser frühen Erfolge blieb Josef Sonner bodenständig und seine Leidenschaft zur Rahmeninstandsetzung weiterhin ungebrochen: Der oberbayerische Handwerker, ab 1957 auch fertiger Karosseriebaumeister, kaufte nun regelmäßig Unfallfahrzeuge auf – vorwiegend solche mit mittleren und schweren Rahmenschäden, "an die sich damals niemand herantraute". Genau die aber wurden zu seiner Spezialität: Mit perfekter Instandsetzung erwarb er sich innerhalb kürzester Zeit einen weithin klangvollen Namen als ausgewiesener Rahmenricht-Experte. Da er um die Qualität seiner eigenen Arbeit wußte, verkaufte er die von ihm reparierten Unfallfahrzeuge mit einem eigenen Garantieversprechen weiter, so dass er schon 1959 ein Grundstück in Straßlach erwerben konnte, das er 1961/62 auch entsprechend bebaute.
Richtsysteme aus Straßlach wurden zum Welthit
Ab diesem Zeitpunkt hatte Josef Sonner Platz und Möglichkeiten. Das "Sonner Richtsystem" – eine Richtbank mit Einschweisslehren für die Fahrgestelle unterschiedlichster Hersteller und Modelle – wurde zu seinem großen Lebenswerk. Und zum ersten in Deutschland verfügbaren Karosserie-Richtsystem.
Josef Sonner war früher Aussteller bei der Internationalen Handwerksmesse (IHM) in München und auch auf der Anfang der 1970er Jahre in Frankfurt gestarteten Automechanika. Ingenieure der Fahrzeughersteller besuchen seine Messestände ebenso wie die Inhaber von K&L Betrieben aus dem In- und Ausland. Sein Richtsystem verkaufte er alsbald nicht nur in Deutschland und Europa, sondern sogar weltweit. Zahlreiche Patente hat er für seine Erfindungen erhalten. Eines der wichtigsten für ihn war 1958/59 das Patent auf eine Rahmenlehre für den VW-Käfer, auf den er sich besonders spezialisiert hatte. Unterschiedlichste, perfekt restaurierte Käfer sowie ein mehr als 75 Jahre alter Schwimmkübel in seinem eigenen Autohaus in Straßlach zeugten bis zuletzt von seinem Faible zu diesen frühen Volkswagen-Modellen.
Innovationen, Staats- und Bundespreise
Nicht zu vergessen auch seine Bayerischen Staatspreise von 1980 und 1986 sowie der Bundespreis 1989, allesamt verliehen "für hervorragende innovatorische Leistungen im Handwerk". An immer wieder neuen Ideen, wie man die Arbeit in Kfz- und Karosseriebau-Betrieben leichter machen kann, mangelte es Josef Sonner zu keiner Zeit.
Schon in den 1950er Jahren hatte er beispielsweise auch eine sogenannte Felgenlackierschablone für Pkw und Lkw auf den Markt gebracht, von denen er mehr als 30.000 Stück verkaufte. Letztmalig einen Staatspreis erhielt er vor 19 Jahren: Da war er immerhin bereits fast 74 und überzeugte die Juroren nochmals mit einer speziellen Airbag-Sicherung, die vor allem von Rettungskräften zur sicheren Bergung von Unfallopfern eingesetzt werden konnte.
Josef Sonner war über Jahrzehnte ein Pionier der modernen Unfallinstandsetzung, der nicht nur die fachlich einwandfreie Reparatur von Fahrgestellen und Fahrzeugrahmen maßgeblich vorangebracht hat. Alle heute bekannten Richtgerätehersteller haben sich an seinen frühen Erfindungen und Konstruktionen mit orientiert, sein Name hatte Geltung und Strahlkraft auch in anderen Handwerken und sogar in der Politik.
Branchen-Weggefährte von Klemens G. Lang
Sonner hielt während seiner langen aktiven Zeit und darüber hinaus stets einen engen Kontakt auch zu früheren Weggefährten aus dem Fachjournalismus, allen voran zu Klemens G. Lang, dem Chefredakteur des früheren AUTOHAUS-Fachblatts "Das Bayerische Kfz-Handwerk". Der Karosseriebaumeister Sonner und der Kfz-Meister Lang (im Januar 2021 im 90. Lebensjahr verstorben) konnten über Jahrzehnte hinweg gut miteinander und pflegten einen regelmäßigen, intensiven Austausch.
Auch sein Interesse am politischen Branchenleben hat Josef Sonner nie verloren. Noch vor zwei Jahren rief er beispielsweise in der AH-SchadenBusiness-Redaktion an, um leidenschaftlich mit unserem Chefredakteur Walter K. Pfauntsch über die Verteufelung des Automobils zu diskutieren, die zu diesem Zeitpunkt auf der IAA 2019 gerade ihren neuen, unrühmlichen Höhepunkt gefunden hatte.
Mit Josef Sonner ist ein echtes bayerisches Original, ein Ausnahme-Könner seines Fachs, Vorzeigeunternehmer und stets gut gelaunter Gesprächspartner auch der AH-Schadenmanager-Redaktion von uns gegangen. Die Erinnerung an ihn werden wir weiterhin in Ehren halten. Unser Mitgefühl gehört seiner Ehefrau Marianne und der gesamten Familie Sonner. (kaf)