-- Anzeige --

Kritik an Tierversuchen: VW beurlaubt Cheflobbyisten Steg

30.01.2018 11:28 Uhr
Nach Bekanntwerden von Diesel-Abgastests an Affen gibt sich Volkswagen reumütig.
© Foto: picture alliance / Silas Stein/dpa

Die Empörung ist groß nach den Abgastests an Affen – jetzt gibt sich Volkswagen reumütig. Künftig will der Konzern auf Tierversuche verzichten und zieht erste personelle Konsequenzen. BMW und Daimler halten sich dagegen zurück.

-- Anzeige --

Von Thomas Strünkelnberg, dpa

Die Debatte um umstrittene Abgastests an Affen hat erste personelle Folgen bei Volkswagen: Cheflobbyist Thomas Steg wurde beurlaubt. Der Vorstand habe ein entsprechendes Angebot des Generalbevollmächtigten für Konzern-Außenbeziehungen und Nachhaltigkeit angenommen, teilte VW am Dienstag in Wolfsburg mit. Ein BMW-Sprecher sagte zu massiver Kritik an den Tierversuchen: "Wir haben umgehend interne Untersuchungen begonnen, die dauern an."

Die EU-Kommission erwartet nach den Enthüllungen zu Diesel-Abgastests am Affen rasche Aufklärung. Volkswagen kündigte an, auf Tierversuche verzichten zu wollen. Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch erklärte: "Das Präsidium des Aufsichtsrats wird sich in der kommenden Woche über den Stand der Untersuchungen informieren lassen. Wir werden sicherstellen, dass sich derartige Vorgänge nicht wiederholen."

Steg wird nach VW-Angaben bis zur vollständigen Aufklärung der Vorgänge von seinen Aufgaben entbunden. "Wir sind dabei, die Arbeit der 2017 aufgelösten EUGT genau zu untersuchen und alle nötigen Konsequenzen daraus zu ziehen", betonte Vorstandschef Matthias Müller der Mitteilung zufolge. "Herr Steg hat erklärt, die volle Verantwortung zu übernehmen. Dies respektiere ich."

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil, der auch im VW-Aufsichtsrat sitzt, stellte "eine Welle der Empörung" nach den Meldungen über Tierversuche fest: "Es ist deswegen richtig, dass der VW-Vorstand im Zusammenhang mit der vollständigen Aufklärung der Vorgänge auch prüft, wer für die Beauftragung der Studie verantwortlich war." Vor diesem Hintergrund halte er die Beurlaubung Stegs für "folgerichtig und unausweichlich".

Wissenschaftler als Interessensvertreter

Die Autoindustrie hatte Wissenschaftler eingespannt, die mit der von BMW, Daimler, VW und Bosch gegründeten Lobbyorganisation EUGT – der "Europäischen Forschungsvereinigung für Umwelt und Gesundheit im Transportsektor" – Gesundheitsgefahren von Dieselabgasen verharmlost haben sollen. Dabei waren auch Affen mehreren Tests ausgesetzt. Darüber hinaus förderte die Initiative eine Studie der Universität Aachen zur Stickstoffdioxid-Belastung am Arbeitsplatz – Probanden waren 25 Menschen.

Der Vorsitzende des Deutschen Ethikrates sorgt sich daher um den Imageschaden für seriöse Forschungsarbeit. "Dass die Forschung durch die Autoindustrie gesponsert worden ist, kann auch das Vertrauen in die Forschung untergraben", sagte Peter Dabrock dem Sender hr-info.

Kurz vor dem Bekanntwerden der Beurlaubung hatte Steg der "Bild"-Zeitung gesagt, Volkswagen lasse prüfen, was nach den Versuchen mit den Affen geschehen sei, in welchem Zustand sie übergeben wurden und wie es ihnen heute gehe. Konzernchef Müller hatte die Versuche als inakzeptabel bezeichnet. Betriebsratschef Bernd Osterloh forderte erneut vom Vorstand vollständige Aufklärung und personelle Konsequenzen – ohne Ansehen von Personen.

"Bauernopfer aus dem Handbuch der Krisen-PR"

Volkswagen gab bekannt, dass Jens Hanefeld – verantwortlich für internationale und europäische Politik – kommissarisch Stegs Aufgaben übernimmt. Greenpeace-Verkehrsexperte Tobias Austrup nannte Steg ein "Bauernopfer aus dem Handbuch der Krisen-PR. Die eigentlichen Opfer einer Autoindustrie, die alle ethischen Ansprüche beerdigt hat, sind Millionen Stadtbewohner an Hauptverkehrsstraßen". Die Verantwortung dafür gab er der "betrügerischen Autoindustrie und einer tatenlosen Bundesregierung".

