Zu viele teure SUV, zu wenig günstige Kleinwagen – der Umstieg auf Elektroautos wird laut dem Branchenexperten Stefan Bratzel durch ein unpassendes Modellangebot ausgebremst. "Während sich die Reichweite und Ladeleistung von Elektromodellen relativ gut entwickeln, krankt der Markthochlauf der Elektromobilität wesentlich an wettbewerbsfähigen Anschaffungspreisen im Vergleich zu Verbrennern", sagte der Leiter des Center of Automotive Management (CAM) am Dienstag in Bergisch Gladbach.
Der Fokus auf große und leistungsstarke Modelle treibt den Preis in die Höhe: Im Schnitt gaben E-Autokäufer im laufenden Jahr 52.693 Euro aus, wie das CAM ermittelt hat – 4.023 Euro mehr als im Vorjahr. Der Anstieg betrifft fast alle Fahrzeugsegmente. Der Preis für einen VW ID.3 zum Beispiel ist in der Basisversion von 38.060 auf 39.995 Euro gestiegen, in der teuersten Ausstattungslinie von 43.720 auf 47.595 Euro. Auch mit Förderprämie sei er "deutlich teurer als ein vergleichbarer VW Golf, dessen Startpreis bei 29.275 Euro liegt", erklärte der Experte.
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Ein weiterer Preisanstieg von E-Modellen wäre Gift für einen dynamischen Markthochlauf, betonte Bratzel. Mit dem heutigen Modellangebot in Deutschland sei er ohnehin nur schwer realisierbar. Dieses sei zwar seit dem Vorjahr von 78 auf inzwischen 105 batterieelektrische Modelle gestiegen. Die durchschnittliche Reichweite legte laut CAM um 25 auf 423 Kilometer zu. Auch die Ladeleistung wurde auf 133 kW verbessert. Zugleich aber stieg das durchschnittliche Fahrzeuggewicht um 93 Kilogramm auf über 1,9 Tonnen. Bratzel: "Es werden größere Batteriekapazitäten angeboten, die jedoch einen erhöhten Rohstoffbedarf zu höheren Preisen nach sich ziehen."
Unter den E-Autos ist der SUV-Anteil der Studie zufolge besonders hoch. Während sie im Gesamtmarkt 41 Prozent aller Neuzulassungen stellen, machen sie 53 Prozent aller Stromer aus. Die Kompaktklasse kommt lediglich auf einen Anteil von 14 Prozent, Kleinwagen auf sieben Prozent. Die Kleinstwagenquote sank im Vergleich mit dem Vorjahr von 16 auf elf Prozent.
Grund für die Entwicklung ist vor allem das wachsende Modellangebot in den SUV-Klassen, während die Zahl der verfügbaren Klein- und Kleinstwagen sinkt. Waren 2022 laut CAM noch 14 Modelle in diesem Segment zu haben, sind es nun nur noch zwölf. Die Auswahl bei den SUV ist im gleichen Zeitraum von 31 auf 48 gewachsen.
Das Angebot in den kleinen Klassen wird nach Einschätzung des CAM auch 2024 mangelhaft bleiben. Erst ab 2025 sei mit einem verstärkten Angebot kostengünstiger und ausreichend wettbewerbsfähiger E-Autos zu rechnen – darunter Renault Twingo und VW ID.2.
Zweistelliges Wachstum erwartet
Für das nächste Jahr prognostiziert Bratzel zirka 600.000 BEV-Neuzulassungen – das wäre ein Zuwachs von 15 Prozent. Im Folgejahr 2025 geht er dann von etwa 750.000 Einheiten aus (plus 25 Prozent).