Das kleine Protestcamp inmitten des Waldes an der Tesla-Fabrik lässt sich von der asphaltierten Straße nur vage erkennen. Doch aus den vereinzelten Zelten und Baumhäusern von damals hat sich mittlerweile eine Wald-Siedlung entwickelt. Rund 20 Baumhäuser bieten den Aktivisten in der Nacht Unterschlupf, es gibt Werkstätten, Toiletten, einen Marktplatz und einen Bereich für Kletterübungen.
Die Bewohner protestieren seit rund einem halben Jahr gegen die Tesla-Fabrik in Grünheide bei Berlin. Sie wollen die geplante Werkserweiterung verhindern. Seit dem 27. Februar leben sie nun schon in dem Waldstück - in wechselnder Besetzung.
Aktivisten wollen auch im Winter bleiben
An ihrem Plan lassen die Aktivisten keinen Zweifel. Sie wollen bleiben und den Ausbau des Werks des E-Autobauers verhindern. Aktuell hielten etwa 20 Leute die Stellung in dem Camp, sagte eine Sprecherin der Initiative "Tesla stoppen". Da sich die meisten Aktivisten nicht dauerhaft im Camp aufhielten, stellten sich auch keine Abnutzungserscheinungen oder eine Protest-Müdigkeit ein. Auch den absehbaren Winter wollen die Aktivisten in dem Camp überdauern. "Der Wald ist ja noch leider nicht gerettet", betonte die Sprecherin.
Nachdem zwischenzeitlich sogar eine Räumung des Camps im Raum stand, bewegt sich der Protest in ruhigerem Fahrwasser. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg hatte eine Beschwerde der Polizei zurückgewiesen. Dabei ging es um die Auflagen für das Camp, die unter anderem den Abbau der Baumhäuser vorsahen. Nach turbulenten Aktionstagen im Mai mit einem großen Polizeieinsatz und mehreren Demonstrationszügen plätschert der Protest dort nun ohne größere Vorkommnisse vor sich hin.
Begehungen mit der Versammlungsbehörde und dem Landesbetrieb Forst verliefen meist geräuschlos, teilte das Landesumweltministerium mit. "Eine Verschlechterung der Situation konnte dabei nicht beobachtet werden."
Innenministerium hat Bedenken
Für das Brandenburger Innenministerium ist das Camp immer noch ein Dorn im Auge, und das letzte Wort um die Waldbesetzung noch nicht gesprochen. "Nach wie vor ist die Rechtslage zum Umgang mit Protestcamps, insbesondere mit Baumhäusern in Wäldern, ungeklärt", sagte eine Sprecherin des Ministeriums.
Auch die Gefahr, die von Kampfmitteln im Boden ausgehen könnte, ist für das Ministerium nicht vom Tisch. Die Wahrscheinlichkeit sei "durchaus hoch, im Bereich der Erweiterungsfläche von Tesla auf Kampfmittel zu stoßen", sagte die Sprecherin. "Dass die bisherige Weltkriegsmunition ausschließlich außerhalb des "Camps" aufgefunden wurde, ist lediglich dem Umstand geschuldet, dass dort bislang keine Sondierungsmaßnahmen stattgefunden haben."
Erweiterung ist umstritten
Die Aktivisten wenden sich gegen den geplanten Bau eines Güterbahnhofs und von Logistikflächen, wofür weiterer Wald gerodet werden müsste. Die Bürger von Grünheide hatten sich mehrheitlich gegen eine solche Erweiterung ausgesprochen, danach wurden die Pläne aber abgespeckt: Weniger Wald soll weichen.
Aus dem Brandenburger Wirtschaftsministerium sind Vorbehalte gegen den Waldprotest zu hören. Aktionen wie diese seien "sicherlich nicht förderlich für den ganzen Wirtschaftsstandort Deutschland", sagte eine Sprecherin. "Die Gemeinde hat der neuen Fassung des Bebauungsplanes mit solider Mehrheit zugestimmt. Deshalb hat das Wirtschaftsministerium keine großen Sorgen zurzeit."
Tesla schweigt zum Protest
Der Autobauer hält sich mit Blick auf das Protestcamp zurück. Eine Anfrage zu den Aktivisten ließ das Unternehmen unbeantwortet. Laut den Waldbesetzern besteht zwischen den Aktivisten und dem Unternehmen kein Kontakt.
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Tesla will an den Plänen festhalten, die Produktion mit neuer Fabrik auszubauen und das Gelände zu erweitern. Für den Ausbau wartet das Unternehmen aber auf mehr Tempo beim Absatz. Werksleiter André Thierig sieht den Protest kritisch: "Wir bauen hier Elektroautos, wir sind keine Ölraffinerie oder was auch immer", sagte er der Deutschen Presse-Agentur.
Initiative sieht Tesla als geschwächt an
Die Aktivisten begreifen es auch als ihren Erfolg, dass Tesla beim Ausbau etwas auf die Bremse drückt. Die Sprecherin der Initiative "Tesla stoppen" sieht die Umsatzentwicklung bei Tesla als "klares Zeichen, dass Elon Musk und Tesla von den Menschen nicht mehr als Vorzeigeprojekt wahrgenommen werden". Das Unternehmen sei an einem Punkt, an dem es «gerade etwas geschwächt ist".
Das Wirtschaftsministerium widerspricht dieser Lesart. "Die Ankündigung von Tesla, den Fabrikausbau mit einem insgesamt organischen Wachstum zu verbinden, ist angesichts der aktuellen Marktentwicklung im Automobilsektor nachvollziehbar", machte die Sprecherin klar. Tesla habe sich gegenüber der Landesregierung klar zum Standort Grünheide und der Erweiterung bekannt. "Das zeigen auch die dafür notwendigen und aktuell laufenden Genehmigungsverfahren."
Aktivisten kündigen "heiße Phase" an
Bevor Tesla die Erweiterung des Geländes forcieren kann, muss der Landesforst dem Unternehmen die entsprechenden Flächen verkaufen. "Für den Verkauf der Flächen des Landesbetriebs Forst benötigt es die Zustimmung des Fachausschusses im Landtag", sagte die Sprecherin des Wirtschaftsministeriums. Dann könne der Protest noch einmal aufbranden und in eine "heiße Phase" übergehen, betonte die Sprecherin von "Tesla stoppen".
Im Mai dieses Jahres stürmten mehrere Aktivisten Richtung Fabrik und wollten das Werksgelände stürmen. Die Polizei war mit Wasserwerfern vor Ort und schaffte es letztlich nach eigenen Angaben, das Gelände zu schützen. Sollte der Verkauf absehbar näherrücken, kündigten auch andere Initiativen wieder Demonstrationen und Protest-Aktionen an.