Gebrauchtwagenverkauf: Wegen Intransparenz unwirksam

Mit Urteil vom 29.04.2015 (Az. VIII ZR 104/14) hatte der BGH die in den vom ZDK empfohlenen Gebrauchtfahrzeug-Verkaufsbedingungen vorgesehene Verkürzung der Sachmängelhaftungsansprüche auf ein Jahr für unwirksam erklärt. Die Aufregung zu diesem Urteil hat sich zwischenzeitlich etwas gelegt und es empfiehlt sich, die Entscheidung genauer zu analysieren und darüber nachzudenken, auf welchem Weg und in welchem Umfang zu der nach Gesetz zulässigen Verkürzung der Verjährungsfrist auch für Schadensersatzansprüche zurückgefunden werden sollte. Das Urteil Der BGH hatte bekanntlich die Formulierungen in Ziffern VI und VII der vom ZDK empfohlenen AGB für den Verkauf gebrauchter Fahrzeuge (Stand 3/2008) als teilweise widersprüchlich beurteilt. Diese Regelungen sehen vor, dass Ansprüche des Käufers wegen Sachmängeln in einem Jahr ab Ablieferung des Kaufgegenstandes verjähren. Ansprüche auf Schadensersatz werden hiervon ausgenommen und insoweit auf die Geltung der Haftungsbestimmungen in Ziffer VII der AGB verwiesen. Eine Verkürzung der Verjährung ist dort nicht vorgesehen, so dass insoweit die gesetzliche Verjährung von zwei Jahren gilt. Eine klare Sache - sollte man meinen. Nicht so der BGH: Für den durchschnittlich intelligenten Vertragspartner ist nach seiner Auffassung nicht ausreichend verständlich beschrieben, ob generell alle Schadensersatzansprüche von der Verjährungsfristverkürzung ausgenommen sind oder ob beispielsweise entscheidungsgegenständliche Schadensersatzansprüche für die Behebung von Korrosionsschäden, die überhaupt erst nach Ablauf der Jahresfrist auftreten, nicht mehr geltend gemacht werden können. Mangels ausreichender Transparenz erklärte der BGH deshalb sowohl die Beschränkung der Ansprüche des Käufers wegen Sachmängeln auf ein Jahr (Ziffer VI.1.) als auch die Ausnahmeregelung für Schadensersatzansprüche (Ziffer VI.5.) für unwirksam. Der Fall Um die Überlegungen des BGH nachzuvollziehen, ist es notwendig, den entschiedenen Fall zu betrachten. Ein Kunde hatte im Februar 2010 vom Händler ein Gebrauchtfahrzeug "Brilliance" erworben. Wegen Fertigungsmängeln traten Korrosionsschäden auf, deren Beseitigung der Kunde erstmals nach mehr als eineinhalb Jahren im November 2011 verlangte. Eine Behebung durch den Händler erfolgte nicht. Der Kunde klagte Mängelbeseitigungskosten in Höhe von ca. 2.150 Euro ein. Erstinstanzlich wurde der Händler zur Zahlung verurteilt. Das Landgericht hob das Urteil auf und wies die Klage ab. Dies mit der an sich gut nachvollziehbaren Begründung, dass Mängelbehebungsansprüche zum Zeitpunkt der erstmaligen Geltendmachung bereits verjährt waren und deshalb eine Reparatur nicht mehr verlangt werden konnte. Wegen der bereits fehlenden Verpflichtung des Händlers zur Beseitigung der Korrosion sah das Landgericht auch keinen Raum für Schadensersatzansprüche, die auf die Nichterfüllung der gerade nicht bestehenden Verpflichtung gestützt sind. Die Geltung der Verjährungsfristverkürzung nach den AGB für Sachmängelhaftungsansprüche stand für das Landgericht nicht infrage. Der BGH hob das Berufungsurteil jedoch auf und stellte damit das amtsgerichtliche Urteil wieder her. Argumente des BGH Eine unmittelbare Haftung des Händlers für Fertigungsmängel des Herstellers verneinte der BGH unter Berufung auf seine gefestigte Rechtsprechung und das fehlende Verschulden des Verkäufers. Der BGH geht jedoch von einer schuldhaften Verletzung der Pflicht zur Nacherfüllung aus. Die maßgeblichen Bestimmungen der AGB seien - im Juristendeutsch zitiert - "nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden werden". Für den Käufer sei nicht klar zu ersehen, "ob er mit einem Schadensersatzanspruch wegen der Verletzung der Pflicht zur Nacherfüllung wegen Abschnitt VI Nr. 1 S. 1 bereits nach einem Jahr oder erst nach Ablauf der gesetzlichen Verjährungsfrist von 2 Jahren ausgeschlossen ist". Denn einerseits sollen sämtliche Ansprüche wegen Sachmängeln einschließlich des Anspruchs auf Nacherfüllung nach Ablauf eines Jahres verjähren, andererseits werden Ansprüche wegen Schadensersatz aber einschränkungslos von dieser Regelung ausgenommen, auch der Anspruch auf Schadensersatz wegen Verletzung der Pflicht zur Nacherfüllung. Weil hier keine nähere Unterscheidung zwischen möglichen Unterarten von Schadensersatzansprüchen wegen Sachmängeln erfolgt, sei nach den Erwartungen und Erkenntnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Vertragspartners davon auszugehen, dass für Schadensersatzansprüche wegen Verletzung der Pflicht zur Nacherfüllung die gesetzliche Verjährung von zwei Jahren gilt. Lösungen Der ZDK empfiehlt für seine Gebrauchtwagenbestellungen die Unterzeichnung einer von ihm entworfenen Zusatzvereinbarung. Unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BGH wird dort die bisherige Regelung in Ziffer VI.1. aufgehoben und durch eine modifizierte Formulierung mit weitgehender Zusammenfassung der maßgeblichen Bestimmungen ersetzt. Wie bisher werden die Verkürzung der Sachmängelhaftung und der Ausschluss gegenüber Nichtverbrauchern formuliert. Eingefügt ist dann aber ein neuer 3. Absatz. Dort wird nunmehr die Nichtgeltung der verkürzten Verjährung für Schadensersatzansprüche aus Sachmängelhaftung bestimmt mit der ausdrücklichen Klarstellung, dass hierunter auch solche wegen Verletzung der Pflicht zur Nacherfüllung fallen. Auch der Verweis auf die Haftungsbestimmungen wird hierher vorgezogen. Damit bleibt der ZDK bei seinem Verzicht, Schadensersatzansprüche im Rahmen des Möglichen einer Verkürzung der Verjährung zu unterstellen. Der Grund dürfte in Konsensabsprachen mit anderen Interessenverbänden liegen. In einem Fall wie vom BGH entschieden kann sich der Händler damit wohl tauglich auf die Geltung der Jahresfrist für die Verjährung von Nacherfüllungsansprüchen berufen. Für erst nach Verjährungseintritt geltend gemachte Mängelbehebung braucht er Schadensersatzansprüche dann nicht fürchten. Zulässig kann unter Beachtung der gesetzlichen Beschränkungen aber auch die Verjährung für Schadensersatzansprüche auf ein Jahr verkürzt werden. Alternative Formulierungen in AGB sind ohne weiteres möglich, sollten aber wegen der komplexen Materie, der zu wahrenden Transparenz und der unbedingt zu beachtenden Gesetzesbeschränkungen z. B. für Verkürzungen des Haftungsausschlusses bei grobem Verschulden oder Verletzung von Leben, Körper und Gesundheit ausschließlich fachkundig erstellt bzw. geprüft werden. Kommentar Realistisch gesehen wird an der Entscheidung des BGH natürlich kein Weg vorbeigehen. Unverständlich erscheint gleichwohl eine nach Meinung des Verfassers unzureichend differenzierte Betrachtung. Verkannt wird das Regel-Ausnahmeverhältnis, welches vorliegend unmissverständlich Ansprüche auf Schadensersatz insgesamt nicht den Bestimmungen für Sachmängelhaftungsansprüche im Übrigen unterfallen lässt und insoweit keine Widersprüchlichkeit enthält. Wenn für den BGH -zutreffend - Schadensersatzansprüche wegen Verletzung der Nacherfüllungspflicht mit der gesetzlichen Frist von 2 Jahren verjähren, dann ergibt sich dies auch für Otto Normalverbraucher bereits aus der "gilt nicht für"-Bestimmung. Widersprüchlichkeiten müssen hierfür nicht konstruiert werden.Solche liegen auch nicht in unterschiedlichen Laufzeiten der Verjährung einerseits für Nacherfüllung und andererseits für hiermit im Zusammenhang stehende Schadensersatzansprüche. Letztere können in der vorliegenden Konstellation auch nach Ablauf der Jahresfrist geltend gemacht werden, setzen nach Gesetz aber voraus, dass ein berechtigtes Nacherfüllungsverlangen des Kunden innerhalb der zulässig verkürzten Verjährung nicht erfüllt wurde. Mit solchen einfachen und naheliegenden Gedanken sieht der BGH den durchschnittlichen Kunden jedoch wieder einmal überfordert.Rechtsanwalt Rainer Bopp Kurzfassung 1. Der BGH beurteilt die Regelungen zur Verkürzung der Verjährung in den AGB des ZDK zum Gebrauchtwagenverkauf (Stand 2/2008) wegen Intransparenz als unwirksam. Die Verkürzung der Verjährung für Sachmängelhaftungsansprüche einerseits und die Nichtgeltung der Verkürzung für Schadensersatzansprüche andererseits lasse für den normalen Kunden nicht ersehen, welche Verjährungsfrist für Schadensersatzansprüche wegen Verletzung der Nacherfüllungspflicht Geltung besitzt.2. Der ZDK hat seine AGB mit einer Zusatzvereinbarung dieser Rechtsprechung angepasst, hierbei aber weiterhin auf eine an sich zulässige Verkürzung der Verjährung auch für Schadensersatzansprüche verzichtet. Alternative Gestaltungen sind möglich, sollten aber wegen bestehender Beschränkungen fachkundig formuliert sein.

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