Datensammlung durch moderne Kraftfahrzeuge und ihre Verwendung, Daten- und Verbraucherschutz bei Verwertung von Fahrzeugdaten sowie grenzübergreifende Nutzung von Fahrzeugdaten aus polizeilicher Sicht lauteten die übergeordneten Themenstellungen des von RA Dr. Hans-Joseph Scholten, dem ehemals vorsitzenden Richter am OLG Düsseldorf geleiteten Arbeitskreises.
Referenten zu den Themenstellungen waren RA Dr. Tibor S. Pataki, M. Jur (Oxford), Leiter Kraftfahrtversicherung, Kfz-Technik, Statistik und Kriminalitätsbekämpfung beim GDV e.V., Dr. Ralf Scheibach, Leiter der Abteilung Recht und Compliance beim VDA e.V., Marion Jungbluth, Leiterin Team Mobilität und Reisen, Geschäftsbereich Verbraucherpolitik beim Verbraucherzentrale Bundesverband e.V., Polizeioberrat Volker Orben aus dem Ministerium des Inneren des Landes Rheinland-Pfalz und Präsident des Netzwerks der europäischen Verkehrspolizeien (ROADPOL).
Die grundsätzlichen Überlegungen des AK I in den unterschiedlichen Referaten waren:
Moderne Fahrzeuge sammeln schon heute eine Vielzahl von Daten, die zum Betrieb vernetzter Fahrzeuge notwendig oder sinnvoll sind. Der technische Fortschritt, insbesondere bei der Entwicklung automatisierter oder autonomer Fahrsysteme, werde dafür sorgen, dass die Menge der gesammelten Daten weiter zunimmt. Bereits jetzt ist in einigen Fahrzeugen eine Umfeldüberwachung durch Videoaufzeichnungen verbaut. Mit dem Data Act will die EU eine grenzüberschreitende einheitliche Regelung schaffen, die Verfügbarkeit von Daten erleichtern und Vorschriften über den Zugang zu Daten schaffen, welche durch die Nutzung von vernetzten Produkten – etwa vernetzten Fahrzeugen – erzeugt werden. Fraglich sei, ob der Entwurf des Data Act den Besonderheiten des Verkehrs gerecht werde und für Rechtssicherheit zu sorgen vermag. Der Arbeitskreis beschäftigte sich deshalb mit der Frage, wie bestimmte Daten moderner Fahrzeuge sicher generiert und auch von Dritten verwertet werden können und dennoch den berechtigten Interessen möglichst aller Beteiligten gerecht werden kann.
Der AK befasste sich im Einzelnen zudem sehr konkret mit folgenden Fragen:
Die Verwendung und berechtigte Weitergabe von Daten soll mit dem Data Act vereinheitlicht und vereinfacht werden. Er beinhaltet beispielsweise eine Verpflichtung des Herstellers zur Datenweitergabe an Dritte, sofern dieses die Inhaber:innen des Fahrzeuges fordern. So werden etwa bei der Umfeldüberwachung Ton- und Bildaufnahmen gefertigt, ohne dass die Aufgenommenen dies bemerken oder ihr Einverständnis erklärt haben.
Mit den vom Fahrzeug insgesamt gewonnenen Daten können z.B. Unfälle rekonstruiert, Gesetzesverstöße aufgezeigt und Fahrzeuge und damit auch deren Nutzer:innen überwacht werden. Wie wird aber mit den so gewonnen Daten umgegangen? Welche Daten werden von Fahrzeugen noch erfasst? Wo und wie werden sie gespeichert? Wer hat Zugriff auf diese Daten? Wie werden die berechtigten Interessen v.a. von Verbraucher:innen, Versicherungswirtschaft, Automobilindustrie, Behörden und Mobilitätsanbietern geschützt?
Verabschiedet wurde am Freitag schließlich folgende Resolution:
1. Der Arbeitskreis begrüßt das Ziel des EU Data Acts, die Daten vernetzter Produkte Verbrauchern und Unternehmen zu gleichen Bedingungen zur Verfügung zu stellen und damit die Innovation und den fairen Wettbewerb zu ermöglichen.
2. Der Zugang zu den Fahrzeugdaten bedarf allerdings unverzüglich einer sektorspezifischen Lösung auf EU-Ebene.
3. Die Bundesregierung wird aufgefordert, ein Konzept vorzulegen, das den technischen Zugang zu den Fahrzeugdaten für die Nutzenden sowie berechtigte Dritte regelt und die Interessen von Verbrauchern, Wirtschaft, Forschung und Öffentlichkeit angemessen berücksichtigt. Der Arbeitskreis empfiehlt den exklusiven technischen Zugriff der Hersteller auf die Fahrzeugdaten in ein anderes Modell zu überführen (z. B. Treuhänderlösung, SOTP), bei dem der Hersteller gleichberechtigt wie andere Dritte behandelt wird.
4. Über die Freigabe der Fahrzeugdaten muss grundsätzlich der Datengenerierende entscheiden können (Datenhoheit). Die Regelung muss den fairen Wettbewerb, Innovation und die Wahlfreiheit von Fahrzeugnutzenden sicherstellen. Dazu ist u.a. eine Standardisierung der Daten und des Datenzugriffs vorzunehmen, mit der die Datenverwendung ermöglicht wird. Dabei sind Datenschutz, Datensicherheit und Sicherheit im Straßenverkehr Rechnung zu tragen.
5. Das Konzept hat auch sicherzustellen, dass Polizei und Justiz im Rahmen ihrer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlagen Zugriff auf Fahrzeugdaten gewährt wird.
6. Der Arbeitskreis empfiehlt, die General Safety Regulation (EU2019/2144) zeitnah anzupassen, dass der Event-Data-Recorder auch Standort, Datum und Uhrzeit nebst Zeitzone für die Durchführung von Unfallanalysen speichert.