Der Kampf um die Übernahme des angeschlagenen Lampenherstellers Osram ist neu entbrannt. Nachdem das Übernahmeangebot der US-Finanzinvestoren Bain Capital und Carlyle bei Anlegern auf Skepsis stieß, hat der österreichische Halbleiterkonzern AMS jetzt einen zweiten Anlauf gestartet. Die Osram-Aktie legte am Montag deutlich zu.
AMS will Osram für 38,50 Euro je Aktie oder insgesamt 4,2 Milliarden Euro komplett übernehmen und die beiden Unternehmen dann zusammenschließen. AMS-Vorstandschef Alexander Everke sagte am Montag: "Wir haben alle Bedenken bei unserem neuen Vorschlag berücksichtigt."
Der Sensorenhersteller aus Graz in der Steiermark will sich den Kaufpreis bei den Banken UBS und HSBC leihen und sich anschließend über die Ausgabe neuer Aktien 1,5 Milliarden Euro frisches Kapital besorgen. Die LED-Produktion soll von Asien nach Deutschland verlagert, das Werk Regensburg mit seinen 2.600 Beschäftigten ausgebaut werden. AMS rechnet durch die Übernahme mit Synergien von 300 Millionen Euro jährlich. Abgeschlossen werden soll die Transaktion vor Juli 2020.
Osram und die IG Metall hatten das erste, noch unverbindliche AMS-Angebot im Juli als Versuch einer feindlichen Übernahme abgelehnt. Kritikpunkte waren damals die unklare Finanzierung und die offene Zukunft der deutschen Standorte mit ihren 6.000 Arbeitsplätzen.
AMS hatte im Juni Stillhalte-Versprechen abgegeben
Zu dem neuen, verbesserten AMS-Angebot äußerten sich IG Metall, Osram-Aufsichtsrat und Vorstand am Montag zunächst nicht. Der Haken für AMS dabei ist: Die Österreicher können den Aktionären ihr Angebot nur mit dem Einverständnis von Osram vorlegen. Denn AMS hatte im Juni ein Stillhalte-Versprechen abgegeben und im Gegenzug Einblick in die Bücher der Münchner erhalten.
Bain Capital und Carlyle haben den Osram-Beschäftigten den Erhalt von Standorten und Arbeitsplätzen zugesagt und bieten den Aktionären 35 Euro je Aktie. Das sind rund zehn Prozent weniger als AMS. Aufsichtsrat und Vorstand empfahlen den Osram-Aktionären, dieses Angebot anzunehmen. Allerdings lehnen es die Allianz-Versicherung als Osram-Großaktionärin und die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) als zu niedrig ab. Die Amerikaner dürften es damit schwer haben, die angepeilten 70 Prozent der Osram-Aktien bis zum Ablauf der Angebotsfrist am 5. September zu erhalten.
Die Osram-Aktie legte am Montagvormittag um zehn Prozent auf knapp 35 Euro zu. Der Elektrokonzern Siemens hatte Osram 2013 für 24 Euro je Aktie an die Börse gebracht, vor zwei Jahren war sie über 70 Euro wert gewesen, im vergangenen Februar noch über 40 Euro. Die AMS-Aktie gab am Montag fast zehn Prozent nach.
Erst einmal abwarten ...
Für die Deutsche Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz (DSW) riet Daniela Bergdolt den Aktionären, erst einmal abzuwarten. Sie könnten sich auf jeden Fall freuen, "dass Osram eine Perle ist, um die sich alle raufen".
Allerdings schreibt Osram seit drei Quartalen rote Zahlen. Besserung ist nicht in Sicht, denn die Autoindustrie als größter Osram-Kunde baut zur Zeit weniger Fahrzeuge und kauft weniger Beleuchtung ein. Auch das Geschäft mit LEDs und Optoelektronik für Smartphones läuft schlechter. Osram hat seine Umsatz- und Gewinnprognose für dieses Jahr schon zwei Mal nach unten korrigiert.
AMS sieht sich nach einer Osram-Übernahme als ein weltweit führender Anbieter von Sensortechnik und Photonik mit fünf Milliarden Euro Umsatz. Fast die Hälfte davon würde im Automobilsektor erwirtschaftet, etwa mit Sensoren für Assistenzsysteme und selbstfahrende Autos. (dpa)
MV