Auf dem weltgrößten Automarkt China beeinflusst das Internet Kaufentscheidungen und Markenvorlieben nach Einschätzung des Reifenherstellers Continental stärker als anderswo. Zwar erlaube die Marktforschung im Reich der Mitte noch keine so detaillierten Einblicke wie sie etwa in Europa möglich sind, sagte der Chef der Conti-Reifensparte, Nikolai Setzer, am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur auf der IAA in Frankfurt. Dennoch sei der Trend klar: "Es schaut ganz klar so aus, dass die Chinesen bei der Digitalisierung des Konsumentenverhaltens ganz weit vorne sind."
Setzer gab zu bedenken, dass die Online-Vorliebe der Chinesen von großer Bedeutung für westliche Firmen seien, für deren Produkte sich erst ein Endkundenmarkt entwickelt - so wie beim Ersatzreifengeschäft von Conti der Fall. "Das ist eine Umstellung etwa für das Marketing. Man muss deutlich mehr Online-Präsenz haben - und vor allem die richtige für diejenige Generation, die dort hineingeht. Da gilt nicht 'one size fits all'", sagte Setzer. Häufig gehe es um den Erstkontakt mit der wachsenden chinesischen Mittelschicht, die den Namen Continental noch nicht kennen und deren Markenbindung erst entsteht.
Autobranchenexperten wie Stefan Bratzel teilen Setzers Einschätzung. "Das Internet durchdringt die Mobilitätswelt in China dynamischer als anderswo", sagte er der dpa vor kurzem. Hintergrund sei auch, dass Neuwagenkäufer bei den Premiumherstellern dort im Schnitt 36 Jahre alt seien - in Deutschland dagegen weit über 50 Jahre. Gut zwei Drittel der Käufer eines Neuwagens seien in China Erstkäufer.
Auftrieb bei Öl- und Kautschukpreisen
Neben dem China-Markt treibt Conti auch die Roshstoff-Frage um. Das Unternehmen rechnet für Öl und Kautschuk mit einem nahenden Ende der ungewöhnlich niedrigen Preise. Beides notiert seit längerem auf Tiefständen. "Wir wagen die Prognose, dass es von hier aus nur noch nach oben gehen kann. Wann und wie stark - das ist die große Frage. Wir rechnen mit einem Anstieg im Laufe des nächsten Jahres", sagte Setzer. "Wir glauben aber nicht, dass es wie 2009 ganz steil nach oben schießen wird."
Der Dax-Konzern profitierte zuletzt sehr von den niedrigen Preisen; allein das billige Öl soll 2015 eine Kostenentlastung von rund 200 Millionen Euro freischaufeln. Laut Setzer hängt die weitere Prognose stark am großen Rohstoffkonsumenten China. Da sich für das Reich der Mitte langsameres Wachstum und eine abkühlende Konjunktur abzeichnen, spreche das eher für moderate statt rasante Preiseanstiege. (dpa)