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US-Behörde stellt Ultimatum: VW sucht Halt in Abgas-Affäre

12.10.2015 08:59 Uhr
Im Skandal um geschönte Diesel-Emissionen erhöhen die USA den Druck auf Volkswagen.

Im Skandal um geschönte Diesel-Emissionen erhöhen die USA den Druck auf Volkswagen. Und auch in Deutschland bleibt die Lage für das Unternehmen kompliziert.

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VW ringt weiter mit den Konsequenzen des Abgas-Debakels. Während die Aufklärung in Deutschland erst langsam anläuft, muss der Konzern in den USA an mehreren Fronten zugleich kämpfen. Ein Ultimatum der kalifornischen Umweltbehörde CARB setzt den größten europäischen Autobauer zusätzlich unter Zeitdruck. CARB-Chefin Mary Nichols sagte dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland", VW habe bis zum 20. November Zeit, um einen Plan zur Nachrüstung der von Manipulationen betroffenen Diesel-Autos vorzustellen. Sie erwägt offenbar, notfalls Fahrzeuge der Wolfsburger aus dem Verkehr zu ziehen: "Wenn es keine technische Lösung gibt, drohen die Stilllegung und zivilrechtliche Auseinandersetzungen mit Kunden." Nichols kündigte auch Testergebnisse zu Dieselmodellen anderer Hersteller an.

Volkswagen hatte vor wenigen Tagen um Geduld gebeten und angekündigt, den Rückruf der rund 480.000 fraglichen US-Wagen im Januar starten zu wollen. Weltweit geht es um etwa elf Millionen Autos. Der neue VW-Vorstandschef Matthias Müller rechnet damit, dass die Rückrufaktion bis Ende des kommenden Jahres dauern könnte. 

Unterdessen gibt es Spekulationen darüber, ob die bisher eingeräumten Manipulationen von Stickoxid-Werten mit einer bestimmten Software ("Defeat Device") nur auf dieses Programm begrenzt waren. Laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Bloomberg nahmen US-Behörden auch eine zweite Software ins Visier, die den Ausstoß beeinflussen kann. Aus Konzernkreisen hieß es dazu, bei den Untersuchungen der Manipulationsvorwürfe gehe es ausdrücklich nach wie vor nur um ein Programm. Eine weitere Software spiele aber in einem anderen Zusammenhang eine Rolle. Dieses komme während des Warmlaufens der Abgasanlage zum Einsatz und liege zur Genehmigung vor. 

"Auxiliary Emissions Control Device" verbaut

"Wie bereits in der Anhörung vor dem US-Kongress erklärt, hat VW im Rahmen des Zulassungsverfahrens für die Modelle mit 2,0 TDI-Motoren des Modelljahres 2016 über ein 'Auxiliary Emissions Control Device' (AECD) informiert", erläuterte ein Sprecher. VW-US-Chef Michael Horn hatte am Donnerstag im Parlament in Washington ausgesagt. Dabei erklärte er den Angeordneten unter anderem, dass VW den Antrag auf Zulassung von AECD-Dieselautos des Modelljahres 2016 zurückgezogen habe, weil die Umweltbehörden das Hilfsgerät zunächst prüfen müssten. Die "Defeat Devic" genannte Software, die den Skandal ausgelöst hatte, stellt fest, ob sich ein Auto in einem Abgastest befindet. Nur dann ist die Reinigung voll aktiv, im Normalbetrieb ist die Luftverschmutzung dagegen um ein Vielfaches höher.

Nach Angaben Müllers sind weltweit etwa 5 Millionen Autos der Kernmarke VW-Pkw, 2,1 Millionen Audis, 1,2 Millionen Skodas, 700.000 Seats sowie 1,8 Millionen leichte Nutzfahrzeuge betroffen. Letztere teilten am Sonntag mit, dass die aktuellen Modelle Amarok, Crafter und Transporter nicht die fragliche Software enthalten, aber die 1,6- und 2,0-Liter-TDI-Motoren des Caddy und der Amarok bis zum Jahr 2012. 

