Rund ein dreiviertel Jahr ist vergangen, seitdem eine echte Branchenlegende die Bühne verlassen hat: Karl-Heinz "Charly" Fuchs moderierte zum letzten Mal hauptverantwortlich die Hagel-Akademie in Göppingen. Das 2009 etablierte Format mit einer Mischung aus Hausmesse, Austausch auf Augenhöhe und informativen Fachvorträgen ist einzigartig in der Elementarschadenwelt und wird nicht nur deshalb weitergeführt, wie uns die zwei Geschäftsführer Dario Di Pietro und Matthias Vetter des SV-Büros im Exklusiv-Interview verraten haben.
Wie auf der letzten Hagel-Akademie angekündigt, wollen sie zusätzlich zum bekannten Termin zu Beginn der jeweiligen Elementarsaison einen Runden Tisch mit Entscheidern aus Versicherungswirtschaft sowie führenden Dienstleistern aus Technik und Handwerk als regelmäßiges Forum etablieren. Wie dieses dabei helfen soll, die Branche gemeinsam in eine erfolgreiche Zukunft zu führen, und was für die kommende Ausgabe der Hagel-Akademie geplant ist, lesen Sie im folgenden Interview.
Einmalige Atmosphäre
AH: Herr Di Pietro, was hat Sie dazu bewogen, die Hagel-Akademie nach fünf Jahren Absenz „wiederzubeleben“?
D. Di Pietro: Dafür gab es gleich mehrere Gründe. Zum einen war es natürlich die perfekte Bühne, um unserem scheidenden Geschäftsführer Karl-Heinz Fuchs einen würdigen Abschied zu bieten. Immerhin ist die Hagel-Akademie ein wichtiger Bestandteil seines Lebenswerkes und wäre ohne ihn in dieser Form niemals entstanden. Zum anderen ist diese Veranstaltung etwas ganz Besonderes und hätte, wäre sie wie viele andere nach der Corona-Pause einfach verschwunden, doch eine Lücke hinterlassen. Das haben wir in den Gesprächen mit unseren Kunden, Partnern und Auftraggebern immer wieder gespürt. Es war uns also letztlich wirklich eine Herzensangelegenheit, die Tradition der Hagelakademie fortzuführen.
M. Vetter: Die Atmosphäre vor Ort ist in der Tat auch einmalig. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie ich Charly Fuchs vor einem Jahr gefragt habe: "Zahlen die Leute wirklich Geld für eine reine Hagelveranstaltung?", bis ich dann selbst einmal vor Ort war. Es gibt in Deutschland nichts Vergleichbares, wenn man sich das Konzept mit dem Come-Together, der Ausstellung und den vielen Fachvorträgen und Workshops anschaut. Ein einziger Kontakt kann ja – wenn es der richtige ist – in unserer Branche buchstäblich unbezahlbar sein. Hier war ein geborener Netzwerker und Entertainer wie Karl-Heinz genau der Richtige, um die Leute zusammenzubringen. Und seine Energie und das enorme Fachwissen, das er hat, werden wir auch gerne weiterhin nutzen. Solange er möchte, wird er in Göppingen immer ein gern gesehener Gast sein und darf natürlich auch das Mikro in die Hand nehmen.
Scanergebnisse vergleichbar machen
Ein großes Plus der Veranstaltung war immer die Aktualität der gewählten Themen. Was wird inhaltlich auf der Hagel-Akademie 2025 im Mittelpunkt stehen?
D. Di Pietro: 2024 hatten wir beim Scanner die Anwendersicht in den Fokus gerückt. Im nächsten Jahr werden wir einen etwas wissenschaftlicheren Ansatz wählen, der unter den Oberbegriffen Digitalisierung und Automatisierung steht und mit empirisch ermittelten Messdaten hinterlegt ist. Hierzu haben wir bereits Umfragen unter Kfz-Sachverständigen gemacht, deren Ergebnisse wir auf der nächsten Hagel-Akademie präsentieren wollen. Neben dem reinen Dellenzählen geht es auch um Auf- und Abbau, Bedienung und Betrieb. Aktuell sind wir an einem Punkt, wo technisch grundverschiedene Systeme eingesetzt werden, deshalb werden auch unterschiedliche Scanner vor Ort sein. Was die Branche nämlich benötigt, sind wiederholbare und vergleichbare Ergebnisse. Dafür braucht es eine Art Zertifikat, das am Ende des Tages von der Versicherungswirtschaft anerkannt werden muss – diese bezahlt ja den Einsatz der Scantechnologie. Erst dann gibt es ein klares Ziel, auf das die Hersteller hinarbeiten können.
M. Vetter: Unsere Vision ist es, dass die Hagel-Akademie nicht nur einen Ist-Zustand beschreibt und erklärt. Vielmehr soll die Veranstaltung dabei helfen, unsere gesamte Branche in eine erfolgreiche Richtung zu entwickeln. Wir wollen alle Beteiligten an einen Tisch bringen, damit die notwendigen Themen möglichst früh offen diskutiert werden und Fahrt aufnehmen können. Dass die Branche die Digitalisierung braucht, ist unbestritten. In fünf oder zehn Jahren werden keine Massen von Sachverständigen mehr Dellen zählen, weil keine Kfz-Versicherung mehr bereit sein wird, die dafür nötigen Personalkosten zu bezahlen. Unsere Rolle wird es sein, die Ergebnisse der Technik zu kontrollieren und die Kunden zu beraten. Damit das funktioniert, brauchen wir zertifizierte und kalibrierte Scanner.
Wie könnte diese von Ihnen angedachte Diskussion in der Praxis aussehen?
M. Vetter: Im Moment laufen bei uns Gespräche in Richtung eines Runden Tisches. Zu diesem würden wir alle Scannerhersteller, die führenden Kfz-Versicherer, Kalkulationsanbieter, SV-Organisationen und natürlich auch Hageldienstleister einladen. Ziel wäre eine eintägige Veranstaltung bei der alle zentralen, aber auch strittigen Themen bereits vorab angesprochen werden können. Dadurch wären wir in der Lage, auf der Hagel-Akademie selbst bereits einen Grundkonsens vorzustellen. Unsere Wunschvorstellung ist es, diesen Runden Tisch als regelmäßiges Forum und eine Art Vor- und gegebenenfalls auch Nachbesprechung zur öffentlichen Veranstaltung zu etablieren, um wie gesagt die Branche als Ganzes gemeinsam voranzubringen.
Dies haben Sie im April auch mit dem Thema gebrauchte Ersatzteile geschafft. Wird dieses auch 2025 auf der Agenda sein?
D. Di Pietro: Die Ersatzteilthematik ist auch in Sachen Hagelinstandsetzung eines der Kernthemen aktuell, auch wenn sie unsere Branche vielleicht nicht in der Schwere trifft wie die Kollegen in der Unfallreparatur. Die Diskussionsrunde zu diesem Tagesordnungspunkt hat zu einer so regen Beteiligung geführt, dass wir diesen Aspekt in jedem Fall 2025 noch einmal aufgreifen wollen – gerade weil der Nachhaltigkeitsgedanke ja auch bei den Kfz-Werkstätten und Versicherungen immer mehr an Bedeutung gewinnt.
Herzlichen Dank für das Gespräch.