Von Christian Brahmann und Christopher Weckwerth, dpa
Er war ein Manager für die Geschichtsbücher: Die deutsche Autobranche trauert um den langjährigen VW-Chef Ferdinand Piëch. Der 82-Jährige starb am Sonntag im oberbayerischen Rosenheim. "Ferdinand Piëch hat Automobilgeschichte geschrieben – als leidenschaftlicher Manager, genialer Ingenieur und als visionärer Unternehmer", sagte Piëchs Nachfolger als VW-Aufsichtsratsvorsitzender, Hans Dieter Pötsch, am Dienstag. VW-Konzernchef Herbert Diess bezeichnete Piëch als mutig, unternehmerisch konsequent und technisch brillant.
Zum Gedenken sollten in verschiedenen VW-Werken die Fahnen auf halbmast gesetzt werden, ebenso wie in allen Audi-Werken weltweit. Vor seiner Zeit bei VW war Piëch fast fünf Jahre lang Vorstandschef von Audi. "Eine der größten Stärken von Ferdinand Piëch war, dass er sich den Namen Audi, zu Deutsch Horch, zu eigen machte und Kunden wie Belegschaft immer gut zugehört hat", sagte Audi-Chef Bram Schot.
Begonnen hatte Piëch seine berufliche Laufbahn 1963 als Sachbearbeiter im Motorenversuch bei Porsche. In den folgenden Jahren brachte der Ingenieur die Rennabteilung der Stuttgarter voran, bevor er ins Management wechselte. "Piëch war ein Automobilmann durch und durch", sagte Porsche-Chef Oliver Blume.
"In guten wie in schlechten Zeiten"
Wolfgang Porsche, Piëchs Cousin und Aufsichtsratschef der VW-Dachgesellschaft Porsche SE, erklärte: "Wir trauern mit der Familie um Ferdinand K. Piëch, den außergewöhnlichen Manager und Ingenieur, den Strategen und ganz einfach auch den Auto-Enthusiasten, der er zeitlebens war." Hans Michel Piëch sagte, sein älterer Bruder habe die deutsche Autoindustrie geprägt wie kein Zweiter. "Und er war eng verbunden mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Volkswagen-Konzerns, in guten wie in schlechten Zeiten."
Ferdinand Piëch - Stationen einer Automanager-Karriere
BildergaleriePiëchs Einsatz für die Belegschaft hob auch VW-Gesamtbetriebsratschef Bernd Osterloh hervor. Im Namen der Mitarbeiter dankte er dem gebürtigen Wiener und Enkel des VW-Käfer-Konstrukteurs Ferdinand Porsche für seinen Anteil an der Einführung der Vier-Tages-Woche zu Jahresbeginn 1994 und der damit verbundenen Rettung Zehntausender Arbeitsplätze.
Martin Winterkorn, von 2007 bis 2015 Vorstandschef von VW, sagte, Piëchs "visionäre Kraft und seine großen Fähigkeiten als Ingenieur" hätten ihn über viele Jahre geprägt. "Mir persönlich war Ferdinand Piëch ein jahrzehntelanger Förderer und Wegbegleiter." 2015 hatte sich Winterkorn in einem Machtkampf mit dem damaligen Aufsichtsratschef Piëch durchgesetzt, musste kurz darauf aber im Zusammenhang mit dem Bekanntwerden des Abgas-Skandals zurücktreten.
Auch viele Politiker drückten ihren Respekt vor Piëchs Wirken aus. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sagte, der Manager habe VW 1993 in einer tiefen Krise übernommen. "Mit seinem Namen ist der Aufstieg von Volkswagen zum Weltkonzern verbunden." Viele Tausend Arbeitsplätze in Niedersachsen prägten die wirtschaftliche Grundlage des Landes bis heute.
Altkanzler Gerhard Schröder sagte über Piëch: "Er hat die globale Automobilbranche über mehrere Jahrzehnte geprägt." Altbundespräsident Christian Wulff beschrieb Piëch als uneigennützigen Manager. "Ich habe mich bei allen Aufs und Abs über die Jahre hinweg überzeugen können, dass es ihm stets um den Konzern VW und nicht die Verfolgung von Eigeninteressen ging", sagte Wulff der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung". Sowohl Schröders als auch Wulffs Amtszeiten als niedersächsische Ministerpräsidenten fielen in Piëchs VW-Zeit.
Ehrenbürger in Wolfsburg und Braunschweig
Die Städte Wolfsburg und Braunschweig würdigten ihren Ehrenbürger. "Wolfsburg hat Ferdinand Piëch unheimlich viel zu verdanken", sagte Wolfsburgs Oberbürgermeister Klaus Mohrs (SPD) am Dienstag. Piëch habe in der großen Absatzkrise Tausende Einwohner vor der Arbeitslosigkeit bewahrt.
Piëch war am Sonntag im Alter von 82 Jahren "plötzlich und unerwartet" gestorben, wie seine Ehefrau Ursula Piëch am Montagabend mitteilte. Er hinterlässt eine Großfamilie mit 13 Kindern und mehr als doppelt so vielen Enkelkindern. Die Beisetzung findet im engsten Familienkreis statt.