Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt will die Autobauer zur Verringerung von Diesel-Abgasen auch für Projekte für eine umweltfreundlichere Mobilität in Städten ins Boot holen. Beim "Diesel-Gipfel" am 2. August solle es dafür auch um einen Fonds in dreistelliger Millionenhöhe gehen, der von Bund und Autoindustrie finanziert wird, sagte der CSU-Politiker dem Magazin "Focus". So könnten etwa eine Bündelung von Lieferverkehren oder die Vernetzung von Ampeln gefördert werden. "In den Städten muss wieder grüne Welle herrschen." Straßen sollten zudem aus- statt zurückgebaut werden.
Beim "Diesel-Gipfel" wollen der Bund und mehrere betroffene Länder mit der Autobranche Nachrüstungen für Diesel der Emissionsklassen Euro 5 und 6 vereinbaren, um Schadstoff-Emissionen zu reduzieren. Dobrindt bekräftigte, den Diesel werde es "noch viele Jahre als Übergangstechnologie" geben. "Das sind sparsame, hocheffiziente Kraftpakete." Wer wie manche grüne Politiker Einfahrverbote in Städte fordere, wolle "die Mobilität der Menschen brutal beschränken und Dieselfahrer kalt enteignen", sagte der Minister.
Seit Monaten suchen deutsche Großstädte nach Lösungen, wie sie die Schadstoffbelastung mit den gesundheitsgefährdenden Stickoxiden auf ihren Straßen reduzieren können. In Stuttgart und München drohen insbesondere älteren Dieselautos Fahrverbote.
Sollten diese in Stuttgart kommen, rechnet die örtliche Kfz-Innung mit immensen Wertverlusten in Höhe von bis zu 500 Millionen Euro. Der Schaden treffe Dieselbesitzer und Autohäuser gleichermaßen, sagte Torsten Treiber, Obermeister der Innung Region Stuttgart. "Für die Autohäuser, die ihre Gebrauchtwagen-Bestände neu bewerten müssen, wäre das eine wirtschaftliche Katastrophe." Für Privatleute, die in Stuttgart die Mehrzahl der bisher erlaubten Euro-4-Diesel fahren, käme dies einer Enteignung.
Forderung nach "Umstiegsprämie" erneuert
Laut Innungs-Geschäftsführer Christian Reher wären rund 216.000 Euro-4- sowie 206.000 Euro-5-Diesel-Pkw in der Region von einem Stuttgarter Einfahrverbot betroffen. Die Branche sieht deshalb Land und Bund in der Verantwortung: "Wir fordern nachdrücklich, dass beide sich zu einer Förderungslösung, sprich Umstiegsprämie, bekennen, die wir schon seit 2015 vorschlagen", so Treiber.
Das Stuttgarter Verwaltungsgericht prüft derzeit eine Klage der Deutschen Umwelthilfe (DUH) gegen einen neuen Luftreinhalteplan. Dieser soll vom 1. Januar 2018 in Stuttgart gelten. Während die DUH Einfahrverbote fordert, um die Luft in der schwäbischen Metropole zu verbessern, setzt Baden-Württemberg auf die von den Autobauern angekündigten Nachrüstungen älterer Autos. Das Gericht will seine Entscheidung am 28. Juli verkünden. "Das ist eine wirklich absurde Situation: Wer zu Ferienbeginn am Donnerstag mit einer gepflegten Euro-4-Familienkutsche in den Urlaub aufbricht, kommt womöglich mit einem wertlosen Schrottauto zurück, je nachdem wie das Gericht am kommenden Freitag entscheidet", sagte Treiber. (dpa/rp)
Dieter Buschhorn