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Fahrbericht VW e-Golf (Facelift): Smarter Stromer

08.05.2017 05:32 Uhr
Beim überarbeiteten e-Golf verspricht VW eine Reichweite von 300 Kilometern. Natürlich nur theoretisch.
© Foto: VW

Seit knapp drei Jahren ist der e-Golf auf dem Markt. Mit der jetzigen Modellpflege spendiert Volkswagen seinem Elektroauto mehr Leistung und eine größere Batterie.

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Von Michael Specht/SP-X

Der VW Golf gilt in seiner Klasse als König. Doch in Sachen E-Mobilität fährt der Wolfsburger nicht an der Spitze. Die Deutschen bevorzugen Stromer wie BMW i3 und Renault Zoe. Vielleicht hängt dies mit dem VW-Prinzip zusammen. Der damalige Konzernchef Martin Winterkorn wollte partout kein Elektroauto, das auf einer eigenen Plattform steht und eine eigene Karosserie hat. Zu teuer, zu riskant. Nachteil: Der Kunde kann mit dem e-Golf kein Statement abgeben, wie umweltbewusst und zukunftsorientiert er unterwegs ist. So wie er es beispielsweise mit einem i3 tun könnte.

Daran wird sich auch mit der jüngsten Modellpflege nichts ändern, die Volkswagen seinem ab 35.900 Euro erhältlichen Elektro-Golf nach knapp drei Jahren spendiert. Zu erkennen ist der leise und emissionsfreie E-Antrieb allenfalls an den blauen Zierleisten in den jetzt serienmäßigen LED-Scheinwerfern. Die größere Änderung findet unter dem Blech statt. Sie gilt der Batterie. Ihre Kapazität steigt von 24,2 auf 35,8 kWh, mithin um fast 50 Prozent. Entsprechend ändert sich die Reichweite, die VW nun mit 300 statt zuvor 190 Kilometern angibt.

Natürlich weiß jeder, dass dieser NEFZ-Wert ein Labor-Ergebnis unter Bestbedingungen ist. Die Realität sieht anders aus. Und in Wolfsburg will man sie nicht schönreden. Die Marketing-Strategen nennen es "kundenrelevantes Jahresmittel". Gemeint ist: Je nach Fahrweise, Wetter und Einsatz der Heizung bzw. der Klimaanlage liegt die Reichweite bei rund 200 Kilometern. "Damit wird der neue e-Golf für nahezu alle beruflichen Pendler zu einer sehr umweltfreundlichen Alternative", sagt Jonas Tousen, aus dem Bereich Entwicklung Elektrische Antriebe. Ausprobieren konnten wir dies bei der Präsentation des neuen e-Golf noch nicht, weil die Teststrecke zu kurz war. Unser Bordcomputer zeigte bei normaler Fahrweise 15,8 kWh pro 100 Kilometer an (Normverbrauch: 12,7 kWh/100 km). Dies deutet aber tatsächlich auf gut und gerne 200 Kilometer Reichweite hin.

Mit Streckendaten sparen

Zur besseren Effizienz soll auch eine zweite Neuerung beitragen: das Navigationssystem. Es nutzt die Streckendaten, um Strom zu sparen. Kommt beispielsweise eine Kurve, eine Abzweigung, ein Kreisverkehr oder ein neues Tempolimit, erscheint im Display der Hinweis „Fuß vom Gas“ schon bevor der Fahrer die Verkehrsänderung erkennt.

Änderung Nummer drei: der Elektromotor. Zuvor mussten sich 85 kW / 115 PS um den immerhin über 1,6 Tonnen schweren e-Golf (allein die Batterie wiegt 345 Kilogramm) kümmern, jetzt sind es 100 kW / 136 PS. Damit ist natürlich nicht die Spritzigkeit eines BMW i3 möglich, aber es reicht, um flott unterwegs zu sein. Ohnehin ist die reine Leistung bei einem Elektroauto letztlich nicht so wichtig. Bedeutung sollte man dem Drehmoment schenken. Es stieg von 270 auf 290 Newtonmeter. Das ist mehr als es der Motor eines Golf 1.8 TSI auf die Kurbelwelle bringt. Und bei einem Elektromotor liegt physikalisch bedingt das Drehmoment sofort an.

Nicht zuletzt deshalb machen E-Autos vor allem in der Stadt so viel Spaß. Kein anderer Motor bietet eine bessere, gleichmäßigere und noch dazu leisere Anfangsbeschleunigung. Schon nach 6,9 Sekunden erreicht der e-Golf Tempo 80, nach 9,6 Sekunden liegen 100 km/h an. Auf 150 km/h hat VW jedoch die Höchstgeschwindigkeit begrenzt. Darüber würde der Stromverbrauch rasant ansteigen.

Ähnlich viel Reichweite frisst bei einem Elektroauto im Winter die Heizung. Die Ingenieure entwickelten daher eine Wärmepumpe. Sie nutzt sowohl die Wärme aus der Umgebungsluft als auch die Abwärme der Antriebskomponenten. VW sagt, die Reichweite würde sich im Vergleich zu einem konventionellen Heizsystem so um bis zu 30 Prozent erhöhen.

