Herr Rump, was war der Auslöser für die Nachhaltigkeitsoffensive bei Motor-Nützel?
Rump: Wir haben in der Geschäftsführung den bisherigen Kurs der letzten Jahrzehnte konsequent fortgesetzt und in unsere Unternehmensstrategie MN202x definierte Nachhaltigkeitsziele aufgenommen. Dabei treibt uns nicht nur die Verantwortung für Mensch und Umwelt an, sondern auch wirtschaftliche Aspekte wie steigende Energiekosten und zunehmende Risiken in der Energieversorgung, wie wir sie in den letzten Jahren beobachten konnten.
Wie gelingt es Ihnen, die Beschäftigten aller Hierarchiestufen und Bereiche auf Nachhaltigkeit zu trimmen?
Rump: Ein Schlüsselelement liegt sicherlich im kontinuierlichen Einbezug der Mitarbeiter. Dies erfolgt unter anderem über unser Intranet und durch ausführliche Berichte in unserem Mitarbeitermagazin „Bewegungsmelder“. Zudem bringen sich die Mitarbeiter aktiv in unsere Nachhaltigkeitsbemühungen ein, indem sie beispielsweise Vorschläge für die Einsparung von Ressourcen bei unserem Beteiligungsformat "Team Zukunft" oder im betrieblichen Vorschlagswesen abgeben. Bei uns hat Nachhaltigkeit neben der ökologischen auch eine soziale Dimension. Inhouse verstehen wir darunter sichere Arbeitsplätze, attraktive Löhne und Gehälter sowie ein offenes Arbeitsklima, bei dem sich alle einbringen und entwickeln können. Das wird von unseren Beschäftigten positiv aufgenommen und verstärkt.
ESG-Berichtspflicht: Aufgrund Ihrer Unternehmensgröße müssen Sie im Jahr 2026 erstmals über Ihr Nachhaltigkeitsaktivitäten berichten. Wie sehen Sie sich vorbereitet?
Rump: Vor dem Hintergrund der ständig steigenden, überbordenden Bürokratielasten auf Unternehmen in Deutschland würden wir es vorziehen, unsere Ressourcen mehr auf die tatsächliche Realisierung von Nachhaltigkeitsprojekten zu konzentrieren, als nur darüber zu berichten. Selbstverständlich haben wir uns auch dieser Herausforderung gestellt und sind hier auf einem guten Weg. Für unsere Branche wäre es wünschenswert, wenn unsere Verbände hier eine noch aktivere Rolle zur Unterstützung einnehmen könnten.
Wie setzen Sie die Berichterstellung organisatorisch um?
Rump: Zur Bewältigung dieser Aufgabe haben wir ein interdisziplinäres Projektteam geschaffen, was unter der Leitung des Finanzressorts alle relevanten Aufgabenstellungen Schritt für Schritt abarbeitet. Hilfreich waren dabei auch externe Informationsquellen wie Webinare oder Schulungen. Zudem koordinieren wir unsere Bemühungen eng mit unseren Wirtschaftsprüfern.
"Bei uns hat Nachhaltigkeit auch eine soziale Dimension. Wir verstehen darunter sichere Arbeitsplätze, attraktive Löhne und Gehälter sowie ein offenes Arbeitsklima."
Steffen Rump, Mitglied der Geschäftsführung bei Motor-Nützel
Das Autohausgeschäft ist sehr energieintensiv. Wie sieht Ihre Strategie im Bereich der Energiegewinnung aus?
Rump: Im Vergleich zu Industrien wie Chemie, Stahlerzeugung oder Baustoffherstellung ist unsere Branche noch relativ „energie-bescheiden“. Daher ist es für uns etwas leichter, die Transformation in eine CO2-neutrale Zukunft zu meistern. Derzeit investiert Motor-Nützel ca. fünf Millionen Euro in nachhaltige bauliche Projekte. Mit über zwei Millionen Euro fließt die höchste Einzelsumme in ein mit Hackschnitzeln betriebenes Biomasseheizkraftwerk in Bayreuth, das Wärme für den kompletten Standort am Pfaffenfleck in Bayreuth liefert. Die Inbetriebnahme beginnt mit den ersten Tests im Oktober 2024. Der Fokus dieses innovativen Projekts liegt auf Nachhaltigkeit sowie regionaler Erzeugung und Wertschöpfung, denn die Anlage nutzt ausschließlich Hackschnitzel aus der Region und trägt so zur Reduzierung der CO₂-Emissionen bei.
Und was machen Sie hinsichtlich Energieverbrauch – gerade bei älteren Gebäuden?
