Die Komplexität der Kommunikationsprozesse im Fahrzeug nimmt zu – gleichzeitig wird es dadurch schwieriger, etwaige Manipulationen aufzuspüren. Dekra bietet nun an den bundesweit 75 Niederlassungen einen Service an, der möglichen Tricksereien an Steuergeräten nachgeht. Das System, das sich dahinter versteckt, wurde zusammen mit AVL Ditest entwickelt.
"Unser neues Angebot geht weit über das schon lange übliche Auslesen von Fehlerprotokollen hinaus", erklärt Michael Tziatzios, Leiter Gebrauchtwagenmanagement bei Dekra Automobil. "Wir überprüfen den Ist-Zustand von Steuergeräten und können so bestimmte Indizien für Manipulationen finden. Dafür war bisher immer ein aufwändiges analytisches Gutachten notwendig."
Unter anderem lässt sich mit dem Verfahren etwa überprüfen, ob der Kilometerstand eines Fahrzeugs plausibel ist. "Das ist aber nur ein Aspekt des Themas", so Tziatzios. "Es kann auch darum gehen, die Plausibilität einer Fahrzeug-Identifikations-Nummer (FIN) zu prüfen. Gerade bei gestohlenen Fahrzeugen wird hier oft zu manipulieren versucht." Genauso könnten Hinweise auf eine Deaktivierung oder einen nicht fachgerechten Austausch von Steuergeräten gefunden werden. "Diese Arten von Manipulation können, zum Beispiel bei einem Airbag-Steuergerät, fatale Folgen haben."
Gemeinsam haben die Spezialisten von Dekra und AVL Ditest eine markenübergreifende Software entwickelt. "Die große Herausforderung dabei war, die Informationsflut aus den Steuergeräten zu kanalisieren, zusammenzuführen und zu interpretieren", erläutert Andreas Wittig, Diagnose-Experte von AVL Ditest. "Nur abgasrelevante Daten sind in den Fahrzeugen heute standardisiert, alles andere nicht. Die Kunst ist, die unterschiedlichen 'Sprachen' der Steuergeräte zu verstehen und aus den Informationen die richtigen Rückschlüsse zu ziehen." An diesem Punkt setzte die aufwändige Entwicklungsarbeit an. Es ging darum, das Know-how aufzubauen, was in einem Fahrzeug bei bestimmten Manipulationen vor sich geht. Wittig: "Wir mussten bei der Entwicklung den Zusammenhängen auf die Spur kommen, nach der Devise: Wenn A und B passieren, muss C die Folge sein."
Mit der Steuergeräte-Diagnose hat Dekra unterschiedliche Zielgruppen im Auge. "Das beginnt etwa bei Leasinggesellschaften, die sich bei der Rückgabe von Fahrzeugen natürlich für solche Plausibilitäten interessieren, und geht über Flotten- und Fuhrparkbetreiber bis hin zu Autohäusern, für die beim Thema Inzahlungnahme natürlich solche Fragen eine Rolle spielen", so Tziatzios. "Und auch für Privatkunden, die einen Gebrauchtwagen kaufen wollen, kann unsere neue Dienstleistung sicher interessant sein."
Probleme bei Exoten und Baujahren vor 2010
Das neue Verfahren löst den bisherigen so genannten "System-Check" als einer der drei Bestandteile des Dekra-Siegels für Gebrauchtfahrzeuge ab. Die Steuergeräte-Diagnose funktioniert unabhängig von der Fahrzeugmarke und bei allen Fahrzeugen mit nennenswertem Marktanteil. "Bei echten Exoten kann es natürlich schwierig werden", betont Tziatzios. "Ebenso bei sehr alten Fahrzeugen. Wir empfehlen die Steuergeräte-Diagnose für Fahrzeuge etwa ab Baujahr 2010." Der Hintergrund: Ältere Steuergeräte kommunizieren oft anders und speichern außerdem meist weniger Daten als die in neueren Autos.
Entscheidend ist für Tziatzios: "Mit der neuen Steuergeräte-Diagnose bieten wir eine einfache, kostengünstige Möglichkeit, Hinweise auf Manipulationen zu bekommen. Wir stellen Auffälligkeiten fest, wir liefern Anhaltspunkte." So könne der Auftraggeber selbst entscheiden, ob er zum Beispiel ein analytisches Gutachten beauftragt, um rechtsverwertbare Erkenntnisse zu gewinnen.
Angeboten wird die neue Steuergeräte-Diagnose – als Einzeldienstleistung oder als Bestandteil des Dekra-Siegels für Gebrauchtfahrzeuge – in allen Niederlassungen bundesweit.
Weitere Details zur neuen Dekra-Dienstleistung lesen Sie in der aktuellen AUTOHAUS-Ausgabe 06/2019.