In der Diskussion um das geplante Verbrenner-Verbot in der EU macht sich Audi-Chef Markus Duesmann für ein schnelleres Umsteuern der Politik in Richtung Elektromobilität stark. "Wichtig ist, dass die ambitionierten politischen Ziele auch durch entsprechende regulative Maßnahmen in allen Mitgliedstaaten unterlegt werden", sagte der Topmanager am Donnerstag der "Wirtschaftswoche". Dazu gehörten "eine beschleunigte Energiewende, ein viel schnellerer Ausbau der Ladeinfrastruktur und eine ausreichende Versorgung mit Batteriezellen".
Duesmann stellt sich damit gegen den Vorstoß von Bundesfinanzminister Christian Lindner, das in der EU für 2035 geplante Verbrenner-Aus zu verhindern. Er sehe das Verbot unkritisch, weil Audi schon früher aus dem Verbrenner aussteige, erklärte der Firmenchef. "Ab 2026 wird Audi nur noch rein-elektrische Modelle neu auf den Markt bringen."
Trend zur Elektrifizierung bestätigt sich
Wie berichtet, wird Audi Verbrenner- und Hybridmodelle, die vor diesem Datum auf den Markt kommen, allerdings darüber hinaus noch verkaufen. Doch deutlich vor 2035 dürften bei der Vier-Ringe-Marke dann nur noch reine Stromer angeboten werden. Im vergangenen Jahr habe Audi knapp 60 Prozent mehr vollelektrische Modelle verkauft als im Vorjahr, betonte Duesmann. Im ersten Quartal 2022 seien es über 66 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum gewesen.
Das Paket der EU sieht unter anderem ein Verkaufsverbot von Neuwagen mit Verbrennungsmotor ab 2035 vor. Am Dienstag sollen die EU-Mitgliedstaaten dazu Position beziehen. Während das grüne Umweltministerium dafür wirbt, dieser Maßnahme zuzustimmen, lehnt die FDP ein Verbrenner-Verbot strikt ab. Darüber gibt es aktuell Streit innerhalb der Koalition.
FPD-Chef Lindner bekräftigte am Donnerstag nach dem Koalitionsausschuss der Ampelparteien seine Ablehnung eines EU-Verbots des Verbrennungsmotors. "Viele Kunden wollen Technologieoffenheit, und die Industrie braucht sie", sagte der Minister der Deutschen Presse-Agentur. Ohne "substanzielle Änderung der Rechtstexte" könnten die Liberalen nicht zustimmen.
Lindner: Tausende Jobs in Gefahr
"Was in Brüssel momentan auf dem Tisch liegt, wäre das Aus für alternative Technologien im Auto. Tausende Arbeitsplätze in Deutschland sind potenziell betroffen", so Lindner weiter. Mit klimafreundlichen Flüssigkraftstoffen könne der Verbrennungsmotor alle Klimaziele erreichen. Im jetzigen Regelungsvorschlag spiele dies keinerlei Rolle.
Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) äußerte sich zuversichtlich, in den kommenden Tagen mit der FDP noch eine gemeinsame Linie der Bundesregierung zu finden. "Ich bleibe dabei, dass ich optimistisch bin, dass wir eine gute Regelung finden und bei der bisher beschlossenen Linie der Unterstützung des Fit-for-55-Paketes bleiben werden", erklärte Lemke im Deutschlandfunk über die Haltung der Bundesregierung zum Klimaschutzpaket der EU. Es würden jetzt weiterhin Gespräche geführt.
Kern des Streits ist der Einsatz von synthetischen Kraftstoffen, sogenannter E-Fuels. Während die Grünen E-Fuels nur in bestimmten Bereichen, etwa in der Luftfahrt oder bei Sonderfahrzeugen, zulassen wollen, will die FDP, dass auch Standard-Pkw künftig mit E-Fuels betankt werden können.
Auf diesen limitierten Einsatz hatte sich die Bundesregierung nach Darstellung von Umweltministerin Lemke schon länger verständigt. Die Koalition habe den Kompromiss zu den E-Fuels "seit Wochen und seit Monaten schon immer wieder vertreten", sagte die Politikerin. So stehe es auch im Koalitionsvertrag. Mit Blick auf die Klärung der Unstimmigkeiten sagte sie: "Ich glaube, es geht jetzt darum, auch öffentlich noch mal deutlicher zu machen, dass es Einsatzbereiche geben wird, wo die E-Fuels auch in Zukunft gebraucht werden."
Lindner wies Kritik der Grünen zurück, die FDP entferne sich von regierungs- und koalitionsinternen Verabredungen. "In unseren Augen ist auch die Festlegung des Ampel-Koalitionsvertrags nicht erfüllt, wonach sogenannte E-Fuels eine Option bleiben sollen." Die Position der FDP sei schon lange öffentlich.
Klimaneutralität als Ziel
Dementsprechend müsse sich die Bundesregierung enthalten, wenn die EU-Kommission ihren Vorschlag nicht grundlegend ändere, sagte Lindner. Das Ziel der Klimaneutralität müsse im Zentrum stehen, nicht politische Entscheidungen über Technologien. "Weltweit wird der Verbrennungsmotor weiter eine Rolle spielen, wenn bei uns das Elektroauto längst die Regel ist. Die Weiterentwicklung dieses Antriebs darf deshalb bei uns im Interesse des Klimaschutzes nicht politisch beendet werden."
Bei einem Treffen der EU-Umweltminister am Dienstag wollen die Mitgliedstaaten ihre Position hinsichtlich eines Verkaufsverbots für Verbrenner-Neuwagen verabschieden. Dabei reicht eine qualifizierte Mehrheit. Deutschland könnte sich bei der Abstimmung auch enthalten.
max