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VW-Vorstoß: Verkehrsminister zeigt sich "verwundert"

11.12.2017 15:01 Uhr
Für den geschäftsführenden Verkehrsminister Schmidt bedeutet die blaue Plakette "nichts anderes als die kalte Enteignung von Millionen von Diesel-Besitzern"
© Foto: Bernd Weißbrod/dpa

Der Vorschlag hat überrascht: Ausgerechnet der VW-Chef will den Diesel schrittweise stärker belastet sehen, sehr zum Wohlwollen von Umweltschützern. Andere sind von dem Vorstoß irritiert - und sorgen mit dieser Reaktion ihrerseits für Stirnrunzeln.

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Die Vorschläge von VW-Konzernchef Matthias Müller zu einer stärkeren Besteuerung von Dieselsprit und Einführung von Umweltplaketten entzweien Regierung und Umweltverbände. Während Öko-Organisationen und auch die Grünen mehrheitlich Zustimmung für die Ideen signalisierten, reagierte der geschäftsführende Bundesverkehrsminister Christian Schmidt (CSU) irritiert darauf.

Müller hatte im "Handelsblatt" Plaketten für besonders emissionsarme Autos in Städten befürwortet und die bestehenden Steuervorteile für Dieselkraftstoff im Vergleich zu Benzin in Zweifel gezogen. "Dass die Automobilindustrie Fahrverbote fordert, verwundert sehr", sagte Schmidt am Montag der Deutschen Presse-Agentur. Die blaue Plakette bedeute "nichts anderes als die kalte Enteignung von Millionen von Diesel-Besitzern". Die Branche stehe "sehr deutlich in der Verantwortung", mehr Mobilität bei weniger Emissionen zu schaffen.

Schmidt betonte, er sehe derzeit darüber hinaus keinen Anlass, an der Besteuerung etwas zu ändern. Auch Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, die Bundesregierung habe gegenwärtig "keine Pläne" dazu.

Diesel hat große Relevanz

Der Diesel ist für die deutschen Autobauer extrem wichtig. Ein Grund für den hohen Dieselanteil hierzulande ist die deutlich niedrigere Besteuerung des Kraftstoffs. Dieselwagen stoßen bei vergleichbarer Leistung weniger CO2 aus als Benziner, sind aber im Schnitt stärker motorisiert. Zudem stoßen sie viel schädliche Stickoxide aus.

Der Fraktionsvize der Grünen im Bundestag, Oliver Krischer, zeigte sich enttäuscht von der Einschätzung des Verkehrsministeriums. "Herr Schmidt hat wohl den Schuss nicht ganz gehört", meinte er. "Er will die Gesundheitsgefahr durch dreckige Stadtluft einfach ignorieren. Das ist grotesk." Marion Tiemann von Greenpeace beurteilte dies ähnlich: "Während die Autoindustrie einzusehen beginnt, dass Diesel-Subventionen nicht mehr zu rechtfertigen sind, gräbt sich der Verkehrsminister in einer mobilitätsfeindlichen Position ein." Statt niedrigere Steuern für den Diesel zu finanzieren, lasse sich etwa mehr Geld für den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs verwenden.

Eine Sprecherin von Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) verwies darauf, dass die Ministerin aus Umweltsicht die Steuervorteile zwar nicht für gerechtfertigt halte - sie aber nur im Zuge einer größeren ökologisch und sozial ausgerichteten Steuerreform abschaffen wolle.

Müllers schlägt abgestuftes Modell vor

Der Betriebsrat von Volkswagen hob hervor, dass es sich bei den Vorschlägen Müllers um ein abgestuftes Modell handle. "Er hat nicht davon geredet, dass man das in einem Schritt macht, sondern von schrittweiser Umstellung vom Diesel hin in Richtung Elektromobilität", stellte der oberste Mitarbeitervertreter Bernd Osterloh klar. "Das wird wie gesagt nicht von heute auf morgen passieren. (...) Das ist nicht das Ende des Diesels."

Der Chef des Bundesverbands der Verbraucherzentralen, Klaus Müller, verlangte von der nächsten Bundesregierung, die geringere Besteuerung von Dieselsprit aber rasch auf den Prüfstand zu stellen. Die Menschen bräuchten Planungssicherheit beim Autokauf. "Ein schrittweiser Abbau der Dieselsubvention wäre sinnvoll", sagte er dem "Handelsblatt".

Beim ökologisch orientierten Verkehrsclub Deutschland hieß es, die Äußerungen des VW-Chefs seien "eine mutige Ansage. Denn es ist absurd, wenn Politik und Industrie seit Jahren einerseits mehr Elektromobilität wollen, aber gleichzeitig den Diesel weiterhin mit Steuermilliarden künstlich am Leben erhalten." Müller habe diese Ideen allerdings wohl auch mit Blick auf den Verkauf von mehr E-Modellen und damit "nicht ohne Hintergedanken" formuliert. (dpa)

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KOMMENTARE


Axel Dohmann

11.12.2017 - 18:08 Uhr

Der Handel erstickt an den alten EU5 Dieseln und Herr Müller verkauft gut gelaunt neue Fahrzeuge. Tolle Idee - ganz im Sinne seiner Händler. Wenn da bloß die vielen Leasingrückläufer nicht wären. Aber die gehen ja zu Lasten des Handels. Schwund ist überall :-(


Linus

11.12.2017 - 19:33 Uhr

Mir scheint es so, als ob der VW-Konzern keine sauberen Diesel mehr fertigen kann und daher den Diesel unattraktiv dastehen lassen will. Denn zeitgleich kommt ja der Auslieferungsstop für den T6 wegen zu hoher Abgaswerte .Wenn die Preise für Dieselkraftstoff steigt, dann steigen auch die Preise für alle Güter welche per LKW transportiert werden. Wir alle zahlen die Zeche für die Unfähigkeit anderer !Der Stromer hat bisher noch keine gute Gesamtumweltbilanz, der Benziner taugt mit seinen hohen Drehzahlen und Co2 Ausstoß nur bedingt zum Lastentransport und andere Motorenbauer können scheinbar den Diesel doch sauber auf die Straße bringen. Nein, den Vorschlag von Herrn Müller finde ich nicht gut.


GM

11.12.2017 - 20:14 Uhr

Für Langstrecken und SUV Fahrer gibt es momentan keine vernünftige Alternative und bei vielen Euro 5 und 6 Fahrzeugen ist der Kraftsoffverbrauch und CO2 Ausstoß niedrig. Das Problem NOX ist beherrschbar. Über vernünftige Anreize sowohl für Käufer als auch Kommunen ist es sicher steuerbar, das sich die Fahrzeugflotte in Deutschland verändert und Fahrverbote vermieden werden. Ich kann weder Herrn Müller und schon gar nicht Herrn Dudenhöfer verstehen, denn es gibt keine Subventionen für den Diesel. Aber hier wird bewußt polemisiert, um die Öffentlichkeit zu täuschen und Subventionen für Elektrofahrzeuge über Meinungsmanipulation zu erschleichen. Die Zeit für Elektro- oder Brennstoffzelle kommt, aber ich denke der Diesel hat noch für viele Jahre eine Existenzberechtigung und ist noch nicht am Ende seiner Entwicklung. Wehren wir uns gegen Stimmungsmache, die auch letztlich viele Arbeitsplätze und den Wert von Dieselfahrzeugen ruiniert.


Frank E.

11.12.2017 - 20:24 Uhr

Interessant, wie VW sich nun geläutert um die Umwelt sorgt und als Heilmittel schöne, neue, plötzlich umweltfreundliche Autos an die Kundschaft verteilen, äh, wohl doch immer noch verkaufen will. Für mich ist das an Scheinheiligkeit so langsam nicht mehr zu überbieten.


Max

12.12.2017 - 09:02 Uhr

Herr Müller soll sich nicht allzu weit aus dem Fenster lehnen. Er soll mal aufzeigen wie er mit seinem riesigen SUV Portfolio ohne Diesel sein 95 Gramm CO² Ziel erreichen will. Und seine geplante Elektifizierung ist noch in weiter Ferne. Hier gibt es noch kein konkurenzfähiges Produkt auf dem Markt. Als Hauptverursacher des Dieselskandals sollte er sich vielleicht mehr mit Demut und ökologischen Produkten als in Populismus offenbaren.


Rudi S.

12.12.2017 - 09:35 Uhr

Man kann sich wirklich nur wundern. Zuerst wird der Verbraucher von Volkswagen nach Strich und Faden betrogen, dann weist Hr. Müller jegliche Ausgleichsansprüche für die Verbraucher in Deutschland zurück und jetzt sieht er gerade sich als den großen Saubermann der Nation. In Wirklichkeit versucht er doch jetzt mit billigen Taschenspielertricks wieder den Verbraucher zu Neukäufen zu zwingen, um seinen persönlichen Größenwahn zu befriedigen.


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