Ausgabe 10/2008: Porzellankiste

GVO / Am 31. Mai 2010 läuft die derzeit gültige GVO aus. Für eine fristgerechte Kündigung der Verträge wäre jetzt der richtige Zeitpunkt. Kein Pkw-Fabrikat will dies aber derzeit. PorzellankisteVon Doris PlateNur nicht dran rühren! Das ist der Eindruck, den AUTOHAUS anlässlich seiner Umfrage bei den Fabrikaten zum Thema fristgerechte Kündigung der Händler-, Service- und Ersatzteilverträge bekommen hat. Zwar läuft die derzeit gültige Kfz-Gruppenfreistellungsverordnung (GVO) am 31. Mai 2010 aus. Auf die Frage, ob das jeweilige Fabrikat beabsichtigt, die Verträge zu kündigen, um auf etwaige Änderungen in den gesetzlichen Vorgaben reagieren zu können, antwortete kein einziger Markenvertreter mit ja. Nur Volvo-Lkw hat die Verträge bereits gekündigt. Im Nutzfahrzeugbereich stellt sich die Situation aber auch etwas anders dar. Hierauf werden wir in einer späteren Ausgabe von AUTOHAUS genauer eingehen. Bei den Pkw ist aber Zurückhaltung angesagt. "Ich erwarte, dass bei der Mehrzahl der Hersteller/Importeure von einer Kündigung abgesehen wird, da diese rechtlich nicht erforderlich sein wird und sie wirtschaftlich für die Vertriebs- und Servicepartner mit erheblichen Nachteilen verbunden wäre. Man denke nur an die mögliche Reaktion der Banken." So schätzt ZDK-Fabrikats-Geschäftsführerin Antje Woltermann die Lage ein. Ansonsten scheint der Markt aufgeteilt. Wer jetzt gute Händler hat, will sie nicht verlieren oder gefährden. Die Lage hat sich gedreht. Angesichts der teilweise dramatischen Renditesituation wollen eher Händler aus ihrem Vertrag aussteigen. Eine Kündigung mit dem damit einhergehenden Ausgleichsanspruch wäre für sie eine elegante Lösung. Bei stärkeren Fabrikaten braucht es keine Kündigung, um sich von einem schwachen Händler zu trennen. Das regelt der Markt mit der Einsetzung eines besseren Händlers in der näheren Umgebung. Und wer kann, überprüft derzeit auch noch einmal die Standards.Spiegel für den UmgangTrotzdem waren die Antworten auf die AUTOHAUS-Umfrage ausgesprochen interessant, spiegeln sie doch den Umgang der Marken mit ihren Vertriebs- und Servicepartnern. Audi zum Beispiel "prüft alle Optionen" und muss die Entscheidung europaweit treffen. Dazu stehe Audi im konstruktiven Dialog mit dem Händlerverband. Der wiederum erwartet keine Kündigung der Händlerverträge, sieht den Entscheidungsprozess bei den Serviceverträgen aber noch nicht als abgeschlossen. "Hier muss durchaus mit einer Kündigung gerechnet werden", erklärt Händlerverbandspräsident Michael Lamlé. Bei Volkswagen, dessen Händler bekanntlich vom gleichen Verband vertreten werden, ist die Situation hingegen eindeutig. Hersteller und Händlerverband erklären einmütig, dass nicht beabsichtigt sei, die Händler- und Serviceverträge zu kündigen. BMW gibt keine Stellungnahme ab, weil die genauen Planungen und Entwicklungen seitens der EU-Kommission derzeit nicht bekannt sind. BMW muss jetzt aber auch nichts sagen, denn die Bayern haben bekanntlich auf fünf Jahre befristete Verträge, die zum 1. Oktober 2008 gerade erst neu gemacht werden und dann wieder fünf Jahre laufen werden. Mercedes-Benz und Smart geben Entwarnung: "Prinzipiell ist es unser Ziel, das partnerschaftliche Verhältnis mit unseren Händlern auch in der Zukunft fortzusetzen. Dies schließt natürlich auch ein, dass Vertragsänderungen im beiderseitigen Einverständnis durchgeführt werden", heißt es aus Stuttgart. Und die Mercedes-Benz-Vertreter ergänzen stolz: "Auch 2002 hat es der Verband gemeinsam mit dem Hersteller geschafft, ohne Kündigung auszukommen."Bei Ford gibt sich der Hersteller zurückhaltend: "Wir beobachten dieses wichtige Thema und stehen in engem Kontakt mit unseren Partnern." Offenbar hoffen die Kölner noch auf die Fortsetzung der derzeitigen GVO: "Ford ist der Meinung, dass die jetzige GVO ihre Ziele erreicht hat. Ein gangbares Szenario wäre daher eine weitgehende Fortführung der darin enthaltenen Regelungen."Der Ford-Partner Verband gibt sich wohl auch aufgrund der ungewöhnlichen Stärke bei dieser Marke forscher: "Nach den bisher zu diesem Thema mit Ford geführten Gesprächen besteht Einigkeit zwischen Ford und dem Ford-Partner Verband darüber, dass eine eventuell erforderliche Anpassung der Verträge in der bisher gewohnten partnerschaftlichen Weise ohne Kündigung der Verträge einvernehmlich erfolgen soll." Opel gibt sich zahm. "General Motors Europa hat das Bestreben, trotz der möglicherweise anstehenden Änderungen der europäischen Gesetzgebung die bestehenden Handels- und Servicebeziehungen mit seinen Partnern langfristig fortzusetzen. Eine Kündigung der Verträge zum jetzigen Zeitpunkt ist nicht geplant", heißt es aus Rüsselsheim. Auch der Opel-Händlerverband geht davon aus, dass eventuell notwendige Vertragsanpassungen mit dem Hersteller verhandelt werden