Zum Reparaturkostenersatz beim Haftpflichtschaden gehörte für den AK auch das "Überprüfungsrecht versus Werkstattrisiko" und die "prozessuale Durchsetzung". Die Leitung des AK oblag BGH-Richter Dr. Oliver Klein (Karlsruhe), als Referenten traten auf: Prof. Dr. Dirk Looschelders, Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Internationales Privatrecht und Rechtsvergleichung (Universität Düsseldorf), RA Tamás Ignácz, Fachanwalt für Verkehrsrecht (Rostock) und Ass. jur. Rainer Wenker, Kraftfahrt / Haftpflicht Personenschaden Spezial bei der Provinzial Versicherung AG (Münster).
Der Arbeitskreis befasste sich mit dem Umfang des aufgrund eines Verkehrsunfalls zu leistenden Schadensersatzes, bezogen auf die zur Reparatur des Fahrzeugs erforderlichen Kosten.
In diesem Zusammenhang wurde zum einen die Frage behandelt, ob die höchstrichterliche Rechtsprechung (noch) angemessen erscheint, wonach unter bestimmten Voraussetzungen wegen des Interesses des Geschädigten, sein ihm vertrautes Fahrzeug zu behalten, die Kosten einer an sich unwirtschaftlichen Reparatur des Fahrzeugs zu erstatten sind, wenn die Reparaturkosten 130 % des Wiederbeschaffungswertes des Fahrzeugs nicht überschreiten (sog. 130-%-Rechtsprechung).
Zum anderen diskutierte der Arbeitskreis, inwieweit der hinter dem Schädiger stehende Haftpflichtversicherer befugt ist, die Berechtigung der geltend gemachten Reparaturkosten zu überprüfen. In der Praxis werden zu diesem Zweck häufig so genannte Prüfberichte eingeholt, welche das vom Geschädigten eingeholte Gutachten ohne erneute Besichtigung des Fahrzeugs inhaltlich überprüfen, um so die aus Sicht des Haftpflichtversicherers objektiv erforderlichen Kosten zu ermitteln. In diesem Zusammenhang ging es um die Bedeutung derartiger Prüfberichte bei der prozessualen Durchsetzung im Hinblick auf die Darlegungs- und Beweislast.
Ferner stellte sich aufgrund des vom Schädiger zu tragenden Werkstattrisikos die Frage, inwieweit überhaupt mögliche, objektiv nicht erforderliche, jedoch tatsächlich entstandene Reparaturkosten zu einer Anspruchskürzung führen.
Am Ende der zweitätigen Beratungen erging folgende Resolution:
1. Der Arbeitskreis hält das in der Rechtsprechung zum Reparaturkostenersatz entwickelte 4-Stufen-Modell grundsätzlich für sachgerecht. Dies gilt auch für die sog. 130-%-Rechtsprechung (3. Stufe), wonach der Geschädigte sein Fahrzeug auch dann reparieren lassen darf, wenn die Reparaturkosten den Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs bis zu 30 % übersteigen. Hierdurch wird ein gerechter Ausgleich zwischen den Interessen des Geschädigten und des Schädigers bzw. dahinterstehenden Haftpflichtversicherers erreicht. Insbesondere wird vermieden, dass der Geschädigte mit Schwierigkeiten und Risiken konfrontiert ist, die mit der Ersatzbeschaffung verbunden sind. Dem Risiko eines Missbrauchs der 130-%-Rechtsprechung ist im Einzelfall Rechnung zu tragen.
2. Dem Schädiger/Haftpflichtversicherer steht grundsätzlich ein Überprüfungsrecht hinsichtlich der vom Geschädigten geltend gemachten Schadensersatzansprüche zu.
Der Schädiger/Haftpflichtversicherer hat jedoch das Werkstatt- und Prognoserisiko zu tragen. Ein eventueller Streit über die Höhe der Reparaturkosten ist im Verhältnis zwischen Schädiger und Werkstatt bzw. Sachverständigem auszutragen. Sofern den Geschädigten kein Auswahl- oder Überwachungsverschulden trifft, kann sein Schadensersatzanspruch daher nicht wegen einer möglicherweise überhöhten Reparaturrechnung gekürzt werden. Der Geschädigte hat in der Regel eventuelle Ansprüche gegenüber der Werkstatt bzw. dem Sachverständigen abzutreten.