Zur Bewältigung der finanziellen Lasten aus der bevorstehenden Nachrüstung von Millionen Autos hat Volkswagen bereits Rücklagen von 6,5 Milliarden Euro gebildet. Auch wichtige Investitionen werden nun neu bewertet, Konzernchef Müller will einen strikten Sparkurs fahren. Dabei muss laut Betriebsratschef Bernd Osterloh eine faire Balance zwischen Belegschaft und Management gewahrt bleiben - darüber sei er sich mit Müller einig. "Wir erwarten, dass der Vorstand jeden Einschnitt, den er bei der Belegschaft vornimmt, in gleicher Relation sich selbst abverlangt", sagte Osterloh der "Bild am Sonntag". Diese allgemeine Linie habe allerdings nichts mit Forderungen etwa nach der Abschaffung kostenloser Heimflüge von Managern zu tun.

Wie die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" berichtete, soll der designierte IG-Metall-Chef Jörg Hofmann in den Aufsichtsrat von VW einziehen. Er soll dort die Nachfolge von Berthold Huber antreten, der das Kontrollgremium nach dem Abtritt des früheren VW-Patriarchen Ferdinand Piëch im Frühjahr übergangsweise geleitet hatte. Hofmann war bisher Aufseher beim VW-Konkurrenten Daimler.

Stockende Fertigung in Wolfsburg

Zusätzlich zu den Belastungen durch die Abgas-Affäre macht VW eine stockende Fertigung am Stammsitz Wolfsburg zu schaffen. "Die Produktion ist zu komplex, die Vielfalt der Fahrzeugvarianten zu hoch", zitierte die "Welt am Sonntag" einen Insider aus dem Konzern. Nach Informationen des Blattes soll von den Verzögerungen vor allem der Familien-Van Touran betroffen sein. 

Ein VW-Sprecher sprach dagegen von einer aktuell sehr komplexen Situation in der Fertigung. "Der Hochlauf eines Modells ist immer eine Herausforderung", erklärte er. Man sei aber zuversichtlich, dass Volkswagen die selbst gesetzten Ziele und Termine einhalten werde.  

Die große Zahl an angebotenen Modellen und die komplizierten Strukturen bei VW gelten - unabhängig von der Diesel-Affäre - als eine der größten Baustellen des Autoherstellers mit weltweit rund 600.000 Beschäftigten. Müller will Entscheidungsprozesse vereinfachen.

Sorgen bei gewerblichen Kunden

Gewerbliche Großkunden wie die Deutsche Post sorgen sich ebenfalls um die Entwicklung. Weil Teile der eigenen Flotte vom Diesel-Skandal betroffen sein könnten, forderte Post-Chef Frank Appel eine "volle Transparenz" von dem Autokonzern. Von den rund 90.000 firmeneigenen Fahrzeugen kämen etwa 20.000 von VW, fast alle seien Dieselmodelle, sagte Appel der "Süddeutschen Zeitung" (Wochenendausgabe). 

Die Europäische Investitionsbank (EIB) prüft unterdessen, von VW Kredite zurückzufordern. Nicht nur Millionen von Autokäufern seien "getäuscht und geschädigt" worden, sagte der Chef des EU-Förderinstituts, Werner Hoyer, der "Süddeutschen Zeitung" (Montag). "Auch die EIB könnte geschädigt worden sein, weil wir mit unseren Krediten bestimmte Klimaziele verfolgen müssen." Hoyer kündigte "sehr genaue Untersuchungen" an und fügte hinzu: Vorbehaltlich des Ergebnisses "werden wir uns die Frage stellen müssen, ob wir Kredite zurückfordern müssen, sollten sie zweckentfremdet worden sein". 

Die EIB hat der Zeitung zufolge Volkswagen seit 1990 rund 4,6 Milliarden Euro an günstigen Krediten gewährt. Damit sollten unter anderem die Entwicklung sauberer Motoren vorangetrieben sowie ausländische Produktionsstätten in Lateinamerika finanziert werden. Rund 1,8 Milliarden Euro davon sind demnach noch offen, also zurückzuzahlen.

