Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich enttäuscht von der deutschen Autobranche gezeigt. "Ich bin sauer", sagte die CDU-Chefin am Sonntag in Berlin in der RTL-Fragerunde mit Bürgern "An einem Tisch mit Angela Merkel: Deutschland fragt nach".
Sie sei vier Jahre lang Umweltministerin gewesen. "Ich hab das alles miterlebt, wie die Automobilindustrie zum Teil auch sagt, was sie alles nicht kann, und dass sozusagen hier richtig hintenrum betrogen wurde, dass man einfach die Vorgaben ausgenutzt hat."
Die Autobranche habe einen "nicht zu vernachlässigenden Schaden" riskiert, sagte Merkel. "Das hat sie auch so weit es geht wieder selbst gutzumachen." Nun gehe es darum, Autofahrer vor Fahrverboten zu bewahren, unter anderem durch die geplanten Updates der Motorsoftware bei neueren Diesel-Autos, um die Abgasreinigung zu verbessern.
Mehr Fingerspitzengefühl bei Boni
Merkel verlangt zudem mehr Fingerspitzengefühl bei Bonuszahlungen für Autobosse. "Ich glaube, da sollte doch jetzt sensibler vorgegangen werden als in der Vergangenheit", sagte sie am Montag in einem Interview von Bild.de. In den Aufsichtsräten, die die Boni genehmigen, säßen ja auch Gewerkschaftsvertreter. Zugleich betonte Merkel, es sei "nicht Aufgabe der Politik, die Gehälter festzulegen".
Auf die Frage, ob sie Millionen-Boni für Auto-Manager als gerecht empfinde, obwohl diese ihre Firmen in große Bedrängnis gebracht und Vertrauensbruch gegenüber den Kunden begangen hätten, sagte die Kanzlerin: "Nein, das finde ich nicht gerecht." Sie habe nicht erwartet, dass von der Autoindustrie "die Unklarheiten in den Abgastests in derartiger Weise ausgenutzt wurden. Das ist nicht in Ordnung. Und ich bin darauf auch sauer (...) und sehr verärgert." Zwar werde es vom 1. September an realitätsbezogene Abgastests geben. "Aber der Vertrauensbruch, der bleibt einfach", sagte Merkel.
Im Zuge des Abgasskandals hatte etwa der VW-Aufsichtsrat die Bezüge des Vorstands gedeckelt. So soll der Konzernchef künftig höchstens zehn Millionen Euro im Jahr verdienen, die Vorstandsmitglieder maximal 5,5 Millionen Euro. Die Kriterien für die variable Vergütung, darunter die umstrittenen Boni, waren verschärft worden. Seit Jahren müssen zudem die Vergütungen für die Chefetage in DAX-Konzernen offengelegt werden. (dpa)
Joseph Le Bel
HUB