Rump: Dort, wo wir nicht im KfW-55-Standard bauen können, achten wir auf eine gute Wärmedämmung und sanieren die Dächer. Das betrifft zum Beispiel das Nutzfahrzeug Zentrum Bayreuth, unsere Standorte in Pegnitz und Erbendorf sowie den VW-Betrieb in Mitterteich. Weiterhin haben wir in den letzten drei Jahren unser Lichtkonzept vollständig auf energiesparende LED-Beleuchtung umgestellt. Diese Systeme werden um eine intelligente Beleuchtungssteuerung ergänzt.
Wollen Sie als grünes Autohaus wahrgenommen werden bzw. wäre dies überhaupt eine erstrebenswerte Positionierung?
Rump: Wir glauben nicht an kurzfristig wirkende Labels wie "grünes Autohaus". Für uns sind wirtschaftlicher Erfolg und unternehmerische Verantwortung zwei Seiten derselben Medaille. Unsere Glaubwürdigkeit ist hierbei für uns entscheidend. Deshalb legen wir großen Wert darauf, dass unsere Nachhaltigkeitsbemühungen authentisch sind und nicht als "Greenwashing" wahrgenommen werden.
"Unsere Glaubwürdigkeit ist entscheidend. Deshalb legen wir großen Wert darauf, dass unsere Nachhaltigkeitsbemühungen authentisch sind und nicht als Greenwashing wahrgenommen werden."
Steffen Rump, Mitglied der Geschäftsführung bei Motor-Nützel
Wie sehen die Rückmeldungen aus dem Kundenkreis aus?
Rump: Die Rückmeldungen aus unserem Kundenkreis sind durchweg positiv. Besonders hervorgehoben wird dabei der lokale Bezug, sprich die Realisierung unserer Projekte mit der Hilfe von Partnerfirmen aus unserer Region.
Hat das Thema Nachhaltigkeit hinsichtlich Employer-Branding Relevanz?
Rump: Auf jeden Fall. So kommunizieren wir unser Handeln auch auf unserer Karriereseite. Besondere Bedeutung kommt hier der sozialen Nachhaltigkeit zu. Wir achten auf eine ausgewogene Work-Life-Balance, attraktive Bezahlung, bieten Vertrauensarbeitszeit und flexible Teilzeitmodelle. Außerdem ist uns die persönliche und fachliche Förderung unserer Mitarbeiter ein großes Anliegen. Mit der Motor-Nützel Akademie haben wir uns das Ziel gesetzt, optimale Bedingungen für zusätzliche Qualifikationen und die persönliche Entfaltung zu schaffen.
Welches sind Ihre nächsten großen Projekte rund um die Nachhaltigkeit?
Rump: Voraussichtlich im nächsten Jahr werden wir den Aufbau unserer PV-Landschaft abgeschlossen haben, so dass Motor-Nützel netto deutlich mehr Strom produziert, als wir selbst verbrauchen. Hier begegnen wir dem gleichen Dilemma der Energiewende im Kleinen wie Deutschland im Großen: Die Sonne scheint nicht immer dann, wenn wir den Strom benötigen. Darum möchten wir prüfen, welche Möglichkeiten der Strom-Speicherung bzw. Umwandlung sich mit vertretbarem Aufwand realisieren lassen, beispielsweise über den Weg der Wasserstoff-Elektrolyse. Im Bereich der sozialen Verantwortung werden wir unsere Attraktivität als Arbeitgeber weiter ausbauen. Ziel ist es, mittels noch professionellerer Personalarbeit jedem Mitarbeiter einen Karrierepfad „vom Azubi bis zum Geschäftsführer“ anzubieten, und dabei insbesondere die Besetzung von Führungspositionen mit Frauen zu fördern.
Vielen Dank für das Gespräch!
"Ein Schlüsselelement dafür, alle Hierarchiestufen und Bereiche für Nachhaltigkeit zu sensibilisieren, liegt sicherlich im kontinuierlichen Einbezug unserer Mitarbeiter."
Steffen Rump, Mitglied der Geschäftsführung bei Motor-Nützel
Bei Motor-Nützel ist nachhaltiges Handeln schon in der Gesellschafterstruktur verortet: Um die Zukunft des Familienbetriebes ohne eigene Nachkommen zu sichern, wurde von Emma Nützel 1981 die Hans und Emma Nützel Altenstiftung gegründet. Die Philosophie der Stiftung unterstreicht langfristig und nachhaltig orientierte Entscheidungen bei allen Investitionen und Unternehmensentscheidungen, wobei Ökologie und Ökonomie stets in Kombination zur erfolgreichen Zukunftsgestaltung betrachtet wird. Diesen Aspekt der Unternehmens-DNA führt Motor-Nützel als Teil des Firmen-Leitbilds.