Bericht: DFB-Pokal-Vertrag auf Eis

VW will nach Informationen der "Bild am Sonntag" den Sponsoren-Vertrag für den DFB-Pokal vorerst nicht verlängern. Das Unternehmen reagiere mit der Verweigerung der Unterschrift auf die Abgas-Affäre, von der Kosten in Milliardenhöhe erwartet werden. Ein VW-Sprecher wollte den Vorgang am Sonntag auf Anfrage nicht kommentieren. Auch der Deutsche Fußball-Bund (DFB) äußerte sich nicht zu dem Thema. Nach Angaben der Zeitung hatte sich VW mit dem DFB-Vermarkter Infront bereits auf einen neuen Drei-Jahres-Vertrag von 2016 an geeinigt. Pro Jahr sollten fünf Millionen Euro an den DFB fließen. Der Wolfsburger Autobauer ist seit 2012 Sponsor des DFB-Pokals, alle 64 Mannschaften spielen von der ersten Runde an mit dem VW-Logo auf den Ärmeln.

Wegen der aktuellen Krisen-Situation bei VW wird seit Tagen darüber spekuliert, dass der Konzern seine umfangreichen Aktivitäten im Sport-Sponsoring erheblich reduziert. Zuletzt hatte VW-Vorstand Francisco Javier Garcia Sanz am Freitag aber erklärt, dass das Unternehmen den deutschen Fußball-Vizemeister VfL Wolfsburg auch zukünftig "angemessen" unterstützen werde. Hohe Milliardenbeträge sollen zudem im Bereich Motorsport eingespart werden. Welche Wettbewerbe und Rennen davon betroffen sind, ist aber noch unklar. Der VW-Sprecher verwies darauf, dass Berichte über einen Rückzug bei der Rallye Dakar gar nicht stimmen könnten, weil das Unternehmen schon seit Jahren dort nicht mehr Sponsor ist. (dpa) 

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KOMMENTARE


Aschmu

12.10.2015 - 09:48 Uhr

Und zuletzt - wie mir von einem Bekannten,der wohl Beziehungen zu vielen VW Händlern hat, am Samstag mitgeteilt wurde, werden an den 2,0l Motoren angeblich neue Software aufgespielt, die 1,6l erhalten eine komplette neue Einspritzanlage und die 1,2l neue Motoren. Dies alles mit dem Ergebnis, dass hinterher der Verbrauch steigen soll ( wie gesagt, kommt von einem Händler und das Wort ANGEBLICH kommt von mir ). Da rollt was auf uns zu............ auch wenn ich nie VW Freund war und irgendwelche Konsequenzen sein müssen, die deutsche Wirtschaft darf nicht von den Amis derart geschädigt werden.


Michael Kühn

12.10.2015 - 12:29 Uhr

Ich war eigentlich , solange ich denken kann schon immer ein VW-Fan. ( VW-Käfer, 1500/1600 tl Fließheck, 411 und mit Ro 80/NSU-Prinz großgeworden, Papa war VW-Vertragshändler mit Werkstatt) - Und bin heute sehr enttäuscht von VW, daß man sogar einen scheinbar betrügerischen Weg gegangen ist. - Jedoch halte ich die Vorgehensweise seitens der "Amis" mit einem Ultimatum für höchst überzogen. - Ausgerechnet die "Amis" haben selber genügend "Dreck am Stecken" und spielen sich als "Weltpolizei" auf ??? - Betrug an den Kunden ist schon schlimm, aber zivilrechtlich den Käufern das , mit gutem Glauben gekaufte Fzg. zu entziehen, halte ich schlicht für einen Angriff (per Atombombe) gegen die zivile Bevölkerung des eigenen Landes. - In den USA gibt es möglicherweise strengere Gesetze, aber ebenso auch genügend "Schlupflöcher", um der weiteren Strafverfolgung entgehen zu können ... (Und wieviel US-Unternehmen in Deutschland entziehen sich den deutschen Gesetzen, Steuern + Arbeitsvertragsgegebenheiten ...? ) , ich könnte noch weitere Gedanken äußern, aber ich bin davon überzeugt, daß es sicher noch weitere Kommentatoren gibt, welche weiterreichende Erfahrungen mit den USA haben. MK


