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Jubiläum: 70 Jahre Citroën-Modelle mit Hydropneumatik

18.11.2024 09:46 Uhr | Lesezeit: 2 min
Wankelmotor und Hydropneumatik – Der kompakte Citroën M 35 testete 1969 neue Technologien.
© Foto: Citroen

Kann Komfort Leben retten? Nach einem missglückten Anschlag auf Frankreichs Staatspräsident Charles de Gaulle in einem Citroën DS kam dieser Mythos auf – und Citroëns hydropneumatische Federung wurde legendär. Erstmals in Serie ging die Hydropneumatik vor 70 Jahren im Traction Avant, später folgten SM, CX bis C6

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Es sind ikonische Designs und kreative Ideen für neuartigen Fahrkomfort, die Citroën weltweit zum Inbegriff automobiler Avantgarde machten. Schon der billige und simpel gebaute Kleinwagen Citroën 2 CV verblüffte im Nachkriegs-Frankreich mit federweichem Fahrkomfort, die eigentliche Sensation folgte aber 1954: Hydropneumatik hieß die neue Fahrwerkstechnologie, bei der ein hydraulisches System über Membrane auf vier stickstoffgefüllte Federkugel-Druckspeicher wirkte und so Fahrkomfort ähnlich einem "fliegenden Teppich" bot, wie Motorjournalisten damals kommentierten. Ihre Premiere feierte die Hydropneumatik an der Hinterachse des Citroën Traction Avant 15-Six-H, der dank solch bahnbrechender Innovationen und mit skulpturalem Design als einziger Vorkriegstyp jüngeren Konkurrenten von Mercedes (220), Renault (Frégate) oder Opel überlegen war.

Ein Jahr später wurde der als "La reine de la route" (Die Königin der Straße) beworbene Traction Avant von einer Göttin beerbt: Der futuristische Citroën DS, auf Französisch Déesse ("Göttin") gesprochen, beeindruckte mit Hydropneumatik an allen vier Rädern und dem vermeintlichen Talent eines Bodyguards. Als es im August 1962 zu einem Attentat auf Frankreichs Staatspräsident Charles de Gaulle kam, konnte der Chauffeur die DS trotz eines zerschossenen Reifens auf sicheres Terrain fahren. Wahrscheinlich wäre dies auch ohne Hydropneumatik gelungen, aber das DS-Fahrwerk war nun endgültig Kult und gab seine Gene an viele folgende Citroën vom SM bis zum C5 und C6.

Hydropneumatik-Federung von Citroen: Von Herstellern inspiriert

Auch andere Hersteller wie Rolls-Royce und Mercedes-Benz inspirierte die Hydropneumatik-Federung von Citroën anfangs, aber im Jahr 2017 nutzten alle Online-Petitionen und Proteste der Fans nichts: Die Marke im Zeichen des Doppelwinkels verabschiedete sich von ihrem legendären, inzwischen elektronisch gesteuerten Garanten für glattgebügelte Straßen. Zuletzt gab es die Hydropneumatik nur noch im Mittelklassemodell Citroën C5, allerdings hatten die Franzosen schon für ihre 2015 gegründete Premiummarke DS Automobiles eine andere adaptive Fahrwerksregelung angekündigt.

Bereits im vom Staatspräsidenten Emmanuel Macron genutzten DS 7 arbeitete die neue Technologie, bei der eine Kamera die Fahrbahn-Beschaffenheit scannt und je nach Situation die Dämpfer vorkonditioniert. Kein Vergleich zu den insgesamt fast zehn Millionen gebauten Fahrzeugen mit Hydropneumatik, monierte die Citroën-Community. Was das Faszinationspotential der Hydropneumatik-Fahrzeuge betrifft, stimmt diese Einschätzung, wie ein Blick in den Rückspiegel zeigt.


70 Jahre Citroën-Modelle mit Hydropneumatik

70 Jahre Citroen-Modelle Bildergalerie

Es ging aufwärts im Frankreich des Jahres 1954, das zeigte die hohe Nachfrage nach Volksautos à la Renault 4 CV oder dem Citroën 2 CV, aber auch das Florieren repräsentativer Flaggschiffmodelle etwa von Ford France oder Facel-Vega. Gefragt waren extravagante Designs und Komfort – und mit dieser Kombination reüssierte sogar noch der seit 20 Jahren gebaute Citroën Traction Avant. Denn bei Citroën erkannten sie im Gegensatz zum Erzrivalen Renault – der mit dem neuen, aber zu biederen Flaggschiffmodell Frégate scheiterte – wie die Lust auf luxuriösen Komfort befriedigt werden konnte: Der Traction Avant 15-Six-H überzeugte mit einem Sechszylinder und hydropneumatisch gefederter Hinterachse, einer Erfindung des Ingenieurs Paul Magès.

