Auto Kölbl: Raus aus der Nische

Rund 55 vermarktete Fahrzeuge mit reinem Elektroantrieb zählt Klaus Philipp über die vergangenen zwei Jahre. Viele dieser Modelle hat der Geschäftsführer von Auto Kölbl in Unterschleißheim in den vergangenen Monaten verkauft. Den Schub hat die Erhöhung des Förderprogramms auf bis zu 9.000 Euro ausgelöst. Vor allem der VW E-Up ist gefragt. "Wir hatten für dieses Jahr 15 Stück im Vorlauf, die im Juli schon alle verkauft waren und hoffentlich noch dieses Jahr ausgeliefert werden", sagt Philipp. Und die Nachfrage bleibt hoch, trotz Lieferzeiten von bis zu elf Monaten. Hohe Erwartungen hat das Autohaus an den VW ID.3. Von elf Vorbestellern, die die Anzahlung von 1.000 Euro geleistet haben, sind zwar fünf zurückgetreten. Andere Kunden fragen dafür aber neu an. Sobald das eigens für die E-Linie entwickelte Bestellsystem Thunder läuft, rechnet der Händler mit steigenden Stückzahlen. Vertrieb in der Anlaufphase Bei Audi ist mit dem E-Tron 50 respektive E-Tron 55 als SUV oder Sportback die Auswahl noch auf ein Fahrzeug beschränkt, für das es nur bei der kleineren SUV-Variante die Förderung von 7.500 Euro gibt. "Da der E-Tron 55 über den Netto-Listenpreis von 65.000 Euro und damit über der Höchstgrenze für die Förderung startet, übernimmt Audi jetzt für den Sportback sowie die leistungsstarke SUV-Version eine Prämie von 7.500 Euro analog der staatlichen Förderung für die kleinere", freut sich Philipp. Zwei Modelle konnte er dadurch als Tageszulassung gleich weiterverkaufen. Drei neue hat er derzeit noch auf dem Hof. Er ist optimistisch, dass diese schnell vermarktet werden: "Denn es gibt für diese Modelle ein hohes Kundeninteresse im Markt." Bunter Mix an Kunden Gleichwohl will der Händler die Anstrengungen in der Akquise erhöhen, um Kunden die E-Mobilität näher zu bringen. Dabei setzt er auf die Schützenhilfe der Hersteller: "Das muss ein Bündel an Maßnahmen sein, um bestehende und neue Kunden zu gewinnen." Denn bei den Käufern von Elektroautos handelt es sich um eine bunte Mischung von jungen Technikbegeisterten über den Professor an der Uniklinik bis hin zu Small-Business-Kunden und Großflotten. Kein einheitliches Bild zeichnet sich auch bei der Beschaffungsform ab. "Etwa 50 Prozent kaufen und etwa 50 Prozent leasen. Und Letztere entscheiden sich oft für Leasing, weil sie die Elektroautos erst einmal über einen längeren Zeitraum testen wollen", erläutert Philipp. E-Mobilität erlebbar machen Damit möglichst viele Kunden mit Elektrofahrzeugen in Berührung kommen, hat das Autohaus neue Touchpoints geschaffen. So sind etwa zwei VW E-Golf im Hol- und Bring-Service im Einsatz. Daneben sind ein VW E-Golf, ein Audi E-Tron 55 und ein Seat Mii electric als Werkstattersatzfahrzeuge buchbar. "Diese Autos werden gerne genommen, da wir sie zu günstigen Preisen anbieten", so Philipp. Den E-Tron 55 können die Kunden für 39 Euro netto am Tag fahren. Die beiden anderen Modelle kosten je 29 Euro netto pro Tag. Sie müssen auch nicht laden, da die Modelle vom Händler voll übergeben werden. Zudem haben sich fünf der zwölf Verkäufer vom Hersteller über mehrere Tage rund um die Elektromobilität schulen lassen. Obendrein nehmen alle an internen Fortbildungen zu den neuen Modellen teil. Ladeinfrastruktur für Kunden Für den Geschäftsführer ist es mit der Vermarktung aber nicht getan. Er will den Kunden auch Ladelösungen für zu Hause oder für die Firma vermitteln. Zu diesem Zweck hat das Autohaus eine Kooperation mit The Mobility House geschlossen. Signalisiert ein Kunde Beratungsbedarf und gibt er sein Einverständnis, erhält der Münchener Dienstleister die Kontaktdaten. Deren Mitarbeiter nehmen dann Verbindung auf, besichtigen die Gegebenheiten und bauen Ladeinfrastruktur auf. Kölbl bekommt bei Vertragsabschluss eine Provision. "Sechs Kunden haben wir bereits vermitteln können", so Philipp. Investitionen ins E-Geschäft Unabhängig davon sind die fünf AC-Ladestationen mit einer Leistung von jeweils 22 Kilowatt (kW) auf dem Autohaus-Gelände kostenfrei nutzbar. Nur fürs Laden am Super-Charger, der zwei Mal 75 kW respektive einmal 150 kW leistet, werden dem Kunden 44 Cent pro Kilowattstunde (kWh) in Rechnung gestellt. Daneben gibt es noch zwei kleine Wallboxen mit einer AC-Ladeleistung von 3,6 kW. "Da wir auch einige Geschäfts- und Vorführwagen haben, sind alle Säulen inzwischen fast immer belegt", sagt der Händler. Die Installation der AC-Stationen ist bereits vor fünf Jahren erfolgt und hat einiges gekostet. Für sie ist jeweils 1.500 Euro plus rund 500 Euro für den Elektriker fällig gewesen. Der Super-Charger hat inklusive der notwendigen Verlegung einer neuen Stromleitung mit rund 120.000 Euro zu Buche geschlagen. Hinzu kommt ein mobiles 22 kW-DC Ladegerät, das in der Regel in der Werkstatt eingesetzt wird. Die Investition hat weitere rund 10.000 Euro betragen. Als Nächstes wird nach den Vorgaben von VW noch eine AC-/DC-Mischladesäule gebaut, mit der die Nutzer 22 kW Wechsel- bzw. 50 kW Gleichstrom laden können. Kostenpunkt: rund 35.000 Euro. Gespeist werden die Stationen auch von zwei Photovoltaikanlagen. Eine befindet sich auf dem Haupthaus und produziert 200 kW, die andere auf dem Dach des Nebengebäudes 160 kW. Ziele und Erwartungen Mit der Amortisation kalkuliert Philipp auf lange Sicht. Nicht zuletzt, weil die Corona-Krise trotz Förderhype für Bremsspuren im Absatz sorgt. Die Herstellervorgabe, 20 Prozent vom jährlichen Neuwagenvolumen aus Plug-in-Hybriden und E-Fahrzeugen zu generieren, sieht Philipp für 2020 und 2021 als kaum realisierbar. Gleichwohl ist er optimistisch, dass der VW ID.3 bei den Kunden einschlägt. Gleiches gilt für den Audi Q4, der nächstes Jahr auf den Markt kommt. "Was uns bei Audi noch fehlt, ist ein reines E-Auto im A- oder B-Segment", sagt Philipp. Auch die Kleinwagen bleiben seiner Meinung nach wichtig, um das Ziel von 20 Prozent zu erreichen. E-Vertriebsstrategie Auto Kölbl setzt auf erfahrbare Erlebnisse mit Elektrofahrzeugen. Dazu hat der Mehrmarkenbetrieb neue Dienstleistungen und Touchpoints geschaffen.- zwei E-Autos nutzen die Mitarbeiter für den Hol- und Bring-Service- drei E-Autos können die Kunden über den Vermiet-Pool als Werkstattersatzwagen zu vergünstigten Preisen buchen- Ladeinfrastruktur für Firmen und zu Hause: Dazu hat Kölbl eine Kooperation mit dem Dienstleister The Mobility House geschlossen, an den bei Interesse und Einverständnis des Kunden seine Kontaktdaten übermittelt werden. Kölbl fungiert als Vermittler.- Öffentlicher Hyper-Charger vor dem VW Schauraum: Dort können Kunden ihre Stromer zum Schnellladen für einen Preis von 44 Cent pro Kilowattstunde (kWh) anschließen. Auto Kölbl in Zahlen Auto Kölbl in Unterschleißheim vertritt Audi, Seat, VW Pkw, VW Nutzfahrzeuge und hat einen Skoda Service-Vertrag. Das 1959 gegründete Autohaus bearbeitet mit einem Team von zwölf Verkäufern das Marktgebiet im Norden von München. Daneben sind einige EU-Vermittler angeschlossen. So hat das Unternehmen in 2019 rund 2.500 Neu- sowie 550 Gebrauchtwagen vermarktet. Dieses Jahr will Geschäftsführer Philipp Klaus trotz Corona-Krise noch auf rund 2.000 Neu- und zwischen 400 bis 450 Gebrauchtfahrzeuge absetzen. Die Geschäfte führt Klaus Philipp mit seinen Söhnen Maximilian und Christian. Insgesamt sind rund 130 Mitarbeiter am Standort beschäftigt.

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