Ausgabe 13/2013: Unter uns

Am Anfang war noch gar nichts klar. Verena Müller, Geschäftsführerin des Autohauses Müller in Buchen im Odenwald, sah ihre Zukunft nach dem Abitur eher in einer juristischen Laufbahn als im elterlichen BMW-Autohaus. Ein befreundeter Kunde brachte sie allerdings zunächst auf einen völlig anderen Ausbildungsweg: In Kooperation mit einem automobilen Zulieferunternehmen nahm Müller zunächst ein betriebswirtschaftliches Studium an der Berufsakademie in Mannheim - heute Duale Hochschule Baden-Württemberg - auf, merkte aber schnell, dass die Arbeit in einem Großunternehmen nichts für sie ist: "Ich bin es gewohnt, Dinge schnell zu erfassen, Entscheidungen zu treffen und die dann umzusetzen. Das ist in einem Konzern aber oft schwierig."So fiel Müller die Entscheidung für den Einstieg in das elterliche Unternehmen - nach einer kurzen Probephase - schließlich mehr als leicht. Im Oktober 2003 startete sie in Buchen, damals 22, von der Pike auf mit einer Verkäuferausbildung, die sie mit Auszeichnung abschloss. Auch ihre zwei Jahre ältere Schwester, seit 2002 im Erbacher Betrieb aktiv, startete ihre Autohauskarriere mit einer Verkaufsausbildung. Als sie ihr erstes Kind erwartete, arbeitete sie jedoch verstärkt in der Buchhaltung. Nach der Geburt des Kindes konzentrierte sich Christina Müller dann aber wieder mehr auf den Verkauf, so dass sich auch Verena Müller in die Zahlenthematik einarbeitete: "Dass ich genau weiß, wohin ich bei den Zahlen schauen muss, hilft mir noch heute."Erfolgreiche ÜbergabeDieses heute begann am 31. Dezember 2006: Damals übernahmen Verena Müller und ihre Schwester in vierter Generation die Anteile der Erbacher GmbH & Co. KG, wo Christina Müller seit dem 1. Januar 2007 auch zusammen mit Vater Bernhard als Geschäftsführerin aktiv ist. Verena Müller stieg zur gleichen Zeit in die Geschäftsführung der Buchener GmbH ein. Dort war damals auch noch Bernhard Müller zusammen mit einem Bruder seiner Frau als Geschäftsführer aktiv, beide stiegen aber im Jahr 2010 aus. Obwohl zunächst nur die Übertragung der Erbacher Anteile auf die Schwestern geplant war, wurden sie im September 2007 auch Eigentümerinnen des Buchener Unternehmens. Denn weil beide Unternehmen nun verschiedene Eigentümer hatten - Erbach die Kinder, Buchen den Vater -, veranlagte BMW die Standorte bei den Bonusberechnungen fortan getrennt. Ein gemeinsamer Mehrheitseigner war notwendig, weshalb Christina Müller auch heute noch 60 Prozent der Anteile beider Gesellschaften hält.Zum 30. Juni dieses Jahres schloss das Wirtschaftsjahr beider Unternehmen, und sowohl die Erbacher GmbH & Co. KG als auch die Buchener GmbH wurden in eine gemeinsame GmbH überführt. Damit handelt es sich wieder um ein einziges Unternehmen - mit einer einheitlichen Veranlagung bei BMW. Die beiden Schwestern sind nun zu je 50 Prozent beteiligt und agieren zusammen als alleinige Geschäftsführerinnen.Zugleich nahm man auch die Altersvorsorge der Eltern in die Hand. Verena Müller sagt: "Mein Vater wird jetzt 66, das ist für ihn ein wichtiges Thema." Wichtig auch in dem Sinne, dass für die Eltern ein monatliches gesichertes Einkommen bereitstehe. Deshalb wird eine der drei vorhandenen Immobilien als Altersversorgung der Eltern dienen, nämlich die Aral-Tankstelle und der Gebrauchtwagenplatz in Michelstadt. Komplett schuldenfrei und saniert ohne Investitionsstau, wird das Unternehmen Auto Müller GmbH dann Mieter seiner ehemaligen Eigentümer. Die übrigen Immobilien befinden sich übrigens im Privateigentum von Verena und Christina Müller. Nur die Grundstücke, auf denen sie stehen, sind im Betriebsvermögen. Dazu Verena Müller: "So haben wir mit dem Privateigentum etwas in der Hand, um mit den Banken verhandeln zu können."Viel VorarbeitBis zu dem Punkt, wo die Familie und ihr Unternehmen heute stehen, bedurfte es natürlich einiger Vorbereitung. Aus heiterem Himmel fiel den Müllers die erfolgreiche Übergabe nicht in den Schoß. Los ging es für Verena und Christina Müller unter anderem mit einem Seminar zum Thema Unternehmensnachfolge, das BMW damals anbot. "Da haben wir Einblicke in die verschiedensten Themen bekommen", sagt Verena Müller. "Und mit einem