Von Michael Specht/SP-X
Recht beeindruckend, was Hyundai in den vergangenen 25 Jahren, seit dem die koreanische Marke bei uns Autos verkauft, auf die Räder gestellt hat. Alles begann 1991 mit dem Kleinwagen Pony, dessen Design übrigens wie der Golf I aus der Feder von Giorgetto Giugiaro stammte. Anfangs milde belächelt und nicht ernst genommen, konnte Hyundai im ersten vollen Verkaufsjahr 1992 hierzulande immerhin 21.258 Käufer gewinnen.
Heute ist Hyundai ein Global Player mit einer fast vollständigen Modellpalette, fünf Jahren Garantie und einem anerkannt guten Design, das seit 2013 zum Kaufgrund Nummer eins geworden ist. Hauptverantwortlich dafür zeichnet Ex-Audi-Volkswagen-Mann Peter Schreyer, was sich natürlich auch auf die Verkäufe auswirkt. 2015 setzen die Koreaner bei uns über ihre 480 Händler mehr als 100.000 Neuwagen ab. Der Marktanteil liegt bei 3,4 Prozent. Nach Skoda und Renault ist Hyundai damit Importmarke Nummer drei (und nicht mehr Toyota), belegt als Arbeitgeber unter den Autoimporteuren sogar die Pole Position.
Diese auch beim Umwelt-Image zu belegen, dürfte allerdings schwierig werden. Öko, grün, Hybrid und Hyundai fallen bei Umfragen nicht in einem Satz. Toyota bleibt hier unerreicht. Doch die Koreaner bemühen sich nach Kräften, wollen mittelfristig zweitgrößter Anbieter von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben werden. So hört man es zumindest aus der Konzernzentrale in Seoul.
Ioniq als Elektroauto, Hybrid und Plug-in-Version
Aufgebaut werden soll das neue Image zunächst mit dem Mittelklassemodell Ioniq, das es von Anfang an nicht mehr allein mit konventionellem Verbrennungsmotor geben wird. Dieses Jahr startet der Ioniq als Elektroauto, macht damit dem Nissan Leaf und dem BMW i3 Konkurrenz. Kurz darauf folgt der Ioniq mit einem Hybrid-Antrieb nach Toyota-Prius-Vorlage. 2017 soll dann sogar eine Plug-in-Version hinzukommen, 2019 gar ein neues Brennstoffzellenauto mit eigener Karosserie, das den jetzigen ix35 Fuel Cell ablöst. „Der Ioniq repräsentiert die Zukunft der Marke“, sagt Hyundai Deutschland Geschäftsführer Markus Schrick. Da die alternative Antriebstechnik einem modularen Baukasten folgt, kann man sich leicht ausmalen, dass allein aus Kostengründen mehr auf dem Plan steht. Schrick: "E- und Hybridantriebe bleiben nicht dem Ioniq vorbehalten, sondern werden auf andere Modelle ausgeweitet."
Zum Beispiel auf den Tuscon (Verkaufsanteil derzeit 21 Prozent) und vielleicht sogar auf das darunterliegende Kompakt-SUV, das bei Hyundai für nächstes Jahr auf dem Programmpunkt steht. Denn im Segment des Opel Mokka zeigen die Absatzprognosen weiterhin steil nach oben. Fest steht, das kleine SUV wird nicht ix25 heißen, sondern einen richtigen Namen bekommen. Gut möglich, dass Hyundai sich hierzu wieder einen Ort aus dem amerikanischen Westen herauspickt. Gut möglich auch, dass dem SUV-Ausbau der Nachfolger des Kombis i40 zum Opfer fällt. Im Programm bliebe dann nur die Limousine, die 2017 nochmals ein Facelift erhält, 2019 abgelöst wird und dann unter dem Namen Sonata vermarktet werden dürfte, wie heute schon in den USA.
Modellpflege für i10, Grand Santa Fe und Genesis
Noch in diesem Jahr erhalten der i10, der Grand Santa Fe und die Sportlimousine Genesis ihre Modellpflege. Letztere ist dann auch mit einem Diesel zu bekommen. Mit der neu gegründeten Premiummarke Genesis – das neue Topmodell G90 hatte sein Debüt im Januar in Detroit – hält sich Hyundai im Vergleich zu den USA in Europa allerdings noch zurück. Während man in Amerika sechs Modelle anbieten will, werden Kunden in der Alten Welt vorerst selbst Importeur spielen müssen, um in den Genuss der koreanischen S-Klasse G90 zu kommen. Erst 2018, wenn die kürzlich in New York präsentierte Studie G70 als Serienversion zu den US-Händlern rollt, will man entscheiden, wie es in Europa um die Positionierung seiner Premium-Tochter steht. Lexus und Infiniti sind hier das beste Beispiel, wie heikel die Sache ist. Beide Marken fahren aus ihren Nischen seit Jahren nicht heraus.
Im Herbst in Paris wird Hyundai den nächsten i30 vorstellen, der Anfang 2017 in den Markt geht. Die Einstiegsmotorisierung bildet dann ebenfalls der neu entwickelte 1.0-Liter-Dreizylinder-Turbobenziner, wie er kürzlich im i20 vorgestellt wurde und dort einen prima Eindruck hinterließ. Er löst den 1,2-Liter-Vierzylinder ab, hat 28 Prozent mehr Drehmoment und verbraucht 22 Prozent weniger. Entwickelt wurde der Motor bei Hyundai Europe in Rüsselsheim.
Ende 2017 folgt dann der i30 Kombi. Einen Dreitürer soll es angeblich nicht mehr geben, stattdessen aber eine sportlich anmutende Fließheckvariante. Apropos Sport: Seitdem Albert Biermann von der BMW M GmbH zu Hyundai gewechselt ist, geht es auch in Korea in Sachen Performance voran. 2018 sollen in Europa unter der Sub-Marke N die ersten Power-Hyundai an den Start gehen. Das N krönt jeweils das stärkste Modell der jeweiligen Baureihe. Könnte gut möglich sein, dass bald darauf auch ein eigener N-Sportwagen die Branche staunen lässt. Denn etwa zeitgleich steht der Ruhestand für Designchef Peter Schreyer an. Sein Wunsch, so hat er mal verlauten lassen, ist es, sich mit dem Entwurf eines rassigen Sportwagens aus dem Berufsleben zu verabschieden.