THK

12.10.2015 - 12:40 Uhr

Hätte Hätte ..Fahradkette ..Hätte meine Tante einen Pullermann , wäre Sie mein Onkel .... Hier wird das Fell des Bären schon wieder verteilt , bevor er erlegt ist .. Es braucht zu diesem Thema nur irgendjemand eine neue These (egal wie hypothetisch sie ist ) aufzustellen , und sofort wieder eine neue Schlagzeile draus .. Was fehlt sind die Fakten (wobei das auch nicht stimmt , weil diese Software verbaut ist und diese Software illegal ist ..das ist das was fest steht ) ..aber sowas ist wohl einfach nicht mehr gefragt ..


MT

12.10.2015 - 17:42 Uhr

Ich verstehe die Diskussion nicht, VW hat über 11 Mio Fahrzeuge verkauft aufgrund von Betrug, was soll ich da an Verständnis aufbringen ? Wer weiß wieviele Fahrzeuge aufgrund der falschen CO2 Angaben in Flotten, Behörden und Firmen gekauft wurden oder von Familien die ein gutes Umweltgewissen haben wollten, nur weil man auf diese Abgaswerte geschaut hat. Somit hat VW auch den Wettbewerb verzerrt und andere Hersteller bei Ausschreibungen und Angeboten übervorteilt.Und dann dieser Quatsch mit der amerikanischen Verschwörungstheorie kann ich auch nicht nachvollziehen. Wenn US Unternehmen bei uns keine Steuern oder wenig Steuern zahlen, dann ist doch der Staat in der Schuld, weil er diese Schlupflöcher nicht schließt. Mich würde vielmehr interessieren, ob die Privatflüge der "hohen Herren" mit dem Learjet versteuert wurden, weil immerhin ist dies auch ein geldwerter Vorteil. Jeder Dienstwagennutzer muss die Nutzung versteuern, mal sehen ob die Finanzbeamten auf das Thema aufspringen.Da wird noch einiges kommen, wir sehen nur den berühmten Eisberg.


JR

12.10.2015 - 18:19 Uhr

@MT, vielleicht mal grundsätzlich darüber nachdenken, hier geht es nicht um CO2 sondern um Stickoxide!!!!


THK

13.10.2015 - 11:25 Uhr

@MT , bevor sie sich hier brüskieren , sollten sie sich eher mal mit der Thematik befassen. Der Nox Ausstoss um den es geht , steht in keinem Prospekt .... DIe Kunden die sich diese Fahrzeuge gekauft haben , haben das aus allen möglichen Gründen getan , aber eins ganz sicher nicht : Wegen des NOx-Ausstosses ...Und ob ein Vorstandsmitglied nach Hause fliegt , oder mit dem Rad fährt geht sie überhaupt nichts an .. Dieser Konzern ist ein Wirtschaftsunternehmen und bezahlt die Flüge nicht von Steuergeldern . Anders als beim ADAC ist es auch kein Verein , der Gemeinnützig ist ... Es wäre schön wenn sie ihre geschätzte Meinung mit Fakten belegen können und nicht ihre eigene Unzufriedenheit mit was auch immer , zu texten ..


MT

13.10.2015 - 13:41 Uhr

Auch Vorstandsmitglieder unterliegen den Steuergesetzen, was aber aufgrund des Sitzes der Airline mehr als fraglich ist. Wer sagt Ihnen denn, dass die co2 Werte passen, wenn VW selber sagt, dass die Softwareumstellung bei einigen Motoren nicht geht und nur mit Um- und Einbaumassnahmen die Werte erreicht werden. Anscheinend ist für manche Betrug ein Kavaliersdelikt, oder die so denken haben den entsprechenden "Stallgeruch" und Angst um die nächsten Jahre. Ausbaden werden es die Händler ( zumindest die, die noch nicht zu VW Retail gehören), die Zulieferer und der Mitarbeiter am Fließband. Es wird spannend bleiben.


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