Mehr Vernetzung, mehr Online-Käufe und weniger Preis-Wirrwarr: Daimler entwickelt seinen Vertrieb weiter und richtet die Strategie noch stärker auf digitale Kanäle aus. Bis 2025 will Vertriebsvorständin Britta Seeger jeden vierten Mercedes-Neuwagen online verkaufen und zudem langfristig zu einem einheitlicheren und transparenteren Preissystem kommen, wie sie der Deutschen Presse-Agentur sagte. Ein Auto mit einer bestimmten Ausstattung solle, so der Plan für die Zukunft, überall gleich viel kosten – egal ob on- oder offline gekauft und egal bei welchem Händler. Entsprechende Pilotprojekte gibt es bereits.
"Heute ist es oft so, dass der Kunde, wenn er ein Fahrzeug kaufen möchte, zu uns ins Autohaus kommt. Wir sind sicher, dass das nicht mehr den Erwartungen der Kunden entspricht", betonte Seeger, die Daimlers nächste Schritte im Vertrieb am Donnerstag in Den Haag vorstellte. Stufe "4.0" der 2013 gestarteten "Best Customer Experience" sieht unter anderem vor, die verschiedenen Kanäle, über die Kunden mit Daimler in Kontakt treten können, noch stärker zu vernetzen. Daimler und seine Handelspartner investieren nach eigenen Angaben pro Jahr einen dreistelligen Millionenbetrag in neue Vertriebskonzepte.
Ein Auto zu kaufen, müsse insgesamt leichter und bequemer werden, betonte Seeger. Wie viele Fahrzeuge Daimler dort, wo es bereits möglich ist, heute schon online verkauft, wollte sie nicht sagen. Nur: "Wir sehen ein hohes Interesse im Online-Bereich. Der Zuspruch ist enorm." Ganz ohne Hürden seien der Abschluss von Verträgen oder die Zahlung allerdings nicht. "Wir stoßen in dem einen oder anderen Land tatsächlich auf Regularien, die uns das nicht ermöglichen", sagte Seeger. So müsse man sich mit Zwischenlösungen behelfen, bis neue Möglichkeiten wie etwa die digitale Unterschrift möglich seien.
Vom hohen Grad der Individualisierung – eigentlich ein wichtiger Punkt im Premiumgeschäft – will Seeger auf lange Sicht ein Stück weit wegkommen. Das sei in Deutschland zwar weit verbreitet, aber: "International ist für die Menschen die rasche Verfügbarkeit des Fahrzeugs ein sehr hohes Gut – anstelle eines individualisierten Fahrzeugs", sagte sie. Man habe im Ausland gute Erfahrungen damit gemacht, dass der Käufer aus verschiedenen Ausstattungspaketen wähle und dann ein passendes Fahrzeug bekomme. Seeger: "Unsere Kunden wünschen sich weniger Komplexität."
Das gelte am Ende auch für die Preise. In Schweden und in Südafrika arbeite Mercedes bereits so, dass das ausgesuchte Fahrzeug überall – sowohl online als auch bei jedem Händler – den gleichen Preis habe. "Das ist zugegebenermaßen für den Kunden zunächst ungewöhnlich, weil jeder Kunde gewohnt ist: Beim Fahrzeugkauf muss ich handeln", sagte Seeger. Dadurch komme letztlich auch dem Händler eine neue Rolle zu, man arbeite dabei aber mit- und nicht gegeneinander. "Wir machen alles gemeinsam mit unseren Händlern", betonte Seeger.
Bekenntnis zum Handel
In diesem Zusammenhang erklärte die Managerin, dass die weltweit 6.500 Mercedes-Partner ein essentieller Teil der Customer Journey bleiben würden. "Unsere Autos werden von Menschen für Menschen gemacht. Der persönliche Kontakt spielt dabei weiterhin eine tragende Rolle." Das sei bei über 80 Prozent der Kunden der Fall. Seeger: "Der physische Vertrieb wird für die Marke weiter unverzichtbar sein."
