Von Nico Esch, dpa
Es geht eigentlich gar nicht um den Diesel. Das neue Auto hat keinen, vorerst jedenfalls. Und womöglich bekommt es auch nie einen. Trotzdem: Cayenne? Von Porsche? Da war doch was. Und so geht es dann eben irgendwie doch auch wieder um den Diesel, wenn der Autobauer an diesem Dienstagabend in Stuttgart die Weltpremiere seines komplett neu aufgelegten Geländewagens feiert. Denn inzwischen wird am traditionsreichen Stammsitz in Zuffenhausen recht offen darüber diskutiert, Konsequenzen aus der aktuellen Debatte zu ziehen, und auch darüber, sich wieder von der Diesel-Technologie zu verabschieden. Dann bekäme vielleicht schon dieser neue Cayenne, zum Einstieg ohnehin nur als Benziner zu haben, eben nachträglich schon keine Diesel-Variante mehr.
Porsche-Vorstandschef Oliver Blume hatte die Debatte selbst ins Rollen gebracht mit der Aussage, einen endgültigen Abschied vom Diesel in Erwägung zu ziehen. Beschlossen ist nichts, heißt es, auch ein möglicher Zeitplan ist unklar. Ziemlich offensichtlich ist hingegen: Der Autobauer möchte im Diesel-Debakel möglichst nicht allzu lange eine so große Rolle spielen wie zuletzt.
Rund 21.500 Cayenne mit 3-Liter-Diesel-Motor muss Porsche nachbessern - wegen einer aus Sicht des Bundesverkehrsministeriums illegalen Abschalteinrichtung bei der Abgasreinigung. Zudem hat Minister Alexander Dobrindt (CSU) ein Zulassungsverbot für Fahrzeuge mit diesem Motor verhängt. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart ermittelt gegen Mitarbeiter des Autobauers wegen des Verdachts des Betrugs und der strafbaren Werbung. Porsche hat angekündigt, mit den Ermittlern zusammenzuarbeiten. Man selbst habe Unregelmäßigkeiten bei der Motorsteuerungssoftware festgestellt und dem Kraftfahrt-Bundesamt gemeldet.
"Das kratzt natürlich am Image", sagt Branchenexperte Stefan Bratzel von der Fachhochschule Bergisch Gladbach - auch wenn er nicht glaubt, dass allzu viel davon dauerhaft hängenbleiben wird.
Keine große Diesel-Tradition
Der Diesel hat - anders als so ziemlich alles andere - keine große Tradition bei Porsche. Jahrzehntelang gab es ihn gar nicht, bei den klassischen Sportwagen wie dem 911er gibt es ihn bis heute nicht. Weltweit liegt der Diesel-Anteil nach Angaben des Unternehmens aktuell bei 14 Prozent. In Deutschland sind es immerhin etwa 32, aber auch das ist noch deutlich weniger als beispielsweise bei Mercedes, BWM oder VW.
Porsche baut selbst auch keine Diesel-Antriebe. Für den Cayenne nutzt der Autobauer wie beim kleineren Geländewagen Macan und dem Panamera Motoren der anderen VW-Konzerntochter Audi - und holte sich damit "Dieselgate" ins Haus. Betriebsratschef Uwe Hück sprach jüngst von einem "Krebsgeschwür" und "kranken Motoren" und warf Audi Betrug und Lügen vor, sehr zum Ärger des jetzigen VW- und früheren Porsche-Chefs Matthias Müller. "Der Frust scheint recht groß zu sein", glaubt auch Bratzel. Er hält ein Ende des Porsche-Diesels daher auf längere Sicht durchaus für möglich. Der Diesel sei zwar nicht unwichtig für Porsche, aber auch nicht so wichtig wie für andere Hersteller.
"Porsche ist bei weitem nicht so abhängig vom Diesel", sagt auch Willi Diez vom Institut für Automobilwirtschaft in Geislingen. Aber: Trotzdem spiele er eine wichtige Rolle, vor allem in den europäischen Märkten, und ein Verzicht hätte Folgen. "Man würde sich damit einen Wettbewerbsnachteil einhandeln", glaubt Diez. Außerdem sei der neue Motor, der wieder von Audi kommen würde, ja schon ausentwickelt. Ihn dann nicht anzubieten, hielte er für keine gute Idee und obendrein für ein falsches Signal.
Alles klar bis zur IAA?
In gut zwei Wochen kommt Porsche mit dem neuen, intern E3 genannten Cayenne zur Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) in Frankfurt. Möglich, dass Blume sich bis dahin festgelegt hat, wie man in Zuffenhausen künftig zum Diesel steht. Bratzel hält es allerdings für geschickter, das dann nicht gleich an die große Glocke zu hängen, um insbesondere den eigenen Konzern nicht in die Bredouille zu bringen.
"Man braucht den Diesel ja", sagt Bratzel und verweist wie auch Diez auf die Vorgaben zum CO2-Ausstoß, die ohne den in diesem Punkt umweltfreundlicheren Diesel kaum einzuhalten wären. Stiege Porsche aus, gerieten die anderen noch stärker unter Druck. Solch ein Präzedenzfall, sagt Bratzel, wäre nicht hilfreich.