Seit 60 Jahren verkörpern die DS-Modelle ultimative Avantgarde und Ästhetik, vor allem aber die Vorherrschaft von Citroën bei extravaganten Formen und technischen Innovationen. Wie keine anderen Fahrzeuge haben sich diese revolutionären Limousinen, Landaulets, Kombis und Cabriolets in die Geschichte von Technik, Kunst und Kultur eingeschrieben. Gegen die Wirkung der DS waren alle Wettbewerber chancenlos, das Citroën-Flaggschiff wurde ein technisches Wahrzeichen der Grande Nation.
Allerdings war es nicht allein der Luxus des Prestige- und Pallas-Programms oder der Status präsidialer Staatskarossen, denen die 20 Jahre gebauten Spitzenlimousinen der Marke im Zeichen des Doppelwinkels ihren Mythos verdanken. Es war vielmehr eine so noch nie dagewesene Faszination des Fortschritts, die sich in den großen Citroën Modellen spiegelte. Auf unbekanntem Terrain fuhren die Typen DS und ID (für "Idee" als Einstiegsversion) in technischer Kühnheit und formschöner Couture, aber auch in Kunst und Kultur.
Bereits die Premiere im prachtvollen Grand Palais des Pariser Automobilsalons besaß neuartigen politischen und gesellschaftlichen Glanz mit eigenen Galas für Staatsgäste und einem Rekord für die Ewigkeit: 750 Kaufverträge in den ersten 45 Minuten nach Enthüllung des Autos und 12.000 Bestellungen bis zum Abend dieses Messetages, das hatte es noch nie gegeben. Was war dieser Citroën für ein Automobil? Zunächst einmal eine dramatisch lang gestreckte Stromlinien-Limousine von fast 4,90 Meter, deren Silhouette manche Betrachter an Raumschiffe aus Science-Fiction-Romanen erinnerte.
Futuristisch wirkten auch die hydropneumatische Federung inklusive Niveauregulierung sowie die Leichtbau-Karosserie mit Teilen aus glasfaserverstärktem Kunststoff und Aluminium. Exzeptionell waren überdies die Zweikreisbremsanlage mit Hochdruckservounterstützung und vorderen Scheibenbremsen, das halbautomatische Getriebe, das aufprallsichere Einspeichen-Lenkrad, die Gürtelreifen und ab 1967 mitlenkende Scheinwerfer. Kurz: Die DS war ein technisches Gesamtkunstwerk, für das zwei kongeniale Konstrukteure verantwortlich zeichneten, die noch Unternehmensgründer André Citroen persönlich eingestellt hatte: Flaminio Bertoni (Design) und André Lefèvre (Technik).
Hauptdarstellerin in den Nachrichten
Schon Weltpremiere und Werbung der schönen Gallierin wurden konsequent künstlerisch inszeniert. Während die damals berühmtesten Grafiker und Fotografen die DS verführerisch ins Bild setzten, startete die Göttin im internationalen Filmgeschäft eine unvergleichbar glamouröse Karriere. Sei es an der Seite von Marcello Mastroianni, Gérard Depardieu, Jane Birkin, Leonardo Di Caprio, Alain Delon oder Cathérine Deneuve, die DS besetzte in rund 1.500 Filmen die automobile Hauptrolle. Weltrekordverdächtig. Kein Kinobesucher oder TV-Zuschauer konnte diesem Citroën entgehen, zumal schwarz gekleidete Göttinnen bei allen französischen Staatsakten beeindruckende Kolonnen bildeten und über Jahrzehnte die TV-News bebilderten. Bisweilen sogar mit an Dramatik kaum zu übertreffenden Stuntszenen.
So rettete eine DS-Repräsentationslimousine womöglich 1962 sogar dem französischen Präsidenten Charles de Gaulle das Leben. Bei einem missglückten Attentatsversuch auf das Staatsoberhaupt konnte der große Citroen dank Hydropneumatik auf nur drei Rädern entkommen - für Citroën unbezahlbare Werbung. Zum 60. Geburtstag der großen Citroën-DS-Familie soll nun die neu gegründete Marke DS ein frisches Kapitel französischer Avantgarde schreiben. Ambitionen, die von der für alle Fans unsterblichen und unvergänglichen Déesse aus dem Oldtimer-Olymp wahrscheinlich eher amüsiert beobachtet werden. (sp-x)