Engpass bei Neufahrzeugen, starke Nachfrage bei Gebrauchtwagen: Diese Situation wird sich laut dem Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) zumindest in der ersten Hälfte 2022 fortsetzen. In seiner am Mittwoch veröffentlichten Prognose geht der Branchenverband davon aus, dass sich der Bestellstau bei Neufahrzeugen ab Mitte des kommenden Jahres langsam aufzulösen beginnt.
In Summe erwartet ZDK-Präsident Jürgen Karpinski für 2022 "um die 2,9 Millionen neu zugelassenen Pkw". Das wären rund 340.000 Einheiten mehr als in diesem Jahr und ein Ergebnis auf dem Niveau des Corona-Jahres 2020. Das macht deutlich: Bis zu Vor-Krisen-Werten von 3,4 Millionen (2018) und 3,6 Millionen Pkw-Neuzulassungen (2019) ist es noch ein gutes Stück.
Damit liegt das Kfz-Gewerbe unter der Neuwagen-Prognose der Fahrzeugimporteure. Deren Verband VDIK hofft auf einen Anstieg auf drei Millionen Einheiten im nächsten Jahr (wir berichteten). Voraussetzung: Die Versorgung mit Halbleitern verbessert sich wieder. Der Verband der Automobilindustrie (VDA) hat bislang noch keine Vorhersage getroffen.
Deutlich vorsichtiger sind die Erwartungen des Marktbeobachters DAT auf dem NW-Markt. "Wenn die Situation rund um Chipmangel und lange Lieferzeiten weiterhin so bleibt, werden wird 2022 nicht über 2,6 Millionen Neuzulassungen kommen", erklärte ein DAT-Sprecher gegenüber AUTOHAUS. Bei den Branchenexperten von Dataforce herrscht dagegen mehr Zuversicht: Sie nennen in ihrer Prognose einen Wert von 3,1 Millionen Neuwagen.
Positive Tendenz im Servicegeschäft
Den Gebrauchtwagenmarkt sieht der ZDK 2022 auf dem Weg zu einer schrittweisen Normalisierung. "Wir prognostizieren daher rund 6,8 Millionen Pkw-Besitzumschreibungen – nach rund 6,7 Millionen Halterwechseln in 2021", sagte Karpinski. Für das wichtige Reparatur- und Servicegeschäft rechnet der ZDK-Präsident mit einer weiteren Erholung: "Wir gehen davon aus, dass sich die durchschnittliche Auslastungsquote der Werkstätten im kommenden Jahr um zwei Prozentpunkte auf 82 Prozent erhöht."
Neuzulassungen
Anzeichen für eine wirtschaftliche Erholung sind der seit Mitte 2021 zu verzeichnende Beschäftigungsaufbau, der sich laut dem Herbstgutachten der führenden Wirtschaftsinstitute in den nächsten zwei Jahren fortsetzen soll. Damit einher geht ein Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen und des privaten Konsums. Die privaten Pkw-Neuzulassungen werden laut ZDK zumindest im ersten Halbjahr 2022 von der angespannten Liefersituation aufgrund der Halbleiterkrise konterkariert. Daher wird sich die Zahl der privaten Pkw-Zulassungen gemäß der Verbandsprognose mit rund einer Million Einheiten wieder dem Wert des ersten Krisenjahres 2020 (1,08 Millionen) annähern, den diesjährigen Tiefstand von rund 885.000 Einheiten jedoch übertreffen.
Bei den gewerblichen Neuzulassungen sieht der ZDK positive Tendenzen insbesondere im Flottensegment. Das liege zum einen an der von den Wirtschaftsweisen prognostizierten steigenden Investitionsbereitschaft der Unternehmen. Zum anderen sei im zweiten Halbjahr mit einer steigenden Fahrzeugverfügbarkeit zu rechnen. Auch die anderen Segmente dürften im Vergleich zu diesem Jahr leichten Zuwachs haben. Daher rechnet der Verband damit, dass die Gesamtzahl der in diesem Jahr zu erwartenden rund 1,675 Millionen gewerblichen Neuzulassungen im kommenden Jahr auf insgesamt rund 1,9 Millionen ansteigen wird.
Besitzumschreibungen
Aufgrund der ab Mitte 2022 zu erwartenden Auflösung des Bestellstaus an Neufahrzeugen dürfte sich der Gebrauchtwagenmarkt langsam wieder normalisieren. Somit prognostiziert der ZDK rund 6,8 Millionen Pkw-Besitzumschreibungen in 2022. Die Gebrauchtwagenpreise werden aus Sicht der Branche zunächst auf dem höheren Niveau bleiben – bis das Angebot wieder die Nachfrage übersteigt.
Werkstatt und Service
Nach der ab Mitte 2021 zu verzeichnenden Normalisierung bei Wartungs- und Reparaturaufträgen geht das Kfz-Gewerbe davon aus, dass sich die durchschnittliche Auslastungsquote der Werkstätten im kommenden Jahr auf 82 Prozent steigern wird. In diesem Jahr wird mit einer Quote von 80 Prozent gerechnet.