Volkswagen will trotz der Coronavirus-Pandemie dieses Jahr bei der Marke VW noch einen operativen Gewinn einfahren. "Wir sind finanziell weiter robust aufgestellt und streben für das Gesamtjahr ein positives operatives Ergebnis an", sagte Marken-Finanzchef Alexander Seitz am Freitag. "Dazu sind wir bereit, bis an unsere Grenzen zu gehen", sagte er.
Die Wolfsburger haben im ersten Halbjahr einen bereinigten operativen Verlust von 1,5 Milliarden Euro angehäuft, nachdem im Vorjahreszeitraum noch ein positives Ergebnis von 2,3 Milliarden Euro erwirtschaftet worden war. Dabei hatte VW aber die Fixkosten laut Seitz gegenüber dem Vorjahr bereits um eine "halbe Milliarde" Euro gesenkt.
Seit Jahren steht das Sparen bei der Marke ganz oben auf der Tagesordnung, die Kosten beim Unternehmen galten gerade im Vergleich mit anderen Massenherstellern als zu hoch. VW-Konzernchef Herbert Diess war auch deswegen 2015 zunächst nach Wolfsburg zur Marke geholt worden, weil ihm der Ruf als "Kostenkiller" vorauseilte. In einem großen Sparpaket strich VW Zehntausende Arbeitsplätze. Die zunehmende Einführung des Gleichteilebaukastens MQB für die Produktion vieler Modelle schlägt sich allerdings erst nach und nach in den Ergebnissen nieder.
Seitz will nun nicht nachlassen beim Sparen. Die gesenkten Fixkosten seien überwiegend nachhaltiger Natur. Auch im kommenden Jahr will der Manager im ersten halben Jahr die Fixkosten auf ähnlichem oder nur leicht höherem Niveau halten. Das habe man sich intern zum Ziel gesetzt, sagte er.
Im ersten Halbjahr waren wegen des Lockdowns infolge der Pandemie zwischenzeitlich Zehntausende Mitarbeiter in den deutschen Werken wegen stillstehender Bänder für Kurzarbeit angemeldet. Die Autohäuser waren von Mitte März für Wochen geschlossen, verkauft wurde in vielen Weltregionen für lange Zeit kaum ein Auto.
Nach der Sommerpause durchstarten
Nach den diese Woche begonnenen dreiwöchigen Betriebsferien sollen die Geschäfte dann wieder durchstarten, so Seitz weiter. In Europa will die Marke die Produktion wieder auf dem gleichen Niveau wie vor der Krise anfahren.
"Im zweiten Halbjahr erhoffen wir uns Rückenwind, denn unsere Modelloffensive wird ihre volle Kraft entfalten", sagte Seitz. VW bringt unter anderem den wichtigen Elektro-Mittelklassewagen ID.3 an den Start, auch der Golf 8 soll weiter Schub geben. Vertriebschef Jürgen Stackmann sieht zudem große Chancen bei den Plug-in-Hybriden. Durch die staatliche Förderung sei die Nachfrage nach diesen Modellen derzeit auch bei Privat-, aber vor allem bei Gewerbekunden hoch.
Stackmann setzt Hoffnungen insbesondere auf die schnelle Erholung im chinesischen Markt. Im Juli schätzt er das Auslieferungsplus dort auf zwei Prozent gegenüber dem schon starken Vorjahresmonat, als eine Änderung bei Zulassungsrichtlinien für einen Boom sorgte. Weltweit geht VW aktuell noch von einem Auslieferungsminus von sechs Prozent für Juli aus.
In Europa dürfte es langsamer als in China wieder zu normaler Nachfrage kommen, viele Märkte seien aber auf einem guten Weg, sagte Stackmann. In Nordamerika dauert es nach VW-Schätzungen noch länger, am längsten aber in Südamerika. Dort ist vor allem der brasilianische Markt schwer getroffen, auf dem VW traditionell stark ist.
VW-Konzern-Finanzvorstand Frank Witter hatte am Vortag im Rahmen der Konzernzahlen gesagt, so richtig in die Gewinnzone zurückkehren werde die Kernmarke wohl erst im vierten Quartal. Seitz will aber auch im dritten Quartal schon wieder schwarze Zahlen vorweisen. Genauso will die Marke laut Seitz einen Zufluss bei den finanziellen Mitteln präsentieren.
Zur Spitzelaffäre in Wolfsburg wollte Seitz nichts sagen. Das Online-Wirtschaftsmagazin "Business Insider" hatte berichtet, ein VW-Manager sei als Urheber der Audiomitschnitte interner VW-Gespräche enttarnt und beurlaubt worden. Man äußere sich nicht zu dem Vorfall, solange staatsanwaltschaftliche Ermittlungen liefen, sagte Seitz. VW hatte Strafanzeige in dem Fall eingereicht. Am Wochenende war bekanntgeworden, dass ein Unbekannter Gespräche mitgeschnitten hatte, in denen es um den Umgang mit dem unliebsamen ehemaligen Lieferanten Prevent ging, mit dem VW seit Jahren auch rechtlich im Clinch liegt.
Stackmann: "Ich bin noch da"
Stackmann wollte zudem seine persönliche Zukunft bei dem Autobauer nicht kommentieren. Das "Handelsblatt" hatte berichtet, der Manager verlasse das Unternehmen nach der Personalrochade im oberen Management ebenfalls in Kürze. "Ich bin noch da, und mehr gibt es dazu nicht zu sagen", sagte Stackmann. (dpa)