AUTOHAUS: Herr Multerer, man müsste mal das Thema Human Resources (HR) neu strukturieren. Liegt hier Ihrer Meinung nach so viel im Argen?
Dominic Multerer: Unternehmen müssen, wenn sie eine Chance am Markt haben wollen, immer die Einstellung haben, dass sie anders und besser sein wollen - sonst gehen sie unter. Das Thema HR muss komplett neu gedacht werden, da man in Sachen Mitarbeitergewinnung/ Recruiting, Mitarbeiterbindung und Personalorganisation auf einem weißen Blatt denken muss. Immer mehr Aufgaben sind mit immer weniger Leuten - in meist kürzerer Zeit - zu erledigen. Wie möchte ich das bewältigen? Ich habe in den vergangenen zehn Jahren über 50 Unternehmen aus diversen Branchen sehen, begleiten und verstehen dürfen. Die Herausforderungen sind meist ähnlich: fehlende Vision, nicht 100-prozentige Strukturen und Verantwortlichkeiten und daraus resultierende Fehlkommunikation. Das muss man zunächst beheben.
AH: Wie sollten Autohausunternehmer dabei konkret vorgehen?
D. Multerer: Mein Tipp ist immer, dass man sich erst einmal folgende Fragen stellt: Wo stehe ich eigentlich? Wie wird das Unternehmen von Mitarbeitern, ehemaligen Mitarbeitern und potenziellen Bewerbern wahrgenommen? Was kann man anders, was besser machen, um attraktiv zu werden? Welche Ideen und Anregungen haben die Zielgruppen selbst? Das schafft ein neutrales Eigenund Fremdbild, welches aufzeigt, wo die Wunde klafft - dann kann man behandeln. Automotive-Unternehmer müssen für sich selbst Verantwortung übernehmen; das löst kein Hersteller.
AH: Wo sehen Sie in Sachen Employer Branding und Recruiting neue Ansätze?
D. Multerer: Ich höre oft, dass viele Autohäuser keine geeigneten Bewerber für die Werkstatt oder den Verkauf finden. Meiner Meinungnach gibt es genügend Menschen, die auf der Suche sind. Nur die Autohäuser sind nicht sichtbar - oder zeigen nicht, was sie können. Bewerber werden umworben, aber alles ist gleich und keiner hat mehr Zeit. Wieso schalte ich nicht online Stellenanzeigen als Video oder mit einem Video als Zusatz? Oder zeige anhand von drei bis vier vergleichbaren Video-Mitarbeiterstorys, wie der Arbeitsalltag im Unternehmen aussieht.
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AH: Wie gut sind die deutschen Händler denn HR-mäßig aufgestellt?
D. Multerer: In der Regel wird die Schlagzahl, beispielsweise Trainings, seitens der Hersteller vorgegeben, da viele Autohäuser - auch mittlere Gruppen - es nie gelernt haben, für sich selbst diese Themen zu durchdenken. Gefühlt gehen zehn Prozent den richtigen Weg, die anderen sind im Land der Träume und warten, dass jemand ihnen sagt, was sie tun sollen. Meiner Meinung nach muss sich der Unternehmer langsam als unabhängiger ansehen, um zu überleben. Wir erleben, dass die Eigenmarke wichtiger wird, was ich bereits 2012 prophezeit hatte. Eigene Wege suchen: Wie kann ich meine Mitarbeiter besser ausbilden, binden und vor allem neue gewinnen? Unternehmer sind für sich selbst verantwortlich. Grundsätzlich muss ich unabhängig vom Personalthema die Frage als Unternehmer beantworten: Welche Berechtigung habe ich in fünf Jahren am Markt? Was biete ich, was der Hersteller nicht selbst lösen kann? Will ich einen Bereich als Spezialist besetzen und baue mir z. B. ein Lackierzentrum, damit ich unabhängiger werde? Dann kann ich die Frage für mich als Unternehmer gezielt beantworten.
AH: Klingt nach viel Arbeit. Wie komme ich denn als Unternehmer am besten ins Handeln?
D. Multerer: Machen. "Wenn ein Fußballer nicht gegen den Ball tritt, dann schießt er auch kein Tor - selbst wenn er Cristiano Ronaldo heißt", lautet ein Zitat in meinem neuen Buch. Relativ platt, aber nichts machen macht nichts. Es sind fünf Schritte, welche man durchlaufen muss, um ins Handeln zu kommen, diese beschreibe ich im Buch, aber die wichtigste Devise: anfangen. Wenn man nicht weiß wie, mit Menschen sprechen, selbst eine Idee entwickeln, eine Entscheidungsgrundlage aufbereiten - und am Ende entscheiden.
AH: Herr Multerer, danke für die interessanten Einblicke.
Interview: Patrick Neumann
Zur Person:
Dominic Multerer gehört "zu den führenden Marketing- und Vertriebsprofis. Er quatscht nicht, er liefert Beweise", schreibt das "Handelsblatt". Unter anderem begleitet der 26-Jährige branchenübergreifend Unternehmen als Berater, Interimsmanager oder Mitglied der Geschäftsführung bei der Initiierung und Durchführung von Wachstums- oder Sanierungsprozessen.
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