Bis zum Ende des Jahres will der VW-Vorstand nach Angaben von Betriebsratschef Bernd Osterloh ein neues Konzept für die Gläserne Manufaktur in Dresden vorlegen. "Wir stehen in engem Kontakt zu den Kollegen in Dresden. Gemeinsam besprechen wir mit dem Markenvorstand das Übergangskonzept und die endgültige Lösung für die Gläserne Manufaktur", sagte Osterloh der Deutschen Presse-Agentur in Hannover. Das Gebäude im Herzen Dresdens sei "ein absoluter Besuchermagnet und eine Perle für Volkswagen. Wir werden hier sicherlich auch künftig innovative Produkte fertigen und zeigen."
Wann in der Gläsernen Manufaktur der letzte Phaeton vom Band laufen soll, ist unklar. Im Gespräch ist der 18. März. Nach dpa-Informationen soll aber bereits in der übernächsten Woche mit dem Umbau der 2001 eröffneten VW-Niederlassung begonnen werden. Entlassungen soll es keine geben - etwa 100 Mitarbeiter sollen in Dresden bleiben, die restlichen sollen zunächst im Werk Zwickau weiterbeschäftigt werden. "Keiner der Kollegen wird seinen Arbeitsplatz verlieren", heißt es aus der Konzernzentrale.
Eine dauerhafte Lösung gibt es für die Männer und Frauen noch nicht. Sie hoffen auf eine Rückkehr, um dann den E-Phaeton montieren zu können. Doch ob der wirklich kommt, ist Zukunftsmusik. Kaum war die Vision im Oktober in den Schlagzeilen, hieß es aus dem Konzern, sie sei schon wieder gestrichen. Oder zumindest auf unbekannt verschoben.
Solange greift ein Übergangskonzept. Die Verbliebenen sollen die Manufaktur zu einer Art Erlebniswelt umfunktionieren, sozusagen eine Art Autostadt im kleinen. Kultur, Konzerte, Lesungen sollen dann in dem Glas-Ambiente stattfinden. Und wenn möglich, wäre auch eine Ausstellungswelt zum Zukunftsthema E-Mobilität wünschenswert. Über die Finanzierung soll nach Angaben aus Konzernkreisen Anfang April entschieden werden.
Großes Missverständnis
Mitten in der Abgas-Krise mit unabsehbaren Folgen hatte die Konzernspitze um VW-Chef Matthias Müller die Reißleine für den Phaeton gezogen. Statt immer größer, schneller und weiter lautet bei Volkswagen die Parole "Sparen auf Sicht". Im Aufsichtsrat fällt der Phaeton unter die Kategorie "Enttäuschungen". In der Konzernzentrale wird die Liaison hinter den Kulissen schon lange als großes Missverständnis abgetan.
Der letzte Kunde kommt nach Angaben von Manufaktur-Sprecher Carsten Krebs aus China und wird sein Auto nicht persönlich abholen. Ganz anders als die glamouröse Eröffnung 2001 mit dem damaligen Vorstandschef Ferdinand Piëch und Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) soll der Abgesang des Luxuswagens leise über die Bühne gehen. Eine Art Party ist für die Mitarbeiter wohl geplant. Details will das Unternehmen nicht verraten. Zum Feiern ist niemandem zumute.
Ohne den Verkaufserfolg im fernen China wäre das Aus des Phaetons wohl schon früher gekommen, heißt es aus der Konzernzentrale. Doch für ein "Weiter so" reicht die Nachfrage solventer Kunden aus dem Reich der Mitte eben auch nicht. Ohnehin hat VW mit dem Phideon längst eine Alternative im chinesischen Portfolio. Gerüchte, wonach das Auto irgendwann auch in Europa zu kaufen sein soll, werden aber vehement bestritten. Also auch kein Grund zur Hoffnung in Dresden.
"Flexibilisierung der Manufakturfertigung"
"Wir arbeiten mit Hochdruck an den Vorbereitungen zu einer thematischen Neuausrichtung der Gläsernen Manufaktur, die wir im April der Öffentlichkeit vorstellen werden", sagt Manufaktur-Sprecher Krebs. Von April an solle das Gebäude umgebaut und auf die "Flexibilisierung der Manufakturfertigung" vorbereitet werden. Für Besucher, Veranstaltungen sowie die Fahrzeugauslieferung und -aufbereitung bleibe sie weiterhin geöffnet.
Aus Konzernkreisen ist zu vernehmen, dass man nach einem 18-monatigem Umbau in Dresden und bis zum möglichen Start eines E-Phaetons in der Gläsernen Manufaktur auch wieder Autos bauen möchte. Welche genau, sei noch im Fluss. Im vergangenen Dezember hatte VW-Markenchef Herbert Diess den Beschäftigten Top-Modelle der Marken Porsche, Bentley und Audi genannt.
"Der Dresdner Standort ist und bleibt fester Bestandteil der Volkswagen-Familie", betont Krebs. Auch am Sponsoring der Manufaktur für die Semperoper und die Sächsische Staatskapelle Dresden soll sich nichts ändern. Zumindest hier dürften die Phaetons auch weiterhin das Stadtbild prägen, wenn sie VIPs der Semperoper oder der Musikfestspiele durch die Stadt chauffieren. (dpa)
Bernd Schürmann