Vor einem halben Jahr hat die Münchner Staatsanwaltschaft den damaligen Audi-Chef Rupert Stadler wegen der Diesel-Affäre angeklagt - aber ein Prozess ist noch lange nicht in Sicht: Wenn das Landgericht die Anklage zulassen sollte, sei mit einer Eröffnung der Hauptverhandlung nach derzeitigem Stand nicht vor Herbst zu rechnen, sagte der Sprecher des Oberlandesgericht München, Florian Gliwitzky, am Montag auf Anfrage.
Nach jahrelangen Ermittlungen hatte die Staatsanwaltschaft Ende Juli 2019 eine rund 400 Seiten lange Anklageschrift mit 7.000 Seiten Anhang vorgelegt. Die Verteidiger Stadlers und der drei Mitbeschuldigten haben noch bis Ende Februar Zeit für Stellungnahmen. Danach könne die Staatsanwaltschaft sich äußern, erklärte Gliwitzky. Seit wenigen Wochen erst ist Stefan Weickert neuer Vorsitzender der zuständigen Wirtschaftsstrafkammer, sein Vorgänger wurde im Dezember ans Bayerische Oberste Landesgericht berufen.
Stadler war nach seiner Ablösung als Audi-Chef im Oktober 2018 aus der Untersuchungshaft entlassen worden, muss aber ein umfassendes Kontaktverbot einhalten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm "Betrug, mittelbare Falschbeurkundung sowie strafbare Werbung" vor: Der Spitzenmanager soll spätestens Ende September 2015 von den Abgas-Manipulationen bei Audi-Dieselmotoren gewusst, aber den Verkauf der Autos trotzdem nicht verhindert haben. Stadler hat eine Mitwisserschaft oder gar Beteiligung an Diesel-Manipulationen stets bestritten. Mit ihm zusammen sind drei ehemalige Audi-Motorenentwickler angeklagt.
Ex-VW-Konzernchef Martin Winterkorn wurde in Braunschweig schon im April 2019 wegen Betrugs und strafbarer Werbung angeklagt. Aber das dortige Landgericht hat nach einem Bericht des Wirtschaftsmagazins "Business Insider" in einigen Punkten Zweifel an Tatverdacht oder Strafbarkeit. Die Entscheidung über einen Prozess steht noch aus. (dpa)