Ausgabe 13/2014: Nicht unverwundbar

Deutschland wird weniger und älter. Man muss kein Zukunftsforscher sein, um die Brisanz des Themas Demografie zu erkennen. Mit knapp 1,4 Geburten pro Frau ist Deutschland eines der unfruchtbarsten Länder Westeuropas und hat mit einem medialen Alter von 45 Jahren mittlerweile die älteste Bevölkerung innerhalb der EU. Das stellt Gesellschaft und Wirtschaft vor spannende Aufgaben. Denn weniger Nachwuchs und eine steigende Lebenserwartung bedeuten mehr Rentner und weniger Erwerbstätige. Auch der Automobilhandel kann sich dieser Entwicklung nicht entziehen. Aber welche Herausforderungen ergeben sich für die Autohäuser daraus konkret? Wer sein Augenmerk auf die folgenden fünf Handlungsfelder richtet und diese strategisch und konsequent bearbeitet, wird sein Geschäft auch in Zukunft demografiefest und erfolgreich betreiben können. 1. Gesundheitsmanagement Schon in wenigen Jahren stellen die 50- bis 65-Jährigen in den meisten Betrieben die stärkste Altersgruppe. Zugleich steigen nicht nur die körperlichen Anforderungen an die Mitarbeiter. Auch psychische Belastungen spielen eine immer wichtigere Rolle. Über die Hälfte der Deutschen sagt, dass das Leben stressiger geworden sei. Besonders betroffen sind die Leistungsträger zwischen 30 und 50, die von Kind, Karriere und den eigenen - hilfsbedürftigen - Eltern beansprucht werden. Bei aller Eigenverantwortung der Mitarbeiter sollten Arbeitgeber alle erdenklichen gesundheitsfördernden Maßnahmen ins Leben rufen, um die Gesundheit der Arbeitnehmer für viele Jahre zu erhalten. So ist ein funktionierendes betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) unumgänglich. In der Praxis erzielen Autohäuser gute Erfolge, wenn sie maßgeschneiderte Konzepte wie flexible Arbeitszeiten, ergonomische Arbeitsplätze, Stressbewältigung oder Zeitmanagement einsetzen. Und Gesundheits-Checks, Jogging-Treffs, Ernährungsberatungen oder Kurse zur Raucherentwöhnung steigern Ihre Arbeitgeberattraktivität für Bewerber ebenso wie für Ihr bestehendes Team. Investitionen in diesem Bereich erscheinen vor dem Hintergrund der geringen Margen im Automobilgeschäft vielleicht luxuriös. Das Gesundheitsmanagement zahlt sich aber immer aus. Mit gesunden Mitarbeitern reduzieren Sie die Fehlzeitenquote. Rechnet man zirka 400 Euro pro Fehltag, sparen kleine Verbesserungen um wenige Prozentpunkte schon enorme Summen ein. 2. Gute Führung Die Anforderungen an die heutige Führungskraft sind enorm. Ein Werkstattmeister aus unserer Beratungspraxis führt Mitarbeiter zwischen 16 und 64 Jahren und muss dafür sorgen, dass diese unterschiedlichen Menschen an einem Strang ziehen. Er soll transparent und wertschätzend führen, den Mitarbeitern Rückhalt bieten und mit Lob und Anerkennung sowie konstruktiver und fairer Kritik umgehen. Ordentliche Ergebnisse sind natürlich ebenfalls Pflicht. All das kann sich niemand selbst beibringen - Führungskompetenz ist immer ein erlernbarer Prozess und selten in die Wiege gelegt. Aber kein Unternehmen kann sich heute noch Führungskräfte leisten, die Fluktuation verursachen, die Talente übersehen und ziehen lassen. Die Mitarbeiter sind als Spezialisten viel zu wertvoll, ihr Weggang also viel zu teuer. Deshalb sind auch Autohäuser gut beraten, in ihre Führungskräfte zu investieren. Hierfür haben sich praxisnahe Assessment-Systeme bewährt. Sie zeigen Stärken und Schwächen in den relevanten Kompetenzbereichen auf, analysieren Verhaltensmuster und benennen Entwicklungspotenziale. Darauf aufbauend sichert ein zielgerichtetes Coaching "on the job" im Tagesgeschäft die professionelle Entwicklung. 