Stabübergabe bei der Avp: "Wer vorankommen will, muss Gas geben"

Franz Hirtreiter ist seit dem 7. Juli Vorsitzender der Geschäftsführung der AVP Gruppe mit Hauptsitz im niederbayrischen Plattling. Anlässlich seines 60. Geburtstags übergab ihm sein Vater Franz Xaver Hirtreiter die Verantwortung für die 16 Betriebe. Umsatz im letzten Jahr 347 Millionen Euro, zirka 10.000 Fahrzeugverkäufe neu und gebraucht, sieben Marken, 684 Mitarbeiter. Der 31-jährige Master of Business Administration tritt in große Fußstapfen. Der Senior hat in noch nicht einmal 20 Jahren - gegründet wurde die AVP 1998 - das Unternehmen geformt. Fünfzehn Familienunternehmen hat der gelernte Journalist und frühere Geschäftsführer des Verlagshauses Passauer Neue Presse aufgekauft oder neu gegründet. Der größte Standort, das "Autoland", eigentlich ein eigenes Gewerbegebiet mit mehreren Betrieben am Rand von Plattling, ist heute mit über 70.000 Quadratmetern das größte Autohaus in Bayern.Hirtreiter Junior hat sein Geschäft von der Pike auf gelernt: nach der Mittleren Reife Lehre zum Automobilkaufmann beim Porsche Zentrum Niederbayern in Plattling, Fach-Betriebswirt an der BFC in Calw, Bachelor im Automobilmarketing und -management an der Northwood University in Florida und zur Krönung Master of Business Administration an der DeVos Graduate School of Management in Montreux - alle Abschlüsse summa cum laude. Im Interview erläutert er, was ihm das gebracht hat und was er mit dem Unternehmen vorhat. AH: Am 7. Juli hat Ihnen Ihr Vater offiziell die Geschäftsführung der AVP Gruppe übergeben. Ein großer Schritt für einen jungen Mann wie Sie. F. Hirtreiter: Ja, ich habe Respekt vor der Aufgabe, aber die Freude überwiegt. Ich freue mich darauf, mich selbst beweisen zu können und mit einem tollen Team die Firma weiterhin voranzubringen. AH: Wer in große Fußstapfen tritt, sollte vielleicht andere Wege gehen. Welche haben Sie sich vorgenommen? F. Hirtreiter: Mein Vater war ein Profi im Strategischen: Er hat seine Firma sehr schnell groß gemacht. Meine Spezialität sind die operativen Prozesse. Ich bin in der Automobilwelt groß geworden und sehe hier viele Stellschrauben, wo wir uns nach und nach verbessern können. AH: Zum Beispiel? F. Hirtreiter: Ich habe zum Beispiel gerade einen Personalreferenten eingestellt, damit wir noch ein bisschen mehr für die Mitarbeiter tun können. Ich habe gerade Mitarbeiterjahresgespräche eingeführt. Insgesamt möchte ich in unsere Besprechungen mehr Struktur bringen. Ich habe eine einheitliche Agenda für unsere Geschäftsführerrunden eingeführt, wo wir auf die wichtigsten Kennzahlen und Ereignisse eingehen. Dort soll immer festgehalten werden, wann wer bis wann was macht. Das rolle ich gerade aus, als Nächstes in der Serviceleiterrunde. Neu entsteht eine Verkaufsleiterrunde. Dort sollen sich die Verkaufsleiter auch markenübergreifend austauschen. Weiteres Thema sind die älteren Gebrauchtwagen. Wir sind bei den jungen Gebrauchten bis zwei Jahre schon sehr gut aufgestellt. Ich möchte mich jetzt noch mehr auf die typischen Leasing-Rückläufer fokussieren. Es geht aber auch um die Prozesse in der Aufbereitung, um die Standzeiten noch mehr zu optimieren. Wann bekommt wer welche Infos, Laufzettel usw. Ich schaue mir da auch gerade ein paar Programme an. Alle diese Prozesse