AH: Wie beurteilen Sie eine mögliche Bundesregierung aus Union, FDP und Grünen? Erwartet der ZDK grundlegende Veränderungen in der Verbandsarbeit mit diesen Parteien?
J. Karpinski: Wir warten jetzt mal ab, ob und wie sich die Parteien zusammenraufen. Grundsätzlich ist unsere Lobbyarbeit parteipolitisch breit aufgestellt. Das lässt sich ganz gut am Beispiel der Podiumsteilnehmer unserer inzwischen neun Berliner Automobildialoge ablesen.
AH: Wie sollte die künftige Bundesregierung den Wandel in der Autobranche begleiten?
J. Karpinski: Uns ist es wichtig, dass sich die Forderungen, die wir vor der Wahl definiert haben, auch im praktischen Regierungshandeln wiederfinden. Dazu gehört unter anderem, Rechtssicherheit für Autofahrer bei der Nutzung ihrer Dieselfahrzeuge zu schaffen. Die Hardware-Nachrüstung der Euro 5-Diesel ist ein wichtiger Bestandteil dieser Forderung. Angesichts der zunehmenden Digitalisierung auch von Pkw muss das Wettbewerbsrecht eine Gleichberechtigung aller Marktteilnehmer beim Datenzugriff durchsetzen. Außerdem sehen wir einen flächendeckenden Internetzugang mit hinreichenden Bandbreiten im Gigabit-Bereich für die Kfz-Betriebe und ein flächendeckendes 5G-Funknetz für die vernetzte Mobilität als zwingend notwendig an.
AH: Bei der Hardware-Nachrüstung alter Diesel übten Sie zuletzt den Schulterschluss mit den Grünen. Denken Sie, dass der gute Draht zu der Partei dem ZDK helfen kann, wichtige Branchenthemen zu platzieren?
J. Karpinski: Herr Özdemir hatte um dieses 'Kurzpraktikum' in Sachen Hardware-Nachrüstung gebeten. Das bieten wir gern auch anderen interessierten Politikern an. Und persönliches Kennenlernen hat noch nie geschadet.
AH: Wie ist bei dem brisanten Thema Nachrüstung der aktuelle Stand?
J. Karpinski: Die Software-Nachrüstung wird von den Herstellern auf den Weg gebracht – und ob es ein Programm zur Hardware-Nachrüstung gibt, werden wir sehen.
AH: Ganz anders sieht es beim Verbrennungsmotor aus. Hier sind die Auffassungen gegensätzlich. Glauben Sie, dass ein Aus für Benziner und Diesel in Deutschland zu einem festen Datum – wie es die Grünen bekanntlich als Koalitionsbedingung fordern – in dieser Legislaturperiode durchgesetzt werden kann?
J. Karpinski: Hier gilt es mögliche Koalitionsverhandlungen und deren Ergebnisse abzuwarten. Eines ist jedoch klar: In unserer hoch industrialisierten und mobilen Gesellschaft werden wir auf absehbare Zeit nicht auf den Verbrennungsmotor verzichten können. Sein Potenzial ist längst nicht ausgeschöpft. Verbote bringen uns nicht weiter.
AH: Umweltverbände hoffen angesichts der neuen Bundesregierung auf eine nachhaltige Verkehrswende. Wie sehen Sie das?
J. Karpinski: Noch gibt es keine neue Regierung, geschweige denn einen Koalitionsvertrag. Für uns ist jedoch klar, dass verantwortungsvolle Umweltpolitik technologieoffen sein muss. Und Maßnahmen zur Luftreinhaltung müssen alle Verursacher einbeziehen und nicht nur den Straßenverkehr.
AH: Bürokratieabbau, duale Ausbildung, Investitionsschutz, Digitalisierung – welche Branchenthemen wollen Sie künftig im politischen Berlin besonders forcieren?
J. Karpinski: Neben den bereits genannten Themen aus unserem Forderungskatalog setzen wir uns dafür ein, dass das bewährte System zur technischen Fahrzeugüberwachung in Deutschland auf Dauer erhalten bleibt. Dafür ist die Einbindung des Kfz-Gewerbes in den Gesamtkomplex der technischen Fahrzeugüberwachung unabdingbar. Im Bildungsbereich ist es unabdingbar, die berufliche Fort- und Weiterbildung und hier insbesondere Fachkompetenz und Kontinuität beim Lehrpersonal auf höchstem Niveau zu gewährleisten. Auch darf die Qualität der deutschen Kfz-Meisterausbildung nicht nivelliert werden. Und schließlich kämpfen wir dafür, die Gängelung der Unternehmen durch immer kleinlichere Vorschriften zu unterbinden.
AH: Herr Karpinski, herzlichen Dank für das Gespräch!
egonsamu