Von Holger Holzer/SP-X
Der Plug-in-Hybrid könnte die Lösung aller Probleme der E-Mobilität sein. Sein Elektromotor sorgt für emissionsfreie Fahrt auf der Kurzstrecke, auf langer Distanz nimmt der Verbrenner den Insassen die Reichweitenangst. Doch der Steckdosen-Hybrid vereint nicht nur das Beste aus zwei Welten, sondern auch die Nachteile der beiden Antriebskonzepte. Nicht nur deswegen steckt er aktuell in einer Krise. Kommt er dort wieder heraus?
Eigentlich hatten es die Autohersteller gut gemeint, als sie vor wenigen Jahren die Plug-in-Hybride als unverzichtbare Brückentechnologie bewarben. Solange nämlich die Batterien für reine E-Autos noch zu teuer seien, um hohe Reichweiten zu ermöglichen, könne der zusätzliche Verbrennungsmotor für die vom Kunden gewohnte und gewünschte Fernreisetauglichkeit sorgen. Eine gute Idee, die aber gleichzeitig bereits das schale Aroma der Kompromisshaftigkeit ausströmte. Denn ein "richtiges" E-Auto, so lässt sich heraushören, ist der Plug-in-Hybrid dann eben doch nicht.
In der Tat kann der Plug-in-Hybrid rein elektrisch fahren und umgeht so beispielsweise künftig mögliche Fahrverbote in Innenstädten. Allerdings ist er nur vergleichsweise kurze Strecken – meist um die 50 Kilometer – elektrisch unterwegs, bevor die kleine Traktionsbatterie leer ist. Der Elektromotor muss dabei zudem noch den Verbrennungsmotor, seine Nebenaggregate und die ganze Mechanik mitschleppen, auf die ein reines E-Mobil verzichten könnte. Entsprechendes gilt umgekehrt für den Verbrennungsmotor, der bei leerem Akku übernimmt.
Allerdings ist ein Plug-in-Hybrid aufgrund seiner deutlich kleineren und damit billigeren Batterie günstiger als es ein vergleichbar großes E-Auto sein könnte. Zudem ist natürlich auch deren Produktion weniger energieintensiv als bei einem großen E-Auto-Akku. Der CO2-Fußabdruck des Fahrzeugs vor dem ersten Kilometer, der vor allem E-Mobile mit großen Batterien in der Gesamtökobilanz belastet, ist also recht klein.
Günstigstes Angebot startet bei rund 30.000 Euro
Schnäppchen sind die Plug-in-Modelle aber auch nicht, preisgünstigstes Angebot ist aktuell die Kompakt-Limousine Hyundai Ioniq PHEV mit rund 30.000 Euro. Die meisten anderen Modelle sind noch deutlich teurer, denn sie basieren auf Luxusautos wie Porsche Panamera, Audi Q7, Mercedes GLE oder Volvo XC90. Der Spargedanke steht bei diesen Modellen nicht im Vordergrund, die Hersteller werben vor allem mit den Extra-PS des E-Motors. Als Öko-Antrieb hat es der Plug-in-Hybrid daher bislang kaum in die öffentliche Wahrnehmung geschafft.
Einem größeren Erfolg der Technik stehen auch weitere Faktoren im Weg. Unter anderem hakt es aktuell ein wenig auf der Angebotsseite. Und zwar nicht nur, weil der überwiegende Teil der Plug-in-Hybriden im obersten Preissegment angesiedelt und deshalb für viele Käufer unerreichbar sind, sondern weil zahlreiche Modelle aktuell auch mit dem passenden Bankkonto gar nicht verfügbar sind, darunter vor allem Autos deutscher Hersteller wie VW Passat GTE, Porsche Panamera Hybrid und Mercedes C-Klasse. Sie werden aktuell schlicht gar nicht gebaut. Für die Lieferengpässe gibt es mehrere Gründe. Der wohl wichtigste: Für die Autos fehlt aktuell in vielen Ländern Europas die staatliche Förderung – und damit auch die Nachfrage von Kundenseite.
Um sich für die Zuschüsse zu qualifizieren, müssen die Autos bestimmte Anforderungen erfüllen, etwa mindestens 50 Kilometer elektrisch zurücklegen können oder nicht mehr als 50 Gramm CO2 pro Kilometer ausstoßen. Was lange Zeit kein Problem war, klappt bei vielen Modellen nun nicht mehr, seit im September das Messverfahren für die CO2-Emissionen verschärft wurde. Die Hersteller hatten ihre Autos so konzipiert, dass sie knapp unter den alten Grenzwerten blieben. Nun jedoch liegen sich knapp über den neuen. Das betrifft zahlreiche Modelle, das Branchenblatt „Automotive News“ berichtet, dass neun der zehn meistverkauften Plug-in-Hybride sich nicht mehr für die europäischen Förderprogramme für sogenannte „Ultra Low Emission“-Modelle qualifizieren.
Die Folge von sinkender Nachfrage und schrumpfendem Angebot: Allein in Deutschland gab es im September ein Minus von 24 Prozent bei den Neuzulassungen von Plug-in-Hybriden. In Großbritannien, dem mit Abstand größten Einzelmarkt in Europa für derartige Modelle gab es ein Minus von 14 Prozent.
Comeback läuft bereits
Das Comeback der Antriebstechnik hat aber im Hintergrund bereits begonnen, die Hersteller arbeiten an aktualisierten Varianten, die die 50-Gramm-Grenze dann wieder unterbieten. Die Lösung heißt dabei: größere Batterien. Denn je weiter das Auto im E-Modus kommt, desto weniger Normstrecke muss es im Benzinbetrieb zurücklegen – und desto weniger CO2 wird ausgestoßen. Skoda etwa hat kürzlich einen Plug-in-Hybridantrieb angekündigt, der 70 Kilometer elektrischer Fahrt ermöglichen soll und wohl auch in Fahrzeugen anderer VW-Konzernmarken eingesetzt werden wird. Mittelfristig dürften die elektrischen Reichweiten gegen 100 Kilometer tendieren. Bis auf die jährliche Urlaubsreise ist dann ein Großteil der Mobilitätsanforderungen potenzieller Kunden emissionsfrei abgedeckt.
Verzichten mag die Autoindustrie auf den Plug-in-Hybriden sowieso nicht. Sein niedriger Normverbrauch und der entsprechend niedrige CO2-Ausstoß sorgen für Entlastung beim CO2-Flottenausstoß, der für die nach 2020 drohenden Strafzahlungen maßgeblich ist. Gerade in der aktuellen Dieselkrise sind die Grenzwerte ohne die Steckdosen-Hybriden kaum einzuhalten. Gerade bei großen Limousinen und SUV bringen anderen Elektrifizierungsansätze wie Mild-Hybrid oder Voll-Hybrid nur wenig Effekte. Spätestens bei den anstehenden Generationswechseln dürften daher auch die aktuell pausierenden Pkw-Modelle wieder mit einem Plug-in-Hybridoption zu haben sein.