"Positiv und motivierend für mich war, dass einige führende europäische Vertreter klargemacht haben, dass Europas Interesse in einer offenen Welt liegt." Sowohl VW als weltweiter Autoanbieter als auch Deutschland seien auf Freihandel angewiesen.
"Ich denke, wir sollten nicht zu sehr auf Selbstversorgung setzen", sagte Diess angesichts der Debatte um mangelnde Elektronikchips und teure Rohstoffe, die nach dem Ausbruch der Covid-Pandemie und nun nach dem Krieg in der Ukraine die Weltwirtschaft bremsen. "Nationen und große Blöcke, die zum Selbstversorger werden, sind für mich ein großes Risiko einer sich abschottenden Welt", sagte Diess. Eine Abhängigkeit von bestimmten Lieferländern wie etwa Taiwan bei Halbleitern werde zwar derzeit negativ wahrgenommen, helfe aber auch in bestimmten Aspekten. "Wenn das nicht mehr der Fall wäre, wäre Taiwan dann sicherer oder weniger sicher? Meiner Meinung nach weniger sicher", sagte Diess.
Der Konzern sei auch schon oft aufgefordert worden, aus dem Werk in der chinesischen Provinz Xinjiang auszusteigen. "Das wäre einfach für uns, weil das gemessen an unserem China-Geschäft wirtschaftlich vernachlässigbar ist", sagte Diess. Es sei aber ein Vorteil, dort präsent zu sein. In der Region im Nordwesten Chinas wird laut Menschenrechtlern die uigurische Minderheit von Peking systematisch unterdrückt. Für die Region hätte ein Rückzug von VW überwiegend negative Folgen, sagte Diess.
In China, wo der Konzern einen Großteil seiner Autos verkauft und Marktführer ist, hält Diess die Situation wegen der regionalen Corona-Lockdowns derzeit noch für kompliziert. "Aber wir sehen etwas Licht", sagte der Manager. Insgesamt bleibe China der Automarkt mit den größten Wachstumschancen. Generell dürfte sich die Anspannung bei den Lieferketten im Pkw-Geschäft dieses Jahr merklich legen - bei Nutzfahrzeugen liege der Fall aber noch anders.