3. Arbeitgeberattraktivität Der Arbeitsmarkt hat sich definitiv gewandelt. Wann haben Sie das letzte Mal auf eine Stellenanzeige viele richtig gute Bewerbungen erhalten? Wann die letzte vielversprechende Initiativbewerbung bekommen? Die qualifizierten Arbeitnehmer von heute sind anspruchsvoller und selbstbewusster geworden. Heute suchen sie sich aus, in welchem Team sie spielen wollen. Dabei ist nicht unbedingt die Herstellermarke entscheidend. Vielmehr zeigt die Praxis, dass es hilft, das Autohaus als attraktive Marke in der Region zu etablieren. Der frühzeitige Kontakt zu Schulen, Hochschulen und Schulungszentren und die dortige Präsentation des eigenen Unternehmens unterstützen dies und können frühzeitig zu Bindungen führen. Praktikumsangebote und die Präsenz an regionalen Azubi-Tagen sind weitere Empfehlungen. Oft lohnt sich auch der Blick nach innen: Häufig schlummern Potenziale bei Mitarbeitern in den eigenen Reihen, die sich gerne entwickeln möchten. Gewinnen Sie zusätzlich die eigenen Mitarbeiter als Multiplikatoren für positive Mundpropaganda: Bewerber schauen heute weniger auf hochgestylte Formulierungen in Stellenanzeigen oder Imageprospekten, sondern fragen die, die schon im Unternehmen arbeiten - und informieren sich auch in sozialen Netzen und Online-Portalen, was zukünftige Kollegen über den potenziellen Arbeitgeber posten. Die Erfahrungsberichte zum eigenen Unternehmen im Auge zu behalten, lohnt sich in jedem Fall. 4. Vermeidung des Wissensverlusts Durch Fachkräftemangel und steigendes Durchschnittsalter der Mitarbeiter droht den meisten Autohäusern innerhalb weniger Jahre ein enormer Wissensverlust. Daher gilt es, das Wissen der einzelnen Mitarbeiter für das Unternehmen zu sichern und frühzeitig Strategien zu entwickeln, das vorhandene Know-how und damit die Wettbewerbsfähigkeit des Autohauses auch nach dem Ausscheiden dieser Mitarbeiter zu erhalten. Das gelingt zum Beispiel mit Wissenslandkarten oder internen Yellow-Pages, die neben dem Fachwissen der einzelnen Mitarbeiter auch erfassen, wo kurz- oder mittelfristig Wissenslücken entstehen könnten. Anschließend erfolgt die Auswahl geeigneter Methoden zur Übertragung dieses Wissens, zum Beispiel durch Best-Practice-Zirkel oder Tandembildungen. Die Partner sollen so vom Wissen des jeweils anderen profitieren - zum Beispiel der gerade Ausgelernte vom Erfahrungswissen langjähriger Mitarbeiter und der langjährige Mitarbeiter vom frischen Ausbildungswissen des jungen Mitarbeiters. So werden explizites wie implizites Wissen transferiert. All das ist im Service genauso wichtig wie im Verkauf. Denn verlässt ein Verkäufer das Autohaus, gehen mit der Person auch deren persönliche Erfahrungen, das Know-how, soziale Kompetenzen sowie deren informelle Netzwerke. Gerade Kundenbeziehungen sollten deshalb frühzeitig an einen Nachfolger transferiert werden, unter anderem durch die lückenlose Dokumentation der Kundenkontakte. Kurzfassung 1. Der Fachkräftemangel wird über kurz oder lang auch den Automobilhandel treffen.2. Mit verschiedenen Maßnahmen lässt sich den daraus resultierenden Herausforderungen entgegenwirken.3. Dazu zählen neben dem obligatorischen Aufbau einer Arbeitgebermarke auch klassische Personalmanagement-Instrumente wie das Gesundheitsmanagement oder die Altersstrukturanalyse sowie professionelle Führung.

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