Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) treibt die Vorbereitungen für die umstrittene Pkw-Maut wenige Monate vor der Bundestagswahl voran. Für die Erhebung und Kontrolle der Maut sind jetzt Ausschreibungen gestartet. Europaweit gesucht werden Anbieter, die beide Systeme entwickeln, aufbauen und betreiben, wie aus den Bekanntmachungen des Ministeriums hervorgeht. Die Verträge sollen je zwölf Jahre laufen und für drei Jahre verlängert werden können. Der Zuschlag in dem mehrstufigen Vergabeverfahren soll erst nach der Wahl am 24. September erteilt werden. Von der Opposition kam Kritik.
Dobrindt kann die Vorbereitungen nun angehen, nachdem er Bedenken der EU-Kommission mit einigen Änderungen am Maut-Modell ausgeräumt hat. Inländer sollen die geplante "Infrastrukturabgabe" für Autobahnen und Bundesstraßen zahlen, aber voll über eine geringere Kfz-Steuer wieder entlastet werden. Pkw-Fahrer aus dem Ausland sollen für Autobahnen zahlen. Nach Abzug der Systemkosten soll die Maut unter dem Strich gut 500 Millionen Euro jährlich für Straßen-Investitionen einbringen. Der konkrete Start der Maut wird für 2019 angestrebt.
Für die Erhebung soll der Betreiber unter anderem die Höhe der Maut festsetzen und Bescheide an die Autobesitzer senden. Zu den Aufgaben gehören laut Ausschreibung auch der Zahlungsverkehr, Mahnungen und das Bearbeiten von Ausnahme-Anträgen und Widersprüchen. Interessierte Unternehmen müssen sich bis 1. August melden, in der nächsten Stufe des Verfahrens sollen dann vier Bewerber Angebote abgeben können.
Ein zweiter Betreiber wird für das Kontrollsystem der Maut gesucht, das 100 automatisierte Einrichtungen an Autobahnen umfassen soll. Dabei sollen Mautzahler nicht an aufgeklebten Vignetten, sondern über einen elektronischen Kennzeichen-Abgleich erkannt werden. Interessenten müssen sich bis 13. Juli melden, in die nächste Stufe sollen dann drei Bewerber eintreten können. Bei beiden Verfahren soll der Preis "nicht das einzige Zuschlagskriterium sein", wie es heißt.
Am Ertrag und der EU-Rechtmäßigkeit der Maut gibt es weiter Zweifel. Österreich strebt eine Klage beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) an.
Die Opposition im Bundestag warnte auch vor diesem Hintergrund vor Risiken bei Dobrindts Vorgehen. Mit den Ausschreibungen für "diesen CSU-Mautquatsch" bürde der Minister dem Bund über Jahre eine teure Last auf, sagte Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter der Deutschen Presse-Agentur. Die nächste Bundesregierung müsse die Maut als eine der ersten Amtshandlungen aus dem Verkehr ziehen, bevor es der EuGH tue. Der Linke-Verkehrspolitiker Herbert Behrens sagte, wenn die Maut vom EuGH gekippt würde, bliebe der Steuerzahler angesichts des schon laufenden Verfahrens auf Forderungen der Bewerber sitzen. (dpa)