Europas größte Autohändler haben ihre Marktposition im Ausnahmejahr 2022 ausgebaut. Wie die Forscher vom International Car Distribution Programme (ICDP) am Dienstag mitteilten, steigerten die Top-50-Gruppen ihren Neuwagenverkauf um 3,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. In einem von einem starken Fahrzeugmangel geprägten, rückläufigen Markt (minus 5,9 Prozent) stieg ihr Anteil um 1,4 Prozentpunkte auf 15,2 Prozent.
"Diese Entwicklung spiegelt die anhaltende Konsolidierung im europäischen Automobilhandel wider", erklärten die IDCP-Experten Steve Young und Peter Bailey. Ihre Vorhersage, dass die Handelsriesen bis 2025 einen Anteil von 15 Prozent erreichen würden, sei um drei Jahre früher eingetroffen. Gleichzeitig bekräftigten sie ihre Prognose, dass die Unternehmen bis 2030 einen Marktanteil von 20 Prozent erreichen werden.
- Die 100 größten Automobilhändlergruppen: Mehr Rendite und weniger Personalprobleme
- Emil Frey Deutschland: Neuer Toyota-Standort in Freiburg
- Van Mossel Automotive Group: Weitere Übernahmen gesucht
Den Angaben zufolge gehören alle im 2022er-Ranking gelisteten Autohändler dem Club der Milliardäre an. Den durchschnittlichen Umsatz der Branchengrößen gibt IDCP mit 2,853 Milliarden Euro an. Das entspreche einem Anstieg von 10,3 Prozent gegenüber dem Jahr davor, so die Marktbeobachter.
Weitere Ergebnisse der Untersuchung: Die durchschnittliche Anzahl der Verkaufsstellen stieg von 126 im Jahr 2021 auf 141. Bei der Anzahl der vertretenen Marken gab es ein leichtes Plus von 16 auf 18. Dies sei unter anderem auf den Markteintritt neuer Automarken aus China zu tun. Diese seien 2022 bereits bei fast jedem dritten Top-50-Händler vertreten. Ein weiterer Faktor sei das Bestreben des Stellantis-Konzerns, alle seine Marken in einzelnen Investoren zu konzentrieren.
Drei Neueinsteiger – viel Bewegung in der Rangliste
Neu in dem Händlerranking 2022 sind Avemo aus Deutschland sowie die französischen Anbieter BPM und LS Group. Sie ersetzen jeweils einen Konkurrenten aus China, Finnland und den Niederlanden. Laut IDCP können nur acht Gruppen ihre Position aus dem Vorjahr halten, weitere 31 Unternehmen bewegen sich um maximal fünf Plätze nach oben oder unten.
Zu den großen Aufsteigern zählen Hedin, Veho, Eden Auto, RCM und Stoneacre. Dagegen fallen die Autohäuser Car Avenue, Pappas und Merbag deutlich zurück. Dies liegt nach Einschätzung der Experten hauptsächlich am Verkauf einiger Standorte, für die es erst seit diesem Jahr Ersatz gibt. "Wir erwarten daher, dass alle drei in der Rangliste 2023 wieder aufsteigen werden", so Young und Bailey.
Die 20 größten Autohändler Europas 2022 (nach Umsatz)
BildergalerieDie Forscher unterstrichen, dass die Verbindung Import/Einzelhandel noch immer eine bedeutende Rolle in der Branche spiele. Ein Viertel der Megadealer würde dieses Geschäftsmodell verfolgen. Die Emil Frey Gruppe hält demnach ihre langjährige Pole-Position in dieser Kategorie, weitere Beispiele sind Pon (8. Platz), AMAG (9.), Moeller (13.), D'Ieteren (14.) und Semler (19.), alle mit Schwerpunkt auf die VW-Konzernmarken.
Auch interessant:
- Übernahmen im Autohandel, Teil 1: Der Aussteiger - Wie verkauft man sein Autohaus?
- Übernahmen im Autohandel - Teil 2: Der Endspieler: Wie kauft man ein Autohaus richtig?
- Übernahmen im Autohandel, Teil 3 - Der Stratege: Wie gelingen Zusammenschlüsse?
Die Gruppen Hedin (5.), Inchcape (6.), Louwman (16.), Bertel O Steen (22.), Caetano (27.) und Veho (29.) setzen ebenfalls auf das kombinierte Import/Retail-Modell, haben aber einen anderen Hersteller-Fokus. "Mit der Verbreitung neuer chinesischer Marken haben sich traditionell reine Händlergruppen dem 'Importeur-Club' angeschlossen", erklärten Young und Baily unter Verweis auf Hedin (BYD) und Van Mossel (MG).
Mehr grenzüberschreitende Deals
IDCP konstatiert außerdem eine weitere Konsolidierung der Top-50-Betriebe infolge "fieberhafter M&A-Aktivitäten". Es habe eine deutliche Zunahme grenzüberschreitender Transaktionen sowie Zu- und Verkäufe, die von Autoherstellern getätigt oder gefördert werden, gegeben. Insgesamt zählten die Experten unter den insgesamt 825 Verkaufsstellen, die 2022 den Eigentümer wechselten, 161 internationale Deals. Dieser Trend gewinnt an Tempo: Von den in diesem Jahr bislang 1.312 veräußerten Standorten waren 522 mit grenzüberschreitender Beteiligung. Das Verhältnis werde jedoch durch derzeit laufende Inbound-Investitionen in Großbritannien verzerrt, hieß es.
Emil