Die Ausbaustufe "4.0" der "Best Customer Experience"-Initiative umfasst im Wesentlichen eine neue Generation der Mercedes me-App, die Mercedes me ID sowie die Modernisierung und Erweiterung des physischen Vertriebs. Der Überblick:
Die Mercedes me ID – die Eintrittskarte für die Mobilitätswelt
Die Mercedes me ID ist der Dreh- und Angelpunkt des Kundenerlebnisses. Über diesen personalisierten Account haben Kunden über die ständig wachsende Anzahl von Kontaktpunkte hinweg einen 360-Grad-Zugang zur ganzheitlichen Servicemarke Mercedes me. Im Zuge von "Best Customer Experience 4.0" baut der Hersteller das Angebot weiter aus und führt dazu im nächsten Quartal eine runderneuerte App ein. Die neue App-Generation soll dann schrittweise das gesamte Spektrum an Mobilitäts- und Konnektivitätsservices unter einem einzigen Dach bündeln.
Das Mercedes me Portfolio – Weiterentwicklung in drei Feldern
Um die verschiedenen Zielgruppen zu bedienen, hat Mercedes-Benz die Servicemarke Mercedes me aufgebaut. Ihr breites Portfolio ist in drei strategische Felder unterteilt: "My Usage", "My Way" und "My Life". Unter "My Usage" fallen alle Lösungen, die die Nutzung des Fahrzeuges bzw. des Mobilitätsdienstes erleichtern. Dies sind zum Beispiel der Sprachassistent im Infotainmentsystem MBUX, das Wartungsmanagement und Carsharing. Darüber hinaus testet das Unternehmen weitere neue Angebote wie Mercedes me Flexperience. Das Strategiefeld "My Way" umfasst alle Services, die die personalisierte Mobilitätsform auf dem Weg von A nach B ermöglichen. Dazu zählen auch sämtliche Anwendungen im Bereich der Elektromobilität unter der Technologiemarke EQ. "My Life" bündelt alle Lösungen, die die Zeit auf der Fahrt gestalten und füllen – etwa Musikstreaming, Internet im Auto oder In-Car-Office.
Der Handelsplatz – vom Point of Sale zum Point of Experience
Der physische Retail umfasst künftig neue Vertriebsformate, moderne Handelsbetriebe und individuelle Konzepte, die auf die Kundeneinzugsgebiete abgestimmt sind. Seeger: "Die Marke ist dort, wo die Kunden sind." Zu den Formaten zählen Pop-up-Showrooms ebenso wie lokale Drop-Off Points zur anschließenden Wartung in der Werkstatt. Für ein interaktives Marken- und Produkterlebnis stehen die bereits etablierten Mercedes me Stores in innerstädtischer Lage.
Parallel schreitet die Modernisierung der Mercedes-Autohäuser voran. Seit Anfang 2018 sind laut Hersteller weltweit rund 450 Betriebe mit dem neuen Markenauftritt im Innen- und Außenbereich geplant oder bereits ausgestattet worden. Ziel ist es, ein faszinierendes Kundenerlebnis zu schaffen. Dazu sollen unter anderem auch digitale Medien, kundenorientierte Prozesse, mobile Beratungstools, räumliche Individualisierungsmöglichkeiten sowie neue Jobprofile im Autohaus beitragen (wir berichteten).
Customer Journey – nahtlos über alle Online- und Offline-Kanäle hinweg
Kunden treten auf unterschiedlichsten Wegen mit einer Marke in Kontakt. Mit der Verschmelzung des Online- und Offline-Vertriebs will Mercedes eine nahtlose Customer Journey ermöglichen, bei der die (potenziellen) Kunden ihre Präferenzen und Profileinstellungen an jedem Berührungspunkt dank der Mercedes me ID nutzen können. Darüber können etwa auch die Mitarbeiter im Autohaus die Kunden schnell und effizient beraten und betreuen. Weiteres Beispiel: Bucht der Kunde digitale Services über die Mercedes me App auf dem Smartphone, so kann er diese beim Einloggen in das Fahrzeugsystem beim nächsten Fahrtantritt nutzen. Laut Unternehmen sind die vernetzten Services sehr beliebt: Die Mercedes me Aktivierungsrate bei Neuwagen liegt bei über 90 Prozent, das sind aktuell über drei Millionen aktive Nutzer. (rp/dpa)
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