Wallbox kostet extra

So toll die größere Batterie mit Blick auf die Reichweite im neuen e-Golf auch sein mag, so nachteilig ist sie, wenn man zu Hause nur eine normale Steckdose (2,3 kW) zum Laden hat. Dann dauert das Auffüllen der leeren Akkus über 15 Stunden. Wer also abends spät kommt und morgens früh wieder los muss, kriegt die Batterie nur halb voll. Sinnvoll ist da natürlich eine Wallbox. Sie kann maximal elf Kilowatt bereitstellen, kostet aber rund 900 Euro plus Montage durch einen Elektriker.

Öffentliche Ladesäulen können teils bis zu 40 kW Gleichstrom in die Batterie drücken, was den Ladeprozess auf unter eine Stunde senken würde. Um das Laden unterwegs so einfach wie möglich zu gestalten, bietet VW die Charge & Fuel Card an. Über sie kostet Gleichstrom (DC) 11,90 Euro die Stunde, Wechselstrom (AC) 0,95 Euro/h bei minutengenauer Abrechnung. Wo die betreffenden Ladesäulen (zirka 4.000 in Deutschland) stehen, verrät eine App fürs Smartphone.

Unschlagbar ist der e-Golf beim Thema Service am Kunden. Fahrer von E-Autos kennen das Dilemma. Soll es einmal etwas weiter weggehen, reicht auch die größte Batterie nicht. Gewöhnlich muss man sich dann einen Mietwagen nehmen oder – falls vorhanden – den Erstwagen im Haushalt. Bei VW erhalten alle Käufer eines e-Golf in den ersten zwei Jahren nach Zulassung bis zu 30 Tage im Jahr kostenlos einen Mietwagen aus dem aktuellen Modell-Portfolio von Volkswagen. Ausgenommen ist nur der Touareg. Aus der Leihdauer ergeben sich die Freikilometer. Der e-Golf-Käufer hat die Wahl, ob er nur einen Tag oder eine Woche oder auch gleich die vollen 30 Tage in Anspruch nimmt. Will er letzteres, beispielsweise, um in den Urlaub zu fahren, sind 4.000 Freikilometer drin.

GTE als Alternative

Und in wessen Fahrprofil die batterieelektrische Mobilität noch gar nicht passt, dem bietet VW noch den Golf GTE an. Motto: Wenn schon nicht gleich voll, dann wenigstens ein bisschen. Die Plug-in-Hybrid-Version hat nach wie vor einen normalen Verbrennungsmotor (1,4-Liter-TSI) unter der Haube, aber gleichzeitig auch eine Elektromaschine. Ideal für die kurzen Fahrten zum Einkaufen oder den täglichen Weg ins Büro. Immerhin: Die Batterie im Wagenheck liefert Strom für gut 50 Kilometer. Erst danach würde sich der Verbrenner zuschalten. Zusammen liefern beide stramme 150 kW / 204 PS, was den Golf GTE zu einem der sportlichsten Vertreter unter seinen Brüdern macht.

Um den Teilzeit-Stromer im Alltag effizienter werden zu lassen, hat VW zudem eine neue Hybridstrategie entwickelt. Sie bezieht jetzt GPS- und Streckendaten in die Regelung mit ein. Die Navigation erkennt, wann beispielsweise eine Kreuzung kommt, ob es hinter der Kuppe bergab geht, ob ein Tempolimit oder eine Ortschaft folgt. Der Druck, mit der Energie aus der Batterie so sparsam wie möglich umgehen zu müssen, hat also einen angenehmen Nebeneffekt: Die Hersteller bauen immer mehr entsprechende smarte Lösungen in ihre E-Autos ein.


VW e-Golf (2017)

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KOMMENTARE


D.Buschhorn

11.05.2017 - 14:15 Uhr

Für mich ist der Hybrid, hier der GTE oder auch der e-tron immer die erste Wahl. Nach 3,5 Jahren und 85000 Km mit dem Volvo V60 D6 glaube ich mir ein Urteil erlauben zu können. Täglich waren ca. 80 Km im reinen E-Betrieb mit Nachladung im Büro und zu Hause möglich so das über 70 % im E-Betrieb erreicht wurden. Der Verbrauch lag immer bei rund 22 kWh/100 Km inclusive der Ladeverluste. Im reinen Dieselbetrieb kamen über die gesamte Laufzeit 6,5 Ltr/100 Km zusammen. Dazu die Gewissheit ständig auf Abruf über eine Reichweite von rund 600 Km mit dem Verbrenner zu verfügen. Auch mal schnelle BAB Etappen ohne Limit wenn nötig ohne auf den Batteriezustand achten zu müssen. Jeder sollte daher an Hand seines Fahrprofiles überprüfen ob für Ihn der Hybrid nicht die bessere Wahl ist.


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