Steg wurde 2012 Generalbevollmächtigter des VW-Konzerns für Außen- und Regierungsbeziehungen – der Posten ist zwischen den Prokuristen und der Vorstandsebene angesiedelt. Er sollte für VW vor allem seine guten Kontakte in die Politik nutzen. Steg war von 2002 bis 2009 stellvertretender Sprecher der Bundesregierung.

Die Kritik aus der Politik an den Abgastests hält an. Justizminister Heiko Maas (SPD) sagte der "Passauer Neuen Presse": "Was da berichtet wird, ist einfach schockierend. Wer solche Tests in Auftrag gibt, scheint jeglichen Maßstab verloren zu haben."

Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) nannte die Versuche "verantwortungslos". Sie erinnerte in Brüssel an die Vorwürfe der vergangenen zwei Jahre gegen die Autoindustrie –- von betrügerischer Software über ungeklärte Kartellabsprachen bis hin zu den "unethischen Versuchen". Im Ergebnis bedeute dies: "Es könnte eigentlich niemand, der der Automobilindustrie bewusst schaden will, so viel Schaden anrichten, wie die es selber machen."

Die Grünen im Bundestag forderten, die Bundesregierung müsse schnell Antworten darauf geben, seit wann sie von den Affen-Versuchen wusste und ob öffentliche Gelder an die EUGT gezahlt wurden, um diese "menschen- und tierverachtenden Methoden" zu finanzieren.

-- Anzeige --
-- Anzeige --

HASHTAG


#Abgas-Skandal

-- Anzeige --

MEISTGELESEN


-- Anzeige --

STELLENANGEBOTE


-- Anzeige --

KOMMENTARE


Roger

30.01.2018 - 15:17 Uhr

Bei dem VW-Konzern müsste man die komplette Geschäftsführung freisetzen sowie die Staatsanleihen rausnehmen.... Wie kann ein Konzern so die Menschheit verarschen...


Otto

30.01.2018 - 15:28 Uhr

Bin sehr gespannt wer noch beim VW Konzern seinen Hut nehmen muss.Die Führungsmannschaft sollte geschlossen abtreten. VW rennt von einem Skandal zum Anderen. Die Gier des Menschen steht in seinen Augen.


Müller

30.01.2018 - 18:08 Uhr

Egal, die fallen alle sackeweich bei VW. Die Politikerfloskeln gehen einem mittlerweile extrem auf die E...r. Nur Sprüche keine Taten.


Das Gewissen

30.01.2018 - 20:42 Uhr

Wieviel %. Hält das Land Niedersachsen? Wer sitzt für diese Anteile im Aufsichtsrat? Was können die sich noch alles erlauben? Geben Millionen für diese Forschung aus und genehmigt hat es der Pförtner? Wer glaubt denn das? Wie dumm muss man sein zu glauben dass der Verbraucher das glaubt? Wann bitte rollen hier die richtigen Köpfe?


SAGEN SIE UNS IHRE MEINUNG

Die qualifizierte Meinung unserer Leser zu allen Branchenthemen ist ausdrücklich erwünscht. Bitte achten Sie bei Ihren Kommentaren auf die Netiquette, um allen Teilnehmern eine angenehme Kommunikation zu ermöglichen. Vielen Dank!

-- Anzeige --

WEITERLESEN




NEWSLETTER

Newsletter abonnieren und keine Branchen-News mehr verpassen.


Auto News für die Automobilbranche: AUTOHAUS ist eine unabhängige Abo-Fachzeitschrift für die Automobilbranche und ein tagesaktuelles B2B-Online-Portal. AUTOHAUS bietet Auto News, Wirtschaftsnachrichten, Kommentare, Bilder und Videos zu Automodellen, Automarken und Autoherstellern, Automobilhandel und Werkstätten sowie Branchendienstleistern für die gesamte Automobilbranche. Neben den Auto News gibt es auch Interviews, Hintergrundberichte, Marktdaten und Zulassungszahlen, Analysen, Management-Informationen sowie Beiträge aus den Themenbereichen Steuern, Finanzen und Recht. AUTOHAUS bietet Auto News für die Automobilbranche.