Diesen Fahrkomfort-Fortschritt gegenüber konventionellen Stahlfederungen goutierte auch der Élysée-Palast, wo nun vor allem Citroën die präsidialen Staatskarossen stellte. Der Aufstieg auch in die Liga der größten Importeure in Deutschland begann aber erst mit der 1955 vorgestellten, avantgardistischen DS Limousine, die bald auch als Kombi Break bzw. Familiale sowie als Cabriolet angeboten wurde. "20 Jahre voraus", sei der Citroën DS technisch gewesen, resümierte sogar Renault anerkennend in seinem 1998 publizierten Buch "Das Renault Jahrhundert".

1970: Extravaganz in der Oberklasse 

Vor allem im Komfort deklassierte die "Göttin" die versammelte Konkurrenz, die ausgeklügelte hydropneumatische Federung machte es möglich. Dazu nutzte das System eine Hochdruckpumpe, die über fast 35 Meter lange Hydraulikleitungen vier stickstoffgefüllte Federkugel-Druckspeicher, aber auch Bremsen und Lenkung versorgte. Mit Start des Fahrzeugmotors baute die Pumpe Druck im System auf, der Stickstoff in den Kugeln komprimierte und das Auto hob sich an. Wie eine Broschüre aus den 1960ern erläuterte, betrug die Bodenfreiheit des Citroën DS in Fahrstellung 135 Millimeter, abgesenkt nur 67 Millimeter, in Maximalstellung 250 Millimeter – für Pkw einzigartig. Zur Not konnte La Désse auch auf drei Rädern das Gleichgewicht beim Fahren halten, wie Citroën in der Werbung herausstellte. Schon am Tag der Vorstellung des DS 19, dem 5. Oktober 1955, gingen mehr als 12.000 Bestellungen ein. Dieser Erfolg setzte sich 20 Jahre fort, insgesamt wurden über 1,4 Millionen DS gebaut.

Extravaganz in der Oberklasse versprach 1970 der Citroën SM mit Maserati-Motor, selbstredend, dass die Grande Nation auch diesen schnellen Hydropneumatik-Gleiter als präsidiales Repräsentationsfahrzeug einsetzte. Hydropneumatisches Fahren in der unteren Mittelklasse, damit punktete 1970 der ultramoderne Citroën GS, den mutige Avantgardisten kurzzeitig sogar mit Wankelmotor ordern konnten – obwohl der nur 267 mal verkaufte Wankel-Pionier Citroën M 35 bereits 1969 die Schwächen dieses alternativen Antriebs gezeigt hatte. Ganz anders der 1974 lancierte Citroën CX als Nachfolger der Désse: Dieses stromlinienförmige Citroën-Flaggschiff gewann als Limousine und Kombi mit hydropneumatischer Federung in 17 Jahren rund 1,2 Million Käufer: Familien und Industrie-Vorstände ebenso wie Staatsführer, aber auch Künstler wie Götz George alias Kult-TV-Kommissar Horst Schimanski.

Citroen: Genug Kreativität

Mangel an Kreativität konnte man der Marke aus Paris nie vorwerfen. So folgte auf den Citroën GS im Jahr 1982 der kantige, von Stardesigner Marcello Gandini gezeichnete und in 2,3 Millionen Einheiten verkaufte Citroën BX, ehe 1993 der Citroën Xantia mit Hydractive-Fahrwerk und elektronisch justierbarer Feder- und Dämpfungseinstellung in der Mittelklasse für Aufsehen sorgte. Ganz neu war die Hydractive-Technologie da allerdings nicht mehr, hatte doch bereits 1989 der große Citroën XM als weltweit erster Serien-Pkw mit elektronisch gesteuertem Fahrwerk für einen medialen Hype gesorgt. Ein Revival der goldenen 1930er Jahre, als Frankreich den globalen Luxusmarkt dominierte, versuchte Citroën ab 2005 mit dem elitären C6.

