Ein Jahr nach dem erfolgreichen Übernahmeangebot von AMS für Osram sind viele Mitarbeiter des Münchner Traditionskonzerns in Sorge. Der österreichische Sensorhersteller ist im Begriff, die Macht in München komplett zu übernehmen. Jetzt werde sich zeigen, ob sich AMS an die bei der Übernahme getroffenen Vereinbarungen halte, sagt Klaus Abel, der für die IG Metall im Osram-Aufsichtsrat sitzt.
AMS hatte vergangenes Jahr lange um Osram kämpfen müssen. Ein erstes Übernahmeangebot im Herbst verfehlte die Annahmeschwelle, das zweite drohte an Hedgefonds zu scheitern. Doch am 6. Dezember meldeten die Österreicher dann, dass sie das Ziel von 55 Prozent der Anteile erreicht hätten. Am 10. Dezember schließlich lag das Ergebnis vor: AMS kam auf 59 Prozent: Das Übernahmeangebot war klar erfolgreich.
Spitzen von Vorstand und Aufsichtsrat werden ausgetauscht
Bis die Papiere nach allen wettbewerbsrechtlichen Genehmigungen wirklich an die Österreicher gingen, wurde es allerdings Sommer. Inzwischen hält AMS gut 70 Prozent an Osram und ist dabei, die Herrschaft auch konkret zu übernehmen. Ein Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrag ist beschlossen und wird bald wirksam. Zudem muss Osram-Chef Olaf Berlien gehen und soll im Februar durch AMS-Finanzchef Ingo Bank ersetzt werden. Dem Aufsichtsrat soll bereits ab dem 15. Dezember AMS-Vorstand Thomas Stockmeier vorsitzen (wir berichteten).
Dass Berlien, der im November noch betont hatte, viele Ideen für Osram zu haben, gehen muss, werfe durchaus Fragen auf, sagt Abel. Nach den Personalwechseln könne AMS "wirklich durchregieren". Doch der Gewerkschaftsvertreter setzt auf die Übernahmevereinbarung, die Osram und der Belegschaft einen gewissen Schutz bietet: "Wir erwarten, dass AMS vertragstreu ist", sagt Abel. Und er betont kämpferisch: "Wir sind gut aufgestellt, in die Auseinandersetzung zu gehen, wenn sie sich nicht an die die Vereinbarungen halten."
Im Automotive-Bereich geht die Angst um
Die Sorgen in der Belegschaft drehen sich insbesondere darum, dass sich AMS von Bereichen bei Osram trennen könnte. Vor allem rund um den großen Automotive-Bereich gab es immer wieder Spekulationen, die AMS aber stets dementiert hat. Er passt nur bedingt zum Sensorgeschäft von AMS.
Dass die Österreicher Osram übernehmen, war ein Paukenschlag, denn die Münchner sind eigentlich deutlich größer. Allerdings liefen die Geschäfte bei Osram schon vor Ausbruch der Corona-Krise schlecht. Auch für das abgelaufene Geschäftsjahr meldeten sie tiefrote Zahlen. AMS kommt dagegen dank eines starken Geschäfts mit Sensoren für Smartphones bisher relativ gut durch die Krise. (dpa)