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Fiat Chrysler: Marchionnes verzweifelte Brautschau

09.07.2015 11:00 Uhr
Fiat Chrysler: Marchionnes verzweifelte Brautschau
FCA-Boss Sergio Marchionne stellt sich als Heiler einer kränkelnden Branche dar.
© Foto: picture alliance / AP Photo

FCA-Chef Sergio Marchionne sucht nach Fusionspartnern. Zuletzt buhlte er in ungewöhnlicher Offenheit um seinen Wunschkandidaten GM. Die Avancen trafen aber nicht auf Gegenliebe. Was nun?

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Von Hannes Breustedt, dpa

Ein Mann, eine Mission: Sergio Marchionne, Chef des transatlantischen Autoriesen Fiat Chrysler FCA, will den Konzern verkuppeln – dabei nehmen seine Anbandlungsversuche zunehmend manische Züge an. Beim großen Wettbewerber General Motors (GM) fiel der Italo-Kanadier zuletzt regelrecht mit der Tür ins Haus, blitzte aber ab. Auch sonst scheint sein Werben bislang vergeblich. Dabei meint es Marchionne angeblich nur gut – er stellt sich als Heiler einer kränkelnden Branche dar. Was führt er wirklich im Schilde?

Es stimmt – der Druck auf die Hersteller steigt: Autobauen wird teurer, und das Wachstum dürfte abflauen. Bei Trends wie autonomem Fahren oder Elektroantrieb mitzuhalten, und zugleich die regulatorischen Vorschriften einzuhalten, kostet viel Geld. "Das Geschäftsmodell der Zukunft erfordert hohe Investitionen", sagt Stefano Aversa vom Beratungshaus AlixPartners. Massenhersteller wie FCA müssten neue Wege finden, um das bezahlen zu können.

Das weiß auch Marchionne. Und mit Fusionen, die häufig kostensenkend wirken, hat er gute Erfahrungen gemacht. Mit Fiat war er nach der Finanzkrise beim angeschlagenen US-Rivalen Chrysler eingestiegen, hatte die Anteile über Jahre ausgebaut und ihn im vergangenen Herbst komplett geschluckt. Bislang gilt die Hochzeit als erfolgreich und stellt damit eine Ausnahme in der von Megaflops wie dem gescheiterten Zusammenschluss von Daimler und Chrysler traumatisierten Branche dar.

Konsolidierung als letzter Ausweg

Dass der 63-Jährige, der den FCA-Chefposten 2018 abgeben möchte, sich für Fusionen und Übernahmen begeistert, ist bekannt. Dennoch war die Deutlichkeit überraschend, mit der er dieses Anliegen zuletzt vorantrieb. Er forderte GM-Chefin Mary Barra mehr oder weniger öffentlich zum Zusammenschluss auf und machte mit einer Power-Point-Präsentation Schlagzeilen, die Konsolidierung als letzten Ausweg der gebeutelten Branche darstellt. Das offene Vorgehen ist ungewöhnlich, normalerweise findet sowas diskret statt.

Als Insider wolle er seinen Beitrag zur "Heilung" der am Kostendruck krankenden Autoindustrie beisteuern, betonte Marchionne aufopferungsvoll. Auch wenn der Top-Manager als geschickter Stratege gilt, den man nicht unterschätzen sollte, sorgte seine aktuelle Kampagne für einige Verwunderung. Analysten waren schnell mit Kritik zur Stelle und stuften den Vorstoß als durchsichtiges Manöver aus Mangel an Optionen und Alternativen ein.

"Fiat Chrysler verdient wenig Geld und hat die schlechteste Bilanz in der Branche", kommentierte Max Warburton vom Analysehaus Bernstein Research. Marchionne habe derzeit nicht viel außer seinem eigenen Renommee, womit er punkten könne. "Der Konzern ist fundamental überbewertet", so Warburtons vernichtendes Urteil. Das ist schon etwas hart, denn FCA konnte zuletzt durchaus auch Erfolge vorweisen.

Türöffner für Tech-Riesen

So boomt dank Verkaufsschlagern wie Ram-Pickup-Trucks oder Jeep-Geländewagen von Chrysler der Absatz im US-Markt. Aber die Gewinnmargen sind deutlich magerer als bei Ford oder GM. Zudem droht FCA bei Entwicklungen wie Elektroautos ins Hintertreffen zu geraten. Es kommt nicht von ungefähr, dass Marchionne auch Tech-Giganten wie Apple und Google die Tür zur Autobranche öffnen will.

Vor dem Hintergrund der Schwächen von FCA macht Marchionnes Brautschau insgesamt eher einen verzweifelten als einen souveränen Eindruck. Derzeit deutet wenig darauf hin, dass der FCA-Chef einen großen Konkurrenten für einen Zusammenschluss begeistern kann. Und beim Versuch einer feindlichen Übernahme von Schwergewichten wie GM, das einen viel höheren Börsenwert hat, würde er sich wohl verheben.

Doch selbst wenn FCA erstmal leer ausgehen sollte – die Zeichen der Zeit dürfte Marchionne mit seinem Fusionsappell erkannt haben. "Wir erwarten eine deutliche Konsolidierungswelle und neue Partnerschaften in der Autoindustrie", sagt AlixPartners-Experte Stefano Aversa. (dpa)

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KOMMENTARE


Ehemaliger Fiat Fan

09.07.2015 - 19:55 Uhr

Es hat sehr lange gedauert - aber schön langsam kristallisiert sich heraus, was man sich als Autoinsider - schon lange denken konnte: Jahrelang kaum Investitionen in neue Modelle. Lancia sang- und klanglos sterben gelassen. Alfa Modellerneuerung jahrzehntelang verschlafen. Fiat auf geht-nicht-mehr-weniger Modellplaelette reduziert. Völlig verfehlte Vertriebspolitik - die Händler waren und sind Feindbild Numero Uno für den Hersteller. Träumerdenken von wegen gemeinsame Vertretung von Gruppenmarken bringt Kanibalisation - daher Vergabe an andere Markenhändller als weitere Marke - die größte Schnapsidee, mit der man nur eines erreichte: weniger Verkäufe und fehlende entwicklungsmöglichkit der Fiat Handler - DA kann man kann nur resümieren: jeder bekommt sein Fett ab. Die Überschuldigen sind allerdings die Aufsichtsratsmitglieder, die einen Herrn Marchionne so lange schalten und walten haben lassen, frei nach dem Motto: Oft haben die obersten Chefs auch Ihren höchsten Grad der Inkompetenz erreicht ...


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