Wer ein ganzes Haus umbaut, kann es meist gar nicht erwarten, bis die ersten Gäste kommen. So ähnlich dürfte es nun Carlos Tavares gehen, dem Hausherren von Stellantis. Die Arbeit ist getan, jetzt darf gefeiert werden. Nach dem Zusammenschluss von PSA und FCA zum Stallantis-Konzern 2021 galt es für CEO Carlos Tavares alles radikal neu zu denken - und vor allem kosteneffizient umzusetzen. Künftig sollte es für die 14 Marken mit ihren weit über 100 Modellen nur noch vier übergreifende Plattformen geben, die unter dem Kürzel STLA (Stellantis Architecture) den gesamten Konzern bewegen.
Das erste Kind, das nun mit der neuen technischen Basis auf die Welt kommt, ist der Peugeot E-3008. Wie der Name verrät, handelt es sich bei dem Schrägheck-SUV auch um das erste komplette Elektroauto auf der neuen STLA-Plattform. Doch obwohl Stellantis sein Versprechen hinterlegt hat, in Europa bis 2030 nur noch rein elektrische Modelle anzubieten und bis 2025 Europas Nummer eins unter den E-Anbietern zu sein, ermöglicht STLA – anders als zum Beispiel die MEB-Plattform von Volkswagen – auch den Einbau von Verbrennungsmotoren. Durch die Peugeot-Brille gesehen, völlig verständlich. Denn wer einen kurzen Blick in den Rückspiegel wirft, bekommt ein gutes Gefühl dafür, wie wichtig der 3008 für die Franzosen ist. Über 1,3 Millionen Mal wurde der SUV in den letzten sieben Jahren verkauft. Die meisten davon in Südeuropa. Für diese Märkte bietet Peugeot den 3008 weiterhin auch mit elektrifizierten Verbrennern an. Mild-Hybride und Plug-in-Hybride sind im Gespräch, einige wenige Länder außerhalb Europas erhalten den 3008 zudem noch mit reinen Verbrennern. Nach Deutschland kommt der Franzosen-SUV zunächst ausschließlich als 100-Prozent-Elektriker in zwei Ausstattungslinien: Allure und GT und als Mildhybrid.
Stämmiger, solider und spannender
Der völlig neu konstruierte 3008 legt in der Länge um zehn Zentimeter auf 4,54 Meter zu, wird auch etwas breiter (plus fünf Zentimeter) und höher (plus zwei Zentimeter). Den Proportionen tut es gut. Das Design aus der Feder von Peugeots Chefstylist Matthias Hossann wirkt stämmiger, solider und spannender als bisher. Dabei ist der E-3008 nicht so extrovertiert wie der nach Beifall gierende 408, sondern seriöser. Mit weniger Sicken und kurven im Blech, fast schon Premium, aber trotzdem typisch Peugeot.
Peugeot E-3008 (2024)
BildergalerieDer geschlossene Grill trägt zentral und selbstbewusst das neue Löwen-Logo, daneben das Tagfahrlicht, verlaufend in drei in fast senkrechten Lichtstreifen, darüber, eingebettet in die Wölbung der "Motorhaube" schmale LED-Scheinwerfer. Die Seite zeigt üppige Blechflächen mit einer oberen scharfen Lichtkante, die sich um das ganze Fahrzeug zieht und dem E-3008 ein robustes Auftreten verleiht. Das kantig geschnittene Heck fällt hinten mit kurzem Überhang ziemlich abrupt ab, die Heckscheibe hingegen läuft, wie bei SUV-Coupés gemeinhin üblich, schräg gegen die hintere Abrisskante. Später dürfte noch ein klassischer SUV unter dem Namen E-5008 folgen.
Innen zeigt der E-3800 neue Qualitäten. Neben guten Platzverhältnissen mit etwas eingeschränkter Kopffreiheit auf der Rückbank ist das Bemühen um hochwertige und nachhaltige Materialien greifbar. Vieles hier drin wirkt modern und hell, fast schon avantgardistisch wie bei einem Showcar. Der Innenraum lässt sich cool in acht verschiedenen Farben illuminieren, in der Mitte des Armaturenbretts befinden sich i-Toggles, berührungsempfindliche Tasten, die individuell programmierbar schnellen Zugriff auf bis zu zehn Lieblingsfunktionen bieten. Highlight des neu interpretierten i-Cockpits ist der 21 Zoll große Panoramabildschirm (53,3 Zentimeter), serienmäßig beim GT. Leicht zum Fahrer gebogen, wird er von unten per LED-Licht beleuchtet und scheint so auf der Armaturentafel zu schweben. Tres chic. In der Basis-Version Allure vereinen sich zwei 10 Zoll-Bildschirme zu einem Display. Assistenten sind natürlich reichlich an Bord, dazu auf Wunsch eine Premium Hi-Fi-System von Focal mit 690 Watt.
Gefertigt wird der E-3800 im französischen Traditionswerk Sochaux, in drei Schichten sollen später mal 1.200 Fahrzeuge täglich vom Band laufen. Hier werden auch die Batterien in die Alu-Stacks geschraubt. Anfangs liefert der chinesische Autobauer BYD die Energiespeicher, danach die Automotive Cells Company ACC. Das Joint-Venture von Stellantis, Mercedes-Benz und Total baut gerade Anlagen in Frankreich (Dovrin), Deutschland (Kaiserslautern) und Italien (Termoli) auf. So hofft Stellantis auf Sicht unabhängiger von den Launen asiatischer Zulieferer zu werden.
Klassenbestwerte bei der Reichweite?
Kunden haben die Wahl zwischen zwei Batteriegrößen (73 kWh und 98 kWh) mit maximalen Reichweiten von 525 bis zu 700 Kilometer – das wäre Klassenbestwert. Zudem versprechen die Franzosen einen besonders niedrigen Stromverbrauch von rund 14 kW/h. Es wird drei Leistungsstufen mit 154 kW / 210 PS, 170 kW / 230 PS sowie 235 kW / 320 PS geben, die stärkste Version kommt mit zusätzlichem E-Motor an der Hinterachse, der den E-3800 zum Allradler macht.
Statt mit leistungsfähiger 800 Volt-Architektur – wie anfangs spekuliert – arbeiten die STLA-Plattformen mit der deutlich günstigeren 400 Volt-Technik. Trotzdem sollen die Ladezeiten vergleichsweise kurz sein. Die maximale Ladeleistung beträgt 160 kW, damit kann die Batterie laut Peugeot von 20 auf 80 Prozent in 30 Minuten gefüllt werden. Strom für 100 Kilometer Reichweite soll binnen zehn Minuten im Akku sein. Preise nennt Peugeot noch nicht, sie dürften für die E-Version des 3008 aber bei rund 45.000 Euro beginnen.
Bernd