wollen wir voranbringen. In die Aufgabe hineingewachsen AH: Hilft Ihnen da Ihre wirklich beeindruckende Ausbildung? F. Hirtreiter: Das hilft ungemein. Ich habe besonders in Amerika viele Ideen mitgenommen. Das Gute ist: Ich werde nicht komplett ins kalte Wasser geworfen. Ich bin nach und nach reingewachsen. Ich mache die Porsche-Gruppe schon eine Zeit lang. Die letzten zwei Jahre haben wir auch bei der Audi/VW-Gruppe schon das meiste gemeinsam gemacht. Ich konnte schon einige meiner Ideen umsetzen. Eine Superschule war auch das Porsche Zentrum Altötting. Da konnte ich als "studierter Idiot" in einem kleinen Autohaus die Praxis kennenlernen: Bei zehn Mitarbeitern macht ein Geschäftsführer alles. AH: Ihrer Generation sagt man ja nach, dass sie großen Wert auf die Work-Life-Balance legt. Wie sieht das bei Ihnen aus? F. Hirtreiter: Bei mir verschwimmt Privates und Berufliches häufig. Kunden werden Freunde. Aber natürlich habe ich auch oft an den Wochenenden Termine in der Firma. Mit Freunden rede ich auch oft über das Geschäft, weil - bedingt durch das Studium - da auch viele in der Autobranche sind. Dennoch: Ich habe ein Superteam mit neun Geschäftsführern. Da schaffe ich es schon auch mal am Samstag zu Hause zu sein, wenn wir keine Veranstaltungen haben. Aber: Nur 30 Stunden die Woche arbeiten, das funktioniert in so einer Position nicht. AH: Haben Sie als junger Chef Verständnis für solche Anliegen Ihrer Mitarbeiter? F. Hirtreiter: Ja, aber wer vorankommen will, muss Gas geben. Ich habe schon Verständnis dafür, wenn jemand Familie hat und dann abends zu Hause sein will. Da ist ein Arbeitgeber gefordert, das so gut wie möglich hinzukriegen. Zum Beispiel auch für junge Mütter Teilzeitstellen anzubieten. Da unsere Standorte so verstreut liegen, kann ich aber keinen Kindergarten einrichten, wie große Konzerne das machen. Dennoch: Verständnis ist schon da. Individuelle Regelungen AH: Gibt es bei der AVP Arbeitszeit- Modelle, die eine bessere Work-Life- Balance erlauben? F. Hirtreiter: Das wird eher individuell geregelt. Die Standorte und Positionen der Mitarbeiter sind so unterschiedlich, dass da keine generelle Lösung möglich ist. Ein gutes Beispiel ist das Telefonmarketing. Da sitzen viele Mütter, die abends reinkommen und dann die Kunden nachtelefonieren. Da kann man so etwas darstellen. Aber das geht leider nicht überall. AH: Welches berufliche Ziel haben Sie? F. Hirtreiter: Eigentlich habe ich mein berufliches Ziel von der Stelle her bereits erreicht. Aber ich möchte mit der Firma weiterkommen. Ziel ist, zwischen 2 und 2,5 Prozent Umsatzrendite zu erreichen. Das ist mir ein großes Anliegen. Ich möchte die Firma, erfolgreich weiter führen. Da gibt es viele kleine Ziele. In ein paar Jahren können wir schauen, ob wir noch weiter wachsen können. Jetzt geht es aber erst einmal darum, zu konsolidieren, die Prozesse überall nachzuziehen und ein stabiles Fundament zu schaffen. AH: Herr Hirtreiter, danke für das interessante Gespräch! Interview: Doris Plate Kurzfassung Franz Hirtreiter hat wie viele Junioren heutzutage eine sehr gute Ausbildung genossen und will nun das vom Vater aufgebaute Unternehmen konsolidieren und überall Prozesse nachziehen. Für die Work-Life-Balance sieht er allerdings Grenzen.

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