Diese Limousine kombinierte das hydropneumatische Fahrerlebnis von DS und CX mit dem erlesenen Chic, wie er sonst Marken á la Mauboussin oder Louis Vuitton auszeichnete. Eine gescheiterte Mission. Der C6 blieb von den Kunden ebenso unverstanden wie heute der DS 9 – letzterer aber bereits ohne Hydropneumatik. "Schweben wie Gott in Frankreich", das ist Vergangenheit. Heute, im säkularen Zeitalter, definiert Citroën Komfort anders, und die Erfolgskurve günstig eingepreister Modelle scheint der Budget-Marke im Stellantis-Konzern recht zu geben.


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KOMMENTARE


Peter Rabeneck

19.11.2024 - 12:44 Uhr

Vielen Dan für Ihren Artikel, der einem Citroen-Fan das Herz höher schlagen lässt. Nur Ihr Fazit kann ich nicht teilen. Ja der C6 war kein Erfolg. Die Gründe sind einfach nachzuvollziehen. Die Stichworte heißen: Wartung, Qualität, Zuladung und Vertrieb. 4 Dinge die von dem Vorstand einfach in das Lasterhaft aufgenommen hätten werden müssen. Auf der Messe erregte der Wagen große Begeisterung (Ich war selber dort). Zum Vertrieb - Es ist als ob eine Katze nur Ihren eigenen Schwanz jagt, anstatt die Mäuse auf dem Feld. Wieso? Ob Renault, Citroen, Opel usw. Viele Marken hatten in der Vergangenheit große Autos gebaut, doch dann kam der Controller, der Aktionär, der Vorstand und die exklusiven Zugpferde wurden zu Gunsten der Masse geopfert, ohne die Zusammenhänge zu erkennen. Später fiel der Marketing Abteilung auf, dass sie doch wieder ein Zugpferd brauchen um die Massenware zu verkaufen, also wurde z.B. der C6 geboren. Nur inzwischen waren die CX/XM Kunden abgewandert. Den Jahrelang wurde kein Nachfolger angeboten (Streitigkeiten zwischen Citroen und Peugeot - schon damals). Hinzu kam, einige der erfolgreichen CX und XM Händler, weil zu unbequem und ohne Showroom waren nicht mehr da, weil gekündigt. Plötzlich gab es keinen mehr im Verkauf, der die Kontakte hatte zur Käuferschicht eines C6. Und die Werbung? Sie wird klein und kostengünstig gehalten. Sonst bleibt für den Vorstand und die Aktionäre zu wenig. Deswegen ist der C6 untergegangen. Nachfrage entsteht durch Engagement und Qualität. Siehe den run auf SUV - keiner braucht sie und sie werden inzwischen massenhaft gekauft. War das von Anfang an so? Nein. Hinzu kommt wenn eine Marke wie DS alle 12 Monate die Vertriebsleitung wechselt und mit CI Maßnahmen die der Handel zahlen muss, den Markt kaufen möchte, ohne das richtige Personal dafür zu haben oder dem Fahrzeug ein Alleinstellungsmerkmal, wie es die Hydropneumatik darstellte mitzugeben, kann ein solches Projekt nur scheitern. Es gibt - sorry gab - auch positive Beispiele! Audi, vom Klopapier-Hutablagentransporter zum High-Tec Wagen. Warum gab? Der VW-Konzern, ist mit seinem Vorstand, der meines Erachtens ein wenig zu sehr Selfish ist und dem Fokus auf die Dividende und sich selber hat zum scheitern verurteilt. Siehe Ausflug nach Schweden bei gleichzeitiger Bekanntmachung Werke schließen zu wollen! Und jetzt wird die ganze Branche TOD geredet bei einem Milliarden Gewinn und Kosten auf Vorstandsebene, die zum Himmel gewachsen sind. Doch das ist ein anderes Thema. Zurück zu Stellantis - Ich bitte als alter Automobilexperte um Entschuldigung. Ich muss um keine Aufträge mehr betteln und kann mir erlauben das zu sagen was jeder still denkt: "Wenn sich mehrere Einäugige treffen wird daraus noch langer kein Sehender!" Auch wenn es die Zahlen erstmal so darstellen, wenn der große Vorstand geht, auch mit einem absurden hohen Millionen Gehalt, wird hinter ihm alles zusammen brechen. Und die Erfolgskurve günstig eingepreister Modelle, den Konzern schwer zu schaffen machen.


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