Von Peter Maahn/SP-X
Vor 13 Jahren sucht VW nach einem Namen für sein erstes SUV: Eine Anleihe aus Meeresströmungen (Golf) oder Winden (Passat, Scirocco) passt einfach nicht für diese damals noch neue Art von Autos, einer Mixtur auf Geländewagen und Kombi. Kreative Köpfe einigten sich auf das Kunstwort "Tiguan", eine Kombination aus "Tiger" und "Leguan". Der neue Sportler Tiguan R bedient das Raubtier im Tiguan. Und der ebenfalls neue Tiguan eHybrid hat eine Eigenschaft, die auch manche Leguan-Arten auszeichnet: Kann das Krabbeltier zum Anbaggern eines Weibchens seine Farbe wechseln, setzt VW auf ein Wechselspiel zweier Antriebe - auf Strom und Benzin.
Qual der Wahl vor der ersten Ausfahrt der nebeneinander wartenden Neulinge. Vernunft oder Emotion, Pflicht oder Kür? Die Münze fällt auf Kopf, es wird elektrisch. Beim Einsteigen das bekannte Cockpit jedes Tiguans. Wenn da nicht zwei neue Knöpfe rechts an der Mittelkonsole wären. Nicht für den "Hybrid-Modus", der ist Standard. Beim Druck auf "GTE" treten beide Antriebe gemeinsam an, gefordert ist die sportliche Seite des SUV. Im "E-Mode" bewegt sich der Tiguan rein elektrisch, sofern noch Saft im Akku ist. Hilfreich in Umweltzonen, in lärmempfindlichen Wohngebieten oder auch beim trägen Geschiebe im Stadtverkehr.
Die Technik teilt sich der Tiguan eHybrid mit den GTE-Versionen von Passat und Golf. 1,4-Liter-Turbobenziner (110 kW / 150 PS) trifft einen E-Motor mit 85 kW / 115 PS. Zusammen kommen sie auf stolze 180 kW / 245 PS und sorgen für 400 Newtonmeter Durchzugskraft. Die Batterie hält 13 kWh bereit, die für bis zu 65 Kilometer reichen soll. Dann kann sie an der Haushaltssteckdose oder mit auch mit Gleichstrom geladen werden. Natürlich sorgt aber auch die Energie-Rückgewinnung beim Bremsen oder Rollen und bei Bedarf auch der TSI-Motor für elektrischen Nachschub. Gestartet wird stets im reinen Elektrobetrieb, sofern sich der Gasfuß nicht sofort ans Bodenblech anlehnt. Erst wenn es im fließenden Verkehr flotter wird, signalisiert die Nadel des Drehzahlmessers, dass der Vierzylinder angesprungen ist.
Kleiner Wehmutstropfen: Bei zügiger Fahrt müht sich der doch recht kleine Benziner hörbar. Da er auch nicht mit Allradantrieb zu haben ist und vor allem beim Herausbeschleunigen aus Kurven schneller als gewohnt über die Vorderräder zum Schieben neigt, bleiben für eher sportliche Kunden doch die Wünsche offen. Andererseits meldet eine Anzeige im Mittelmonitor am Ende einer gut 100 Kilometer langen Tour im Flachland, dass unser Tiguan zu genau 56 Prozent der Zeit und Strecke lokal abgasfrei unterwegs war. Das ändert sich natürlich, wenn es auf die Autobahn geht und sich der Tacho in die dort üblichen Bereiche bewegt. Vor allem dann, wenn die GTE-Taste gedrückt ist. Sie kümmert sich nicht ums Sparen, ihr Motto ist die Power aus beiden Motoren.
"R" als Spaß-Allradler
Der andere Neuling kommt mit nur einem Motor aus. Im R-Modell, ebenfalls eine Premiere beim meistverkauften VW-Modell, geht es nur um schiere Power, die sich aber in einem Alltagsauto versteckt. Denn rein äußerlich gibt er sich nicht als Rabauke, verzichtet auf zur Schau getragenen Aggressivität. Erkennbar ist er eigentlich nur an den geschwärzten Kühlergrill-Lamellen und dem Doppelauspuff. Innen ist er deutlich feiner als die normalen Tiguan, über Drehschalter in der Mittelkonsole können diverse Einstellungen schnell gewählt werden, u. a. für Ausflüge ins Gelände oder auf die abgesperrte Rennstrecke.
Ein Spaß-Allradler, der perfekt am Gas hängt, der dank aufwendiger elektronischer Regelung wie das sogenannte Torque-Vectoring stets für Bodenhaftung sorgt und seinem Besitzer mit schwerem rechten Fuß echte Sportwagen-Werte bietet. Er rennt bei Bedarf bis zu 250 km/h und spurtet in weniger als fünf Sekunden auf Tempo 100. Noch nennt VW keine Preise, vermutlich wird der Tiguan R irgendwo zwischen 56.000 und 58.000 Euro angesiedelt. Damit hält er den kleineren VW T-Roc R (ab 44.231 Euro) auf Distanz. Marktstart ist zu Beginn des nächsten Jahres.