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Magna-Wintertest: Mit dem stillen Riesen aufs Glatteis

10.03.2022 08:46 Uhr | Lesezeit: 5 min
Zulieferer Magna hat gerade seine neuesten Ideen vorgestellt, darunter das System "Etelligent Command".
© Foto: Magna

Zulieferer sind die stillen Riesen der Autobranche. Ohne sie sind kostspielige Neuentwicklungen kaum mehr möglich. Einer der größten Player ist Magna. Mit den Österreichern sind wir aufs Eis gegangen.

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Wer unseren Autos mal genauer unter den glitzernden Blech-Pelz schaut, trifft dort immer wieder auf die gleichen Namen: Bosch, ZF, Continental und Magna. Das glorreiche Quartett der größten Zulieferer teilt den globalen Automobilmarkt nahezu unter sich auf. Zwar gibt es noch jede Menge weiterer namhafter Zulieferer wie Denso, Faurecia oder Valeo, aber von Umsatz und Kundenstamm sind diese vier die stillen Riesen der Branche.

Zulieferer gewinnen stetig an Bedeutung. Wegen der extrem hohen Kosten der immer komplexer werdenden Komponenten und Systeme, lagern Hersteller zunehmend die Entwicklungen aus oder arbeiteten eng mit den Zulieferern zusammen. Schätzungsweise nur noch rund 50 Prozent der Entwicklungsarbeit wird "im Haus" erledigt.

Aktuelle Nummer vier im Zuliefer-Ranking ist der kanadisch-österreichische Multikonzern Magna mit Hauptsitz in Aurora/Kanada, die Europazentrale liegt in Wien. Mit weltweit fast 160.000 Mitarbeitern, 343 Produktionsstandorten und einem Jahresumsatz von 36,2 Milliarden Dollar (Stand 2021), zählt die Magna Corporate zu den Big Playern. Und ist zudem der einzige Zulieferer weltweit, der Engineering, Entwicklung und Produktion aus einer Hand liefert.

Elektrifizierung der Antriebe

Mit seiner langjährigen Expertise, speziell auf dem Gebiet des Allradantriebs, der bis zum robusten Geländefloh Steyr-Puch Haflinger aus den frühen 60er Jahren zurückreicht, konzentriert sich die Abteilung Magna Powertrain heute vornehmlich auf die Elektrifizierung der Antriebe und bieten maßgeschneiderte Systeme für ihre Kunden in der Industrie an. Gerade in der rasanten Weiterentwicklung von Elektromotoren und deren Steuerung über digitale Superhirne liegt noch enormes Potential, was Sicherheit, Effizienz und Dynamik angeht. Das Ziel ist die komplette, integrierte und intelligente Vernetzung aller Systeme mit den Komponenten des E-Antriebs. Magna Entwicklungsleiter Prof. Dr. Andreas Doctor ist manchmal selbst erstaunt: "Wir lernen noch jeden Tag dazu."

Einige ihrer neuesten Ideen haben uns die Tüftler aus Graz jetzt auf dem dicken Eis im schwedischen Arjeplog, rund 50 Kilometer vom Polarkreis entfernt, vorgestellt. Darunter das System "Etelligent Command", das den Antrieb des Plug-in-Hybrids "komplett neu denkt", wie Andreas Doctor sagt. Statt vom Verbrenner ausgehend wie bisher, auf den ein E-Motor aufgesattelt wird, geht Command den umgekehrten Weg. Im Mittelpunkt der Entwicklung steht der E-Antrieb. Der Dreizylinder-Benziner dient hier vornehmlich als Range Extender zum Laden der Batterie und damit zur Verlängerung der rein elektrischen Reichweite (bis 110 Kilometer). Wird kurzfristig mehr Power benötigt, kann er die Fuhre aber auch direkt vehement mit anschieben. Ziel ist es, dem PHEV vom Fahrgefühl her möglichst nah an ein Vollelektro-Auto zu bringen. Die komplexe Regelelektronik und die quasi ohne Zeitverlust ansprechenden Elektromotoren verteilen dabei, im Gegensatz zu mechanischen Systemen, die massiven Drehmomente extrem variabel und in Millisekunden an die einzelnen Räder. Leistung ist immer vorhanden, aus dem Stand abrufbar.


Magna Wintertest

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Höhere Effizienz

Magna verspricht im Vergleich zu früheren Antrieben eine um bis zu 38 Prozent höhere Effizienz. Dafür koppelt sich der 120 kW / 163 PS starke Frontmotor, zum Beispiel bei gleichmäßigen Autobahnfahrten, schon mal komplett vom Antrieb ab, wenn er nicht gebraucht und minimiert die sogenannten Schleppverluste. Für Sicherheit und Dynamik ist unter anderem das integrierte "Torque-Vectoring" an der von einem 160 kW / 218 PS starken E-Motor angetriebenen Hinterachse zuständig. Je nach Fahrprogramm erkennt es Traktionsverluste oder ein Ausbrechen des Hecks schon im Ansatz und leitet die Kräfte entsprechend um. Im Sportmodus wiederum erlaubt es herrliche Driftwinkel und greift so sanft regelnd ein, dass sich selbst mäßig begabte Piloten auf Eis und Schnee wie Walter Röhrl auf der Monte fühlen. Mit nur leichten Lenkkorrekturen sind YouTube-reife Querfahrten möglich.

So überzeugend das Command-System heute schon funktioniert, vor 2025 wird es nicht serienreif sein. Bis zum prognostizierten Ende des Verbrenners 2035 bleibt potentiellen Kunden aus der Industrie dann nur noch wenig Zeit, die hohen Entwicklungskosten zu amortisieren.

Konkrete Chancen es in die Serie zu schaffen, hat hingegen das System "Etelligent Reach", ausgelegt für reine Stromer mit zwei E-Motoren. Über die von der Software kontrollierte, intelligente Steuerung der beiden Antriebe, je nachdem, wie sie gerade gebraucht werden, soll der Antrieb im Vergleich zu bestehenden Systemen neun Prozent effizienter sein. Weitere sieben Prozent holt Magna über die Weiterentwicklung der E-Motoren raus. Macht 16 Prozent. Konkret im Falle des Technikträgers Jaguar I-Pace heißt das 615 Kilometer Reichweite statt 415. Ab November wird "Etelligent Reach" an Bord des neuen Fisker SUV Ocean - gebaut bei Magna in Graz - seine Serienpremiere geben. Noch nicht in das System integriert sein wird dann die neue Magna-Innovation "brake by wire", das selektives Bremsen ermöglicht. Ausgehend von der Studie, dass über 90 Prozent der Bremsvorgänge im Alltag unnötig sind, ist dieses System so programmiert, dass so wenig wie irgend möglich verzögert wird, und so die Antriebsenergie aus dem Auto nimmt. Neben der Sicherheit soll die Effizienz profitieren, also noch einmal zusätzliche Reichweite generiert werden. Klingt ganz so, als lasse sich die Zukunft des E-Antriebs nicht mehr ausbremsen.

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