Der BMW-Aufsichtsrat will am Donnerstag im US-Werk Spartanburg einen neuen Vorstandschef küren. Die Stelle ist mit rund fünf Millionen Euro im Jahr gut dotiert, aber es ist auch ein Knochenjob. Der bisherige BMW-Chef Harald Krüger hat nach vier Jahren das Handtuch geworfen. Als Nachfolger gesucht und wohl schon gefunden wurde ein führungsstarker Teamplayer und Ingenieur aus dem eigenen Haus.
"Ich bin mir sicher, dass das Unternehmen und die Arbeitnehmer eine einvernehmliche Lösung anstreben", sagt der Münchner IG-Metall-Chef Horst Lischka, der am Donnerstag als Mitglied des BMW-Aufsichtsrats mitentscheidet. "Der Umbruch in der Autoindustrie, die Herausforderungen sind so gigantisch, dass das in einem abgestimmten und ausdiskutierten Prozess geschehen sollte. Darauf haben wir in den letzten Wochen genügend Zeit verwendet."
Elektromobilität, Autonomes Fahren, völlig neue Wettbewerber wie Google, Uber oder chinesische Unternehmen stellen die Autobauer vor enorme Herausforderungen. "Die Automobilindustrie ist in einem gewaltigen Umbruch, da braucht es Klarheit und Orientierung. Es gibt Verunsicherung in der Belegschaft und bei Zulieferbetrieben, wie sich BMW künftig positioniert", sagt Lischka. Vom neuen Konzernchef erwartet er "Führungskompetenz und klare Positionierung nach innen und nach außen".
Zwei Kandidaten
Als Favoriten für den Posten gelten zwei Maschinenbau-Ingenieure, die unter Krüger 2015 in den Vorstand aufrückten: Produktionschef Oliver Zipse und Entwicklungsvorstand Klaus Fröhlich.
Zipse verantwortet das mit Abstand größte Ressort im BMW-Konzern mit seinen gut 130.000 Mitarbeitern. Vor einem Monat erst eröffnete er in Mexiko das 31. BMW-Werk. Jeder Werksleiter sei sein eigener kleiner König, sagt einer, der sich auskennt. Zipse muss auch mit den Gewerkschaften und Betriebsräten auskommen und dafür sorgen, dass von München über Shenyang bis Spartanburg 7000 Autos täglich immer so vom Band laufen, wie die Kunden es gerade wollen, ob als großer Diesel-SUV, Hybrid oder als Batterieauto. Das hat er reibungs- und geräuschlos hinbekommen.
Zipse gilt als ruhig, sachlich und durchsetzungsstark, und er ist erst 55 Jahre. Fröhlich ist schon 59, er wäre daher wohl eher ein Chef für eine Übergangszeit.
Aber als Entwicklungschef hat Fröhlich die Zukunftstechnologien vorangetrieben, Partnerschaften mit dem US-Chipkonzern Intel und mit dem Stuttgarter Konkurrenten Daimler geschlossen, um selbstfahrende Autos möglichst bald auf die Straße zu bringen, ohne die Kosten ins Uferlose wachsen zu lassen. Mit gerade mal drei Prozent Anteil am Weltmarkt ist BMW klein. Der selbstbewusste Westfale scheut auch Konflikte nicht und gab zum Beispiel auch VW-Chef Herbert Diess Kontra, als der den Schwerpunkt der E-Auto-Subventionen für kleine Autos forderte.
BMW will und muss bald viel mehr Hybride und Elektroautos verkaufen, um Strafzahlungen in der EU zu vermeiden, will aber nicht alles auf eine Karte setzen, um auf die Entwicklung der Kundennachfrage flexibel reagieren können. Weder Zipse noch Fröhlich würden diese Strategie von heute auf morgen über den Haufen werfen, heißt es aus dem Unternehmen. Aber der Stil könnte sich rascher ändern. Der neue Anführer könnte vielleicht etwas breitbeiniger auftreten und einfach sagen, wo's lang geht.
Der Star ist das Unternehmen
Die Schlüsselrolle bei der Wahl des neuen Vorstandschefs haben Aufsichtsratschef Norbert Reithofer, Betriebsratschef Manfred Schoch und natürlich die Geschwister Susanne Klatten und Stefan Quandt, denen die Hälfte der BMW-Aktien gehört. Dass bei BMW nur das Unternehmen der Star ist und niemals ein - auch noch so herausragender – Manager, das hatten schon der Vorstandschef Helmut Panke sowie die Vorstände Wolfgang Reitzle und Herbert Diess lernen müssen. Forsches Auftreten passt nicht zum Stil des Hauses.
Spekuliert wird, ob Fröhlich bleibt, wenn Zipse den Vorzug bekommt. Sollten Zipse oder Fröhlich den Chefposten bekommen, müsste ihr Ressort auf jeden Fall neu besetzt werden. "BMW hat ein breites Spektrum an Führungskräften, sehr kompetente Bereichsleiter. In der zweiten Reihe gibt es sehr fähige Mitarbeiter mit Entwicklungspotenzial", sagt Lischka. Außerdem wolle auch nicht jeder zeitlebens bei BMW, Mercedes, Audi, Opel oder Ford bleiben. (dpa)