Teil der damals zwölf Nachfolgerinnen und Nachfolger habe ich heute noch Kontakt." Wichtig für den fachlichen Austausch, den Müller übrigens auch bei den Wirtschaftsjunioren der Industrie- und Handelskammer pflegt. Aber zurück zum Seminar: Eingebunden war dort nicht nur die Nachfolge-, sondern zu Beginn auch die Elterngeneration. "Da ging es darum, loszulassen, zu vertrauen, aber auch Rat einzuholen. Denn nicht alles, was vorher war, ist ja schlecht." Die Mischung mache es einfach, so Müller. Zudem gab es ein weiteres Seminar speziell für die Eltern. Den genauen Inhalt kenne sie bis heute nicht, nur so viel: "Unsere Eltern kamen anders zurück. Gelöster und gestärkter."Natürlich ging es bei der Nachfolgevorbereitung auch um harte Fakten. Zum Beispiel darum, steuerliche Fallstricke zu vermeiden. "Man muss einen Steuerberater haben, der die Verträge sauber aufsetzt", sagt Verena Müller. "Das war bei uns der Fall, bei der letzten Betriebsprüfung ging alles eins zu eins durch." Die Empfehlungen des Stamm-Steuerberaters haben die Müllers übrigens von einem anderen Berater prüfen lassen: "Das empfehle ich jedem: einfach eine zweite Meinung einzuholen." Auch mit den Banken habe es keine Probleme gegeben. Die etappenweise Übergabe seit 2007 sieht sie hier als großen Vorteil an: "Meine Schwester und ich konnten gemeinsam mit unserem Vater auftreten und in die Aufgabe hineinwachsen." Und der Hersteller? Wie hat er die Übergabe beeinflusst? Verena Müller sagt: "BMW wollte informiert werden und hat ansonsten keine Mitsprache gefordert."Wenig NachfolgerinnenInsgesamt 55 Mitarbeiter führen die Geschwister Müller nun und managen den Verkauf von rund 230 Neu- und 500 Gebrauchtwagen sowie 100 neuer und 130 gebrauchter Motorräder pro Jahr. Hatten sie das Gefühl, als Nachfolger innen anders behandelt zu werden? "Man wurde schon manchmal angeguckt", sagt Verena Müller. "Nach dem Motto: Kann die das überhaupt?" Sie erklärt sich diese Reaktionen auch damit, dass es kaum Nachfolgerinnen im Autohandel gebe, aus welchen Gründen auch immer. Zudem kämen diese Reaktionen auch immer seltener. "Wir fallen schon auf, aber in der Regel positiv", sagt sie mit einem Augenzwinkern.Ein weiterer Punkt ist Verena Müller mit Blick auf die Unternehmensübernahme noch wichtig: Vereinfachung. "Früher gab es zum Beispiel unterschiedliche Besitzverhältnisse an den drei Immobilien, das hat sich im Laufe der Zeit so entwickelt", sagt Müller. Das sollte einfacher und klarer werden. "Eine GmbH, ein Fahrzeugbestand, eine Adressdatenbank für alle Programme", nennt sie drei Beispiele. Und auch eine weitere Neuordnung steht für diese Vereinfachung. "In der Vergangenheit haben die Grundschulden für unser komplettes Engagement gehaftet", erklärt Müller. "Wir haben hart mit den Banken verhandelt, dass sie die Grundschulden freigeben." Das heißt: Heute haftet die Auto Müller GmbH ausschließlich für ihre eigenen Geschäftstätigkeiten, die Grundstücke haften für die Immobilien. "Wir sind somit freier, auch mit anderen Banken als der Hausbank zusammenzuarbeiten oder Grundstücke zu übertragen", erklärt Verena Müller. Auch das ist für sie ein Beitrag für mehr Klarheit und Struktur im Unternehmen.Kurzfassung1. Eigentlich wollte sie Juristin werden, dann entschied sich Verena Müller doch, zusammen mit ihrer Schwester Christina in das elterliche Autohaus einzusteigen.2. Mittlerweile sind die Schwestern alleinige Gesellschafter und Geschäftsführer.3. Die Familienübergabe erfolgte fließend, Verena Müller sieht hierin rückblickend den großen Vorteil, in Zusammenarbeit mit der Elterngeneration in die neue Aufgabe hineinwachsen zu können.Das Autohaus Müller-> 1909: Gründung einer Dorfschmiede durch den Urgroßvater von Verena und Christina Müller, später Umwandlung in eine Shell-Tankstelle durch den Großvater-> 1967: Übernahme einer Simca-Werkstatt durch Bernhard Müller, Vater von Verena und Christina Müller-> 1977: Einweihung des Neubaus in Buchen und Wechsel von Simca zu BMW-> 1981: BMW Motorrad-> 1990: Zukauf Standort Erbach-> 2002/03: Einstieg Christina und Verena Müller-> 2008: Aral-Tankstelle und GW-Platz in Michelstadt

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