Die VW-Spitze hält Europas größte Autogruppe im Kern schon jetzt für ein Verbrenner-Verbot gerüstet. Ein solcher Schritt, der sich auf Neuzulassungen ab 2035 beziehen könnte und in der Bundesregierung Streit auslöste, müsse Volkswagen "keine Angst machen", sagte Konzernchef Herbert Diess am Dienstag bei einer Betriebsversammlung in Wolfsburg. "Es kann kommen - wir sind am besten vorbereitet", meinte er. Der Manager verwies auf die bereits angebotenen und noch geplanten Elektromodelle sowie die Strategien für eine eigene Batteriezellfertigung und mehr eigene Software.
Betriebsratschefin und Aufsichtsrätin Daniela Cavallo findet ein Festhalten an jeglichen neuen Verbrennern mittelfristig ebenso wenig sinnvoll - selbst wenn diese mit klimafreundlicherem Synthetik-Sprit laufen. "Der Elektromobilität gehört die Zukunft", sagte sie.
"Zug ist längst abgefahren"
Damit nahm Cavallo vor allem Bezug auf Forderungen der FDP, zumindest mit sogenannten E-Fuels betriebene Fahrzeuge in Europa auch über die Mitte des nächsten Jahrzehnts hinaus weiterhin neu zuzulassen. Der begonnene Umbau des Automobilsektors sei inzwischen "klar angelegt", argumentierte die Volkswagen-Belegschaftschefin, die im engsten Kreis der Konzernkontrolleure sitzt. "Dieser Zug ist längst abgefahren. Politisch, gesellschaftlich und in unserer Unternehmensstrategie."
Die EU-Umweltminister wollten am Dienstagnachmittag über die Zukunft von Verbrennern abstimmen. Das Europaparlament hatte sich schon mehrheitlich für ein Ende von Benziner- und Dieselverkäufen ab Mitte des kommenden Jahrzehnts ausgesprochen. Zwischen Grünen und Liberalen im Bundeskabinett gab es zuletzt Auseinandersetzungen in der Frage.
VW ID. Aero Concept
BildergalerieStammwerk unter Plan
VW will im Laufe der nächsten Jahre zusätzliche Stromer auf den Markt bringen. Zurzeit bremst allerdings insbesondere die Knappheit von Mikrochips die Produktion - wie schon 2021. Nach Angaben Cavallos ist das Stammwerk Wolfsburg zur Jahresmitte weit unter dem ursprünglich einmal angepeilten Ziel von 570.000 Fahrzeugen. Momentan stehe man bei gerade mal einem Drittel des alten Plans für 2022 (190.000 Stück). "Da muss jetzt nach dem Werksurlaub also richtig was kommen."
Diess glaubt, den US-Erzrivalen Tesla bald einholen zu können. Die Firma von Elon Musk bleibe größter Konkurrent - doch man sehe etwa an der Komplexität der neuen Fabriken in Grünheide bei Berlin und Austin (USA), dass nicht alles von selbst laufe. "Tesla schwächelt", so Diess. "Diese Chance müssen wir nutzen und schnell aufholen - 2025 können wir in Führung gehen." Noch 2022 könne der Abstand schrumpfen, Volkswagen dürfe ihn zumindest "nicht noch größer werden lassen".
Nach abermals heftigen Verstimmungen mit der Belegschaftsvertretung wegen möglicher Sparpläne für die VW-Zentrale sieht Diess nun mehr Einigkeit: "Es freut mich, dass Daniela Cavallo und der Betriebsrat diese Transformation wettbewerbsorientiert mit vorantreiben. Sie ist notwendig, um Wolfsburg zukunftssicher zu machen und langfristig Jobs zu sichern. Wolfsburg kann im Wettbewerb gegen Grünheide bestehen."
Schwierig bleibt das Thema Software. Beim Ausbau der konzerninternen IT-Tochter Cariad soll es Verzögerungen geben - unter der Regie der Einzelmarken Audi und VW läuft die Entwicklung für Assistenzsysteme daher nun doch einige Jahre noch parallel. Laut Diess geht es um ein Langzeitprojekt: "Dass es zu einigen Herausforderungen kommt, war von vornherein allen klar. Das heißt aber nicht, dass Cariad gescheitert ist." Nach Auffassung Cavallos gibt es "auch echte Schwierigkeiten. Aber nein: Es ist nicht so, dass Cariad überfordert wäre."
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