Trotz härterer Konkurrenz durch heimische Anbieter setzen die deutschen Autobauer in China große Hoffnungen auf weiter starkes Wachstum. In den nächsten fünf bis sechs Jahren will allein die VW-Tochter Audi ihren Absatz in der Volksrepublik auf etwa 1,2 Millionen Fahrzeuge verdoppeln, wie Unternehmenschef Rupert Stadler am Mittwoch auf der Pekinger Automesse ankündigte. Auch die Rivalen von Daimler und BMW wollen weiter Schwung vom weltweit größten Automarkt mitnehmen.
Das Chinageschäft werde einen "unglaublich guten Wertertrag für die Gesellschaft" liefern, sagte Stadler. Premiumhersteller wie Audi würden davon profitieren, dass die chinesische Mittelschicht schnell wachse und wohlhabender werde. Während das Geschäft mit kompakten SUV-Geländewagen stark zulege, gewinne auch die Bedeutung von E-Autos rasant: "Alles passiert gefühlt im Zeitraffer.» Bis 2025 plane Audi, rund 30 Prozent seiner Autos in China mit elektrischem Antrieb zu verkaufen.
"Bei der Transformation wollen wir weiterhin eine führende Rolle einnehmen", sagte Stadler, der die Konkurrenz durch chinesische Hersteller jedoch wachsen sieht. "Die chinesische Autoindustrie hat in den letzten Jahren toll aufgeholt. Den Wettbewerb wird man mittelfristig ernst nehmen müssen."
Audi plant stärkeres Wachstum
Audi will zudem weltweit auch den Rückstand auf die beiden deutschen Premium-Rivalen Daimler und BMW verkleinern. Die planen ihrerseits ebenfalls ein schnelleres Wachstum als der chinesische Gesamtmarkt. BMW-Chef Harald Krüger rechnet zwar nicht mehr mit zweistelligen Wachstumsraten wie zuletzt, sieben bis acht Prozent sollen es dieses Jahr aber schon sein.
Daimlers China-Vorstand Hubertus Troska hält für den Gesamtmarkt bei Pkw und leichten Nutzfahrzeugen im Land ein Plus von vier bis fünf Prozent für möglich. "Wir erwarten, mit unserem Premiumangebot erneut stärker zu wachsen", sagte er. Vergangenes Jahr hatte Mercedes-Benz in China rund ein Viertel mehr Autos verkauft als im Jahr davor, im abgelaufenen ersten Quartal 16 Prozent mehr.
Mit Geely-Chef Li Shufu hat Daimler noch nicht über weitergehende Kooperationen gesprochen. Es habe zwar weitere Gespräche mit dem neuen Großaktionär gegeben, doch diese seien noch nicht über ein Kennenlernen hinausgegangen, sagte Vorstandschef Dieter Zetsche. Er hatte sich zuletzt grundsätzlich aufgeschlossen gezeigt für eine Zusammenarbeit mit Li. Der chinesische Selfmade-Milliardär war im Februar mit 9,7 Prozent bei den Schwaben eingestiegen.
"Schritt für Schritt"
Man gehe zunächst mit den bestehenden Partnern weiter "Schritt für Schritt", sagte China-Chef Troska. "Wie man hier auf der Messe an unseren Autos sieht, entwickelt sich unsere Zusammenarbeit mit den derzeit bestehenden Partnern sogar weiter." Mit dem Joint-Venture-Partner BAIC präsentierte Mercedes auf der Automesse eine extra für den chinesischen Markt entwickelte Limousinenversion der A-Klasse, die junge chinesische Autokäufer anlocken soll.
Auch die geplante Änderung Chinas am Joint-Venture-Zwang für ausländische Autobauer habe derzeit keine Änderungen zur Folge, sagte Zetsche. "Alles, was konventionelle Antriebe bis 2022 angeht, diskutieren wir zuerst mal mit unseren bisherigen Partnern." Unmittelbare Auswirkungen sieht auch Audi-Chef Stadler nicht: "Wir werden an unserer Strategie, die wir mit den Joint-Venture-Partnern aufgestellt haben, festhalten."
BMW plant Joint-Venture
BMW bastelt derzeit sogar an einem zweiten Gemeinschaftsunternehmen im Land mit dem Hersteller Great Wall. Mit den Chinesen wollen die Münchener den neuen Elektro-Mini in China bauen. Bei Elektroautos könnten die Beschränkungen für ausländische Hersteller zwar schon dieses Jahr fallen. "Wir werden da ein Joint-Venture machen", sagte Krüger jedoch. Allerdings seien die Rahmenbedingungen dafür komplett offen. BMW verspricht sich von Great Wall auch viel technologisches Know-how.
Beobachter hatten ohnehin nicht mit abrupten Veränderungen gerechnet, weil die deutschen Autobauer in langfristigen Verträgen stecken. Bisher dürfen ausländische Autobauer in dem Land nur aktiv sein, wenn sie dafür Gemeinschaftsunternehmen mit chinesischen Firmen gründen. An diesen dürfen sie nicht mehr als die Hälfte der Anteile halten. Schrittweise soll dieser Zwang nun fallen. Im Geschäft mit Nutzfahrzeugen könnte die Grenze für ausländische Beteiligungen im Jahr 2020 passé sein, bei Personenwagen im Jahr 2022 - bei Elektroautos aber auch schon dieses Jahr. (dpa)