Neue Modelle, aber billiger in der Herstellung: Mit diesem Rezept soll der verlustreiche Autobauer Opel seine schwere Krise überwinden. Opel-Interimschef Thomas Sedran will mit neuen Modellen in boomenden Segmenten wieder aufholen. "Wir werden eine ganze Reihe von neuen Fahrzeugen in den Markt bringen, mit denen wir Lücken in unserem Portfolio schließen und in Wachstumssegmente vorstoßen", sagte Sedran der Nachrichtenagentur dpa.
Zugleich will Opel bei den Kosten den Rotstift ansetzen: Beim Personal, aber vor allem bei der Fahrzeugproduktion. "Da geht es um weit mehr als bei den Lohnkosten, hier werden wir die wesentlichen Effekte erzielen", sagte Sedran. Opel habe seine Fahrzeuge jahrelang mit teuren Anforderungen gebaut, die andere Hersteller nicht hätten - auch nicht im deutschen Oberklasse-Bereich. Zudem werde aktuell mit dem Betriebsrat über den Abbau von Bürokratie und die Verschlankung von Strukturen auch im Management diskutiert.
"Wir werden eine ganze Reihe von neuen Fahrzeugen in den Markt bringen, mit denen wir Lücken in unserem Portfolio schließen und in Wachstumssegmente vorstoßen", sagte Sedran. Dass das nicht über Nacht geht, weiß der Strategievorstand der Adam Opel AG: der neue Unternehmensplan trägt den Titel "Drive Opel 2022".
Vom lange befürchteten Kahlschlag beim Personal spricht Sedran derzeit nicht: Die Gespräche mit den Arbeitnehmern zum Deutschlandplan, der Werksschließungen und betriebsbedingte Kündigungen bis Ende 2016 ausschließen soll, laufen. Und zwar ohne Zeitdruck, wie Sedran betonte: "Wir nehmen uns die Zeit, die wir brauchen. Wir werden mit der IG Metall und dem Betriebsrat eine bestmögliche Einigung finden, die uns so schnell wie möglich wieder nachhaltig profitabel macht. Das ist die beste Zukunftssicherung."
Modell-Lücken schließen
Zu den zuletzt vernachlässigten Segmenten gehören etwa die Bereiche Kleinwagen und Sport-Geländewagen (SUV). Diese Lücken werden schon sehr bald geschlossen: "Mit Mokka und Adam bringen wir zwei Fahrzeuge in zwei sehr schnell wachsenden Segmenten, die auch in dieser Konjunkturlage noch wachsen", sagte Sedran. Zudem sei unter dem Adam noch ein Kleinstwagen (Citycar) geplant. Und im März 2013 will Opel wieder ein Cabrio namens Cascada in den Verkauf bringen. Große Limousinen plant Opel hingegen nicht: "Das Segment oberhalb des Insignia schrumpft eher. Ein weiteres Angebot in einem schrumpfenden Segment auf den Markt zu bringen, macht im Moment wenig Sinn."
Der Zehn-Jahres-Plan sei vom neuen Managementteam ausgearbeitet worden zusammen mit GM-Vize Steve Girsky, der dem Aufsichtsrat der Adam Opel AG vorsitzt. Darin sind milliardenschwere Investitionen in neue Fahrzeuge vorgesehen. Auch der finanzielle Rahmen sei mit GM abgestimmt. Zahlen nannte Sedran nicht, sagte aber: "Mit diesem Portfolio an neuen Fahrzeugen und Motoren werden wir wieder auf die Erfolgsspur kommen."
Synergien durch Kooperationen
Darüber hinaus verhandelt das Management mit dem Partner PSA Peugeot-Citroën über Synergien durch Kooperationen bei Einkauf, Logistik und Entwicklung. Spekulationen über Pläne, französische Autos in Rüsselsheim zu bauen, wies Sedran zurück: "Es ist faktisch falsch. Wir haben hierzu keine Entscheidungen. Wir reden über die Themen Einkauf und Entwicklung." Erst wenn man sich sicher sei, dass man Autos gemeinsam entwickelt, müsse man sich Gedanken machen, wo man die am besten baut: "Es gibt jede Menge Gerüchte, aber die sind meist falsch."
Die Rückkehr zum Erfolg strebt Sedran vor allem in Europa an. Einen massiven Markteintritt der Marke Opel auf dem boomenden chinesischen Automarkt schließt er aus: "Autos in Preissegmenten, in denen wir zu Hause sind, lassen sich nur sehr schwer in diese weit entfernten Märkte exportieren." Zwar werde Opel künftig auch in China mehr Autos verkaufen als heute. Der Hersteller setzt auf dem Riesenmarkt gerade einmal 5.000 Wagen ab. Auf breiter Front werde die Marke Opel in China aber nicht eingeführt: "Dann müsste Opel aus meiner Sicht ein neues Werk dort installieren und zusätzlich Hunderte von Millionen in Werbung investieren", sagte Sedran der dpa.
Michael Kühn
K. Wempe