können. Porsche hält sich bedeckt: "Es liegen noch nicht alle Infos vor. Wir werden die Situation erst bewerten, wenn wir wissen, wie die neue Regelung aussieht", heißt es aus Zuffenhausen. Derzeit sei keine Kündigung vorgesehen, meint der Händlerverband. Importeure setzen auf KontinuitätBei den Importeuren ist der Trend, auf Kontinuität zu setzen. Chrysler, Honda, Hyundai, Lada, Renault, Seat, Skoda, Subaru, Toyota und Volvo-Pkw beabsichtigen keine Kündigung und wollen etwaige Änderungen in den Verträgen im Konsens mit den Händlern vornehmen. Noch keine Entscheidung gibt es bei Citroen, Kia, Mitsubishi, Peugeot und Saab. Bei Mitsubishi zeigt sich der Händlerverband aber zuversichtlich: Die Kommunikation mit dem Importeur sei so offen, dass, wenn derartige Pläne bestünden, diese bereits kommuniziert worden wären. Und auch der Peugeot-Händlerverband glaubt, dass derzeit keine Kündigung geplant ist. Bei den anderen genannten Fabrikaten halten sich auch die Händlerverbände bedeckt. Jaguar und Land Rover haben derzeit andere Sorgen. Der Importeur hält sich aus verständlichen Gründen zurück, schließlich weiß nach der Übernahme durch Tata wohl keiner sicher, wohin die Reise geht. Da der Importeur aber rechtlich von der gleichen Kanzlei beraten wird wie Volvo-Pkw, geht der Händlerverband davon aus, dass es keine Kündigung geben wird. Eher setzt man in Bonn auf eine einvernehmliche Anpassung, wie sie bei Land Rover schon 2003 stattfand. Übergangsfrist eingeplant"Nissan versucht grundsätzlich eine Kündigung der Verträge zu vermeiden, da wir in 2007 gerade erst neue Verträge implementiert haben", heißt es aus Brühl. Der Importeur befinde sich aber derzeit in der Prüfung mit Nissan Europa. Der Händlerverband geht davon aus, dass die erforderlichen Gespräche voraussichtlich in der zweiten Hälfte dieses Jahres stattfinden. Bei Mazda will der Importeur eine Entscheidung auch erst im Laufe des Spätsommers treffen und kommunizieren. Hintergrund ist die Annahme, dass es wie bei der Einführung der derzeit gültigen GVO wieder eine Übergangsfrist von einem Jahr geben wird. "Das Management von Mazda prüft derzeit zusammen mit der Handelsorganisation verschiedene Szenarien, um die Mazda Vertriebs- und Serviceorganisation für die Herausforderungen der Zukunft zu rüsten", heißt es deshalb aus Leverkusen. Dort will der Importeur "die verschiedenen Szenarien in aller Ruhe und mit der gebotenen Sorgfalt gegeneinander abwägen". Der Mazda-Händlerverband wünscht sich dagegen möglichst bald Klarheit über eine Fortführung oder Kündigung der Verträge. Die Partner sollten im Falle einer Kündigung genügend Zeit haben, sich dann auf die jeweilige Situation einzustellen und ihre Betriebe entsprechend ausrichten zu können. Fiat wartet ab und will die Entscheidung zusammen mit der europäischen Zentrale in Turin treffen, heißt es aus Frankfurt. Nach den inoffiziellen Informationen des Fiat-Händlerverbandes will der Konzern die Verträge aber nicht kündigen. Auch der Alfa Romeo Händlerbeirat geht davon aus, dass die Vertriebs- und Serviceverträge in Deutschland nicht gekündigt werden, und ist sicher, dass die Verträge einvernehmlich angepasst werden. Sonderwege Bei Daihatsu soll zwar laut Geschäftsführer Matthias Heinz auch darauf verzichtet werden, die Verträge zu kündigen, eine Netzumstrukturierung steht aber gleichwohl an. Der Daihatsu-Chef will Ende Juni bekannt geben, wie sein Netz optimiert werden soll. "Zielrichtung ist die Zweistufigkeit, wo es Sinn macht." Das sei überwiegend in Metropolen der Fall, erläutert Heinz auf Nachfrage. Heinz strebt für die Netzumstrukturierung eine einvernehmliche Regelung an. Der Partnerverbandsvorsitzende Udo Auchter bezweifelt hingegen, dass dies möglich ist. "Nachdem Herr Heinz in kürzester Zeit rund 200 Vollvertragshändler entweder rauswerfen oder zu Unterhändlern 'degradieren' will, gibt es meines Erachtens gar keine andere Möglichkeit als eine Händlernetzkündigung mit einem Letter of Intent", erklärt Auchter und droht mit einem Rechtsstreit. Einen Sonderweg geht auch in der Frage der Kündigung Suzuki. Der Importeur antwortete gemeinsam mit dem Händlerverband auf die Anfrage und demonstrierte damit den völligen Schulterschluss. Außerdem hat Suzuki bekanntlich als einzige Marke das exklusive Vertriebssystem gewählt, in dem die Vertragsgebiete erhalten blieben. "Beide Seiten haben damit sehr gute Erfahrungen gemacht und das schon traditionell sehr partnerschaftliche Verhältnis hat sich in dieser Zeit nur noch verbessert. Die ständig steigenden Verkaufszahlen und Marktanteile sind ein weiterer Beleg dafür, dass wir mit dieser Philosophie auf dem richtigen Weg sind", heißt es aus Bensheim. Derzeit seien Importeur und Händler im Gespräch, wie ab Juni 2010 weiter gearbeitet werden soll.

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