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Sales im Metaverse: Neue Wege im Autohandel

14.08.2023 08:00 Uhr
Autohandel im Metaverse
Fahrzeugkonfiguration im Metaverse: Mit Hilfe eines Echtzeit-Konfigurators können Kunden ihr Wunschauto zusammenstellen.
© Foto: MHP

Ob eine digitale Reise unternehmen oder als Avatar in einer virtuellen Shopping-Mall spazierengehen – das Metaverse bietet neue Möglichkeiten für eine wirkliche emotionale Kunden-Experience.

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Trotz der momentan noch ziemlich unübersichtlichen Lage ist es für die allermeisten B2C-Unternehmen und sicher auch für einige B2B-Unternehmen unverzichtbar, sich schon heute mit den Möglichkeiten virtueller Welten auseinanderzusetzen und erste Erfahrungen zu sammeln. Ganz besonders attraktiv ist diese Möglichkeit für die Automotive-Branche, weil es hier um hochpreisige und komplexe High-Involvement-Produkte geht. Damit es zu einem Kaufabschluss kommt, müssen Kunden sich zum einen rational sicher sein, zum anderen müssen sie eine emotionale Bindung zum Produkt aufbauen. Mit dem herkömmlichen Angebot auf den Websites der Erstausrüster und Händler lässt sich die erste Anforderung sehr gut erfüllen, denn Informationen können hier in allen möglichen Formen und unterschiedlich detailliert dargestellt werden.

Bei der zweiten Anforderung haperte es aber bislang. Zwar gibt es reichlich Bildmaterial, in das sich Kunden hinein- und herausscrollen können und das sie mehrdimensional in alle Richtung drehen können. So richtig springt der Funke mit diesen Funktionalitäten aber nicht über.

Konfigurator aus Videospielen

Deshalb wurde von MHP auf Basis der Unreal Engine eine immersive Umgebung für den Kauf beziehungsweise Verkauf von Autos gebaut. Die Unreal Engine – das ist die Game Engine des Computer- und Videospielspezialisten Epic Games, mit der beispielsweise das Computerspiel Fortnite realisiert wurde.

Die zentrale Komponente solcher Computer- und Videospiele ist ein Echtzeit-Konfigurator, mit dem Kunden ihr Wunschauto zusammenstellen können. Die Konfiguration aller Fahrzeugbestand­teile ist dabei bis auf die Detailebene möglich und alle Teile werden fotorealistisch dargestellt. Mithilfe von Echtzeit-Rendering wird das fertig konfigurierte Fahrzeug mehrdimensional visualisiert. Es lässt sich aus allen Perspektiven betrachten und kann in einem ebenfalls fotorealistischen Setting auf einer Probefahrt in real wirkender Umgebung getestet werden: beispielsweise entlang einer Küste, in den Bergen oder auf einer Rennstrecke.

Stephan Baier
Stephan Baier ist Partner von MHP in Ludwigsburg. Seit 2020 verantwortet er die Digital Experience Factory mit den Beratungsschwerpunkten Digital Platforms & Touchpoints, Immersive Experiences und Innovation.
© Foto: MHP

Metaverse und VR helfen Vertrieb

Die Konfiguratoren wurden bereits mit verschiedenen Automobilherstellern, etwa mit Aston Martin oder Pagani, realisiert. Erreichbar sind diese Gamification-E-Commerce-Anwendungen zum Beispiel über die Website der Unternehmen. Die Konfiguratoren kommen aber auch im stationären Handel zum Einsatz, wo sie menschliche Verkäufer am Bildschirm oder mit VR-Brille im Kundenkontakt unterstützen können.

Der Konfigurator ist in einen virtuellen Showroom eingebettet. Kunden können sich dort einen Überblick über die unterschiedlichen Modelle verschaffen und mit realen Verkäufern interagieren. Die nächste Entwicklungsstufe für die Kundenseite ist, einen Showroom mit dem eigenen Avatar zu besuchen und sich auch mit anderen potenziellen Kunden auszutauschen. Dieser Showroom könnte dann auch in einer der verschiedenen virtuellen Welten zu finden sein, die gerade entstehen.

Events für treue Kunden

Die Metaverse-Möglichkeiten und ihr Einsatz in der Kundeninteraktion sind damit aber noch lange nicht ausgeschöpft. Hersteller oder Händler können zum Beispiel besonders treue Kunden zu exklusiven Veranstaltungen in eine der virtuellen Welten einladen oder dabei mit anderen Marken kooperieren.

Charmant ist auch die Idee, dass potenzielle Kunden die individuell gestalteten Fahrzeuge in unterschiedlichen Umgebungen nutzen. Sie könnten im "Decentraland" oder in der "Sanbox" durch die Gegend cruisen. Sie könnten mit ihrem Auto bei Gran Turismo, Need for Speed oder Test Drive gegen andere Besitzer zu einem ­Rennen antreten. Oder sie statten ihren Fortnite-Avatar mit einem Vehikel aus.

Vieles wird momentan ausprobiert, nicht alles wird bleiben. Wichtig ist für Erstausrüster und Händler dennoch, schon jetzt einen Anfang zu machen und im Metaverse oder zumindest eher mit einem virtuellen Szenario präsent zu sein. Wer darauf setzt, dass das Metaverse lediglich ein kurzfristiger Hype ist, über den morgen niemand mehr spricht, kann damit Recht behalten. Viel wahrscheinlicher ist allerdings das Gegenteil.

Umsätze und emotionale Ansprache

Noch steht nicht fest, wohin die Reise für den Vertrieb geht. Die Vorteile aus Marketing- und Sales-Sicht liegen auf der Hand: Mehr emotionale Ansprache führt verlässlich zu mehr Umsatz. Neben dem Umsatz können Plattformen wie die ECP außerdem die Gesamtkosten des Betriebs (Total Cost of Ownership) positiv beeinflussen. Das gilt jedenfalls dann, wenn sie eine herkömmliche Produktion von Bildern ersetzt. Dies läuft bis heute meist so ab, dass eine Agentur ein Pre-Rendering ausführt. Mit der Plattform entfallen diese Kosten vollständig. Dafür entstehen Streaming-Kosten, wenn die Lösung in einer Cloud betrieben wird.

In Summe sind die Gesamtbetriebs­kosten in den allermeisten Fällen jedoch deutlich geringer – oftmals um bis zu 50 Prozent. Ist die Plattform einmal mit Inhalten befüllt, lassen sich damit beliebig viele Anwendungsfälle umsetzen – also nicht nur Echtzeit-Konfiguratoren, sondern vielleicht auch eine Suite für das ­Dialogmarketing, ein Tool für Events oder interaktive Anleitungen für das After­sales-Geschäft im Vertrieb.

Der Artikel ist zuerst erschienen im Magazin Sales Excellence 6/2023 am 21. Juni.

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