Anderthalb Tage lang trafen sich BVdP-Verbandsmitglieder, FLIs und Dienstleister/Handel, um sich über aktuelle Branchenentwicklungen zu informieren, Kontakte zu knüpfen und auf Augenhöhe auszutauschen.
Nicht jede Veranstaltung kann nach einer längeren Unterbrechung nahtlos an ihre bisherige Erfolgsgeschichte anknüpfen – Ausnahmen bestätigen jedoch die Regel. Die Atmosphäre bei der BVdP Netzwerkstatt im Hotel La Strada in Kassel im April war von Beginn an eine ganz besondere: Schon am Vorabend zum eigentlichen Programm platzte der Veranstaltungsort aus allen Nähten. Neben dem Vorstandsvorsitzenden Reinhard Beyer und Hauptgeschäftsführer Michael Pinto freute sich denn auch Moderatorin Petra Bindl, einen vollen Saal unter dem Motto "Den Wandel gestalten – die Zukunft braucht Macher und Macherinnen" begrüßen zu dürfen.
Frisches Denken statt alter Zöpfe
Was Michael Pinto darunter versteht, machte er gleich in seinem Eingangsstatement klar: „Die Herausforderungen wie Fachkräftemangel, Inflation, sinkende Ersatzteilmargen bei gleichzeitigen Lieferengpässen, Energiepreisexplosion, aber auch Nachhaltigkeit, Digitalisierung und neue Technologien beschäftigen nicht nur unsere Betriebe, sondern treiben auch den BVdP als Verband um. Erfolgreich sein können wir aus meiner Sicht nur, wenn alle Beteiligten unseren Ansatz des kooperativen Schadenmanagements gemeinsam mit Leben erfüllen.“
An seine Gäste aus den Reihen der FLIs, Branchendienstleister und Handelsbetriebe appellierte er, alte Zöpfe abzuschneiden, um mit der nötigen Agilität erfolgreich in die Zukunft zu gehen: "Lasst uns unser gemeinsames Geschäft in vertrauensvoller Zusammenarbeit auf Augenhöhe weiterentwickeln. Die Unfallreparatur braucht gesunde und leistungsfähige Betriebe mit hochqualifiziertem Personal, um immer komplexer werdende Fahrzeuge fachgerecht und technisch einwandfrei wieder auf die Straße zu bringen."
Gewonnene Zeit nicht verlieren
Unterstützt wurde Pinto vom erfahrenen Unternehmer und Verbandsvorstand Reinhard Beyer, der mit sechs Betriebsstandorten in Hessen Sorgen und Nöte der Mitglieder aus erster Hand kennt: "Statt punktuelle Lösungen für Einzelprobleme zu suchen, müssen wir die Zusammenhänge vollumfänglich analysieren, um zusammen voranzukommen. Wir brauchen Schnittstellen zu den vorhandenen DMS statt weitere Auftragsportale und innovative Ansätze im Bereich Ersatzmobilität und Teileversorgung. Sonst verlieren wir dort die Zeit, die an anderer Stelle durch funktionierende Prozesse eingespart wird oder werden soll, sofort wieder und sind nicht in der Lage, den gemeinsamen Kunden zufriedenzustellen."
Agieren als Gebot der Stunde
Sein Vorstandskollege Peter Vogel widmete sich seinem Paradethema, der Elektromobilität: "Die alternativen Antriebsformen, neue Vertriebsstrukturen ohne bestehende Service- und Reparaturnetzwerke bieten uns als freien Werkstätten Chancen in Hülle und Fülle. Deswegen freut es mich besonders, dass das gemeinsam mit dem ZKF realisierte Siegel Fachbetrieb E-Mobilität die gewünschte Klarheit im Markt bringt und Aufträge schafft." Doch auch darüber hinaus gelte es, sich vom "Weiter so!" zu verabschieden und jeden Stein im Unternehmen umzudrehen: „Es gibt unzählige Stellschrauben, um Wandel einzuleiten: ein sinnvollerer Energiemix für mehr Unabhängigkeit, neue Kooperationen mit anderen Mittelständlern, der Wechsel des Lackmaterials oder ein analytischer Blick auf die eigenen Kennzahlen. Wir als BVdP unterstützen unsere Mitglieder bei all diesen Aufgaben.
Wandel quer durch alle Branchen
Welche Auswirkungen der aktuelle Transformationsprozess auf die Automobilwirtschaft inklusive der Reparaturbranche haben wird, beleuchtete Prof. Dr. Stefan Bratzel, Gründer und Direktor des unabhängigen Forschungsinstituts Center of Automotive Management an der Fachhochschule der Wirtschaft in Bergisch Gladbach. Im Rahmen seiner Keynote "Neue Kompetenzen, neue Kooperationen, neue Geschäftsmodelle" macht er klar, dass Hersteller sich zum Mobilitätsdienstleister wandeln müssen: "Schon 2025 werden bis zu 40 Prozent des Umsatzes außerhalb der eigentlichen Fahrzeugproduktion generiert und das im scharfen Wettbewerb zu erfahrenen, branchenfremden Marktteilnehmern aus Übersee und China." Um aktiv gestalteten Wandel ging es auch im Vortrag von Damaris Landmesser, die im Lauf ihrer Karriere unter anderem für AEG, HP, Microsoft und Google in führenden Positionen tätig war: „Potenzial steckt in jedem Einzelnen und in jeder Organisation. Die wahre Kunst ist es jedoch, dieses Potenzial mit Hilfe von Cultural Fitness und echter Leadership zu entdecken und zu entfalten. Qualifizierte Coaches können dabei helfen, sich in Anbetracht einer Vielzahl von Herausforderungen nicht unvorbereitet und alleingelassen